Markenlexikon
Der Mechaniker Carl Zeiss (1816 – 1888) eröffnete 1846 in Jena eine Werkstatt zur Herstellung von optischen und feinmechanischen Instrumenten für die naturwissenschaftliche Abteilung der Universität Jena. 1875 wurde der Physiker Ernst Karl Abbe (1840 – 1905), mit dem Zeiss bereits seit 1866 zusammen arbeitete, Teilhaber. Abbe war es auch gelungen, eine Theorie der Mikroskopoptik aufzustellen, was die Firma in die Lage versetzte, als einzige auf der Welt Mikroskope mit bestimmten Eigenschaften serienmäßig zu produzieren.
Um auch Spezialglas für Linsen herstellen zu können, gründeten Abbe, Zeiss und sein Sohn Roderich (1850 – 1919) gemeinsam mit dem Chemiker Friedrich Otto Schott (1851 – 1935) 1884 das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen (ab 1920 Jenaer Glaswerk Schott & Gen.), in dem bald darauf das chemisch resistente, hitze- und temperaturwechselbeständige Borosilicat-Glas entwickelt wurde.
Neben optischen Geräten für wissenschaftliche und medizinische Zwecke fertigte Zeiss auch Brillengläser und Schott machte sich einen Namen mit hitzebeständigem Haushaltsglas, das unter dem Markennamen Jenaer Glas vermarktet wurde.
1889, ein Jahr nach Carl Zeiss' Tod, rief Abbe zur finanziellen Absicherung der beiden Unternehmen die Carl-Zeiss-Stiftung ins Leben, die 1891 Eigentümerin von Zeiss und 1919 auch von Schott wurde.
1926 schlossen sich die Ica AG (Dresden; ICA = Internationale Camera AG), die Contessa-Nettel AG (Stuttgart), die Heinrich Ernemann AG (Dresden) und die Optische Anstalt C.P. Goerz AG (Berlin) unter Führung der Carl-Zeiss-Stiftung zur Zeiss-Ikon AG zusammen. Kurz darauf kamen noch die AG Hahn für Optik und Mechanik Kassel (1927) und die Goerz Phototechnische Werke GmbH Berlin (1928) dazu. Das Unternehmen wurde nach dem griechischen Wort für »Bild/Abbild« (Eikon) benannt, was die optische Ausrichtung der Produktion ausdrücken sollte: Fotoapparate, Kinoprojektoren (Ernemann) und wissenschaftliche Instrumente (Entfernungsmesser, Luftbildkameras, Mikrofilmgeräte, Sensitometer, Zeitlupenkameras). Andererseits wurden auch feinmechanische Produkte wie Sicherheitsschlösser und ab 1950 Buchungsautomaten (Zeiss-Ikon Büromaschinen GmbH Braunschweig) hergestellt.
Als Konkurrenzmodell zur Leica von Leitz Wetzlar brachte Zeiss-Ikon 1932 die Kleinbild-Messsucherkamera Contax auf den Markt. 1934 folgte die zweiäugige Spiegelreflexkamera Ikoflex und die Kleinbild-Klappkamera Super Nettel, 1935 die zweiäugige Kleinbild-Spiegelreflexkamera Contaflex mit eingebautem Belichtungsmesser und 1936 die verbesserten Modelle Contax II/Contax III.
Nach der Verstaatlichung der Werke in Dresden (1946) und Jena (1948) zogen Zeiss-Ikon nach Stuttgart, Zeiss nach Oberkochen/Württemberg und Schott nach Mainz um. Zeiss Oberkochen firmierte zunächst als Opton Optische Werke Oberkochen (ab 1947 als Zeiss Opton Optische Werke Oberkochen; ab 1953 Carl Zeiss), die Jenaer Werke als VEB Carl Zeiss Jena und VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen. (ab 1980 VEB Jenaer Glaswerk). 1949 wurde Heidenheim neuer Sitz der Carl-Zeiss-Stiftung.
Carl Zeiss Jena produzierte u.a. Planetarien, Messgeräte, Elektronen-Mikroskope, Kernspur-Mikroskope, 1964 den ersten Laser-Mikro-Spektralanalysator der Welt, in den 1970er Jahren die erste industrielle Elektronenstrahl-Lithographie-Anlage, optische Militärgeräte (Nachtsichtgeräte, Zielsuchköpfe für Raketen, Zielentfernungsmesser und Feuerleitanlagen für Panzer), Computer (u.a. 1955 den ersten in der DDR gebaute Computer OPREMA) und die Multispektralkamera MKF 6 zur Erdfernerkundung aus dem Weltraum.
Die Zeiss-Ikon-Werke Dresden, die 1948 die einäugige Kleinbild-Spiegelreflexkamera Contax S mit fest eingebautem Pentaprismensucher auf den Markt gebracht hatten, schlossen sich 1959 mit anderen Dresdener Kamera-Herstellern (Aspecta, Altissa, Kamera-Werke Dresden/Praktica, Kinowerke Dresden, Welta Freital/Dresden) zum VEB Kamera- und Kinowerke Dresden zusammen. Die Contax F, die es seit 1956 gab, wurde daraufhin auch im Osten als Pentacon F verkauft. Der Name Pentacon (»PENTAprism« und »CONtax«) war bereits seit 1953 für Exportmodelle der Contax D verwendet worden, da Zeiss-Ikon Stuttgart die Contax-Namensrechte für sich beanspruchte. 1964 benannte sich das Unternehmen in VEB Pentacon Dresden um. Zeiss-Ikon Stuttgart brachte 1950 eine neukonstruierte Contax IIa auf den Markt, die 1951 noch durch die Contax IIIa ergänzt wurde.
1962 stellte Zeiss-Ikon Stuttgart die Produktion der Messsucherkameras zugunsten der Kleinbild-Spiegelreflexkameras ein. Die SLR-Kameras kamen unter den Marken Zeiss-Ikon Contaflex (1954 – 1970), Zeiss-Ikon Contarex (1959 – 1971) und Zeiss-Ikon Icarex (1966 – 1971) in den Handel. Zu dieser Zeit begann auch der Aufstieg der japanischen Optikindustrie, deren Kameras nicht nur preiswerter waren, sondern auch leichter, haltbarer, zuverlässiger, wartungsärmer und weniger kompliziert. Die Zeiss-Ikon- und Voigtländer-Kameras (Zeiss hatte Voigtländer 1956 gekauft) ließen sich dagegen ab Mitte der 1960er Jahre immer schlechter verkaufen, vor allem das teure und schwere Flaggschiff Contarex, das aufgrund seiner hohen Entwicklungs- und Produktionskosten und des geringen Absatzes ein wirtschaftlicher Misserfolg wurde. Dennoch genoss der »Mercedes« unter den Kameras international einen guten Ruf. Im Juni 1965 nutzte der Astronaut Edward White bei einem Außeneinsatz während des Gemini-4-Raumflugs eine modifizierte Contarex.
1971 einigten sich beide Firmen über die Benutzung des Markennamens Zeiss: Zeiss Oberkochen durfte den Namen in Belgien, Griechenland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, den USA und Westdeutschland verwenden (dort trat Zeiss Jena unter den Namen Jenoptik, »aus Jena« und Jenoptik Jena auf) und Zeiss Jena in den sozialistischen Staaten inkl. China (Zeiss Oberkochen benutzte dort den Namen Opton). In den Commonwealth-Ländern (u.a. Australien, Großbritannien, Kanada) sowie Japan und Südamerika konnten beide Unternehmen den Namen Zeiss verwenden.
1972 brachte Schott die Ceran-Kochfelder auf den Markt. Sie bestehen aus einer Mischung von Glas (30 Prozent) und Keramik (70 Prozent). Da sich das Glas beim Erwärmen ausdehnt und die Keramik zusammenzieht, sind die Ceran-Felder gegen starke Temperaturschwankungen resistent. Außerdem leiten sie die Wärme aufgrund ihrer ebenen Oberfläche zu fast 100 Prozent an den Topf weiter.
Als sich Zeiss-Ikon Anfang der 1970er dazu entschloss, die Kamerafertigung aufzugeben, suchte man nach einem Kooperationspartner für diesen Bereich, denn Zeiss fertigte weiterhin Objektive, für die man Absatzkanäle benötigte. Nachdem eine Zusammenarbeit mit Pentax nicht zustande gekommen war, fand man 1972 in Yashica einen geeigneten Partner. Die Contax-Namensrechte blieben jedoch bei Zeiss. Das Zeiss-Ikon-Werk in Stuttgart wurde geschlossen, der Firmensitz von Zeiss-Ikon nach Berlin verlegt. Das Unternehmen beschäftigte sich nun vor allem mit Schließtechnik. Yashica stellte fortan die Contax-Kameras her, Zeiss lieferte die Objektive. Unter beiden Markennamen wurden Spiegelreflex-, Messsucher-, Kompakt- und Digitalkameras vermarktet, wobei Contax den höherwertigen Modellen vorbehalten war. Das erste Modell der Zeiss-Yashica-Kooperation war 1974 die von Ferdinand Alexander Porsche designte Kleinbild-Spiegelreflexkamera Contax RTS, die sich an Profifotografen richtete. Für den Amateurbereich gab es die Contax 139 Quartz (ab 1979) und die Contax 137 MD (ab 1980).
Die Zeiss-Ikon AG (Schließtechnik), die 1969 das Zett-Geräte-Werk Braunschweig (Diaprojektoren), 1976 Anschütz & Co. Kiel (nautische Steuerungsgeräte) und 1990 BAB Schließtechnik Potsdam übernommen hatte, ging 1989 in den Besitz der finnischen Sicherheitstechnikfirma Abloy (seit 1994 Assa-Abloy) über, die das Unternehmen in Ikon AG (ab 2003 Ikon GmbH Präzisionstechnik, seit 2005 Assa-Abloy Sicherheitstechnik GmbH) umbenannte.
1990/1991 wurde das VEB Kombinat Carl Zeiss Jena privatisiert und in die drei Unternehmen Carl Zeiss Jena GmbH (Eigentümer: Zeiss Oberkochen, Jenoptik), Jenoptik GmbH (Eigentümer: Land Thüringen) und Jenaer Glaswerke GmbH (Eigentümer: Treuhandanstalt) aufgeteilt. 1991 entstand eine gemeinsamen Stiftung in Jena und Heidenheim. 1995 übertrug die Jenoptik GmbH ihren 49-prozentigen Anteil an der Carl Zeiss Jena GmbH an Carl Zeiss Oberkochen und die Jenaer Glaswerke kamen unter das Dach von Schott Mainz; ab 1998 firmiert die Jenaer Firma als Schott Jenaer Glas GmbH.
1996 wurde die Jenoptik GmbH (Automatisierungs-, Medizin-, Mikrofertigungs- und Sondertechnik) in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 1998 an der Börse platziert. 2007 verkaufte der Freistaat Thüringen seine noch verbliebenen Jenoptik-Aktien (14,8 Prozent) an die ECE Industriebeteiligungen GmbH, die der Privatstiftung des damaligen Jenoptik-Aufsichtsratsvorsitzenden Rudolf Humer gehörte. 2015 veräußerte ECE seine Jenoptik-Beteiligung an institutionelle Investoren.
2005 stellte Schott die Produktion von Jenaer Glas in Jena ein; Jenaer Glas wird nun von der Zwiesel Kristallglas AG aus Zwiesel/Bayern in Lizenz hergestellt.
2003/2004 wandelte die Carl-Zeiss-Stiftung ihre beiden Stiftungsunternehmen Carl Zeiss und Schott Glas in Aktiengesellschaften um (Carl Zeiss AG, Schott AG); alleinige Aktionärin ist jedoch weiterhin die Stiftung.
2005 gab der japanische Kyocera-Konzern, der Yashica 1983 übernommen hatte, das Geschäftsfeld Fototechnik auf und beendete die Produktion von Kameras und Objektiven; der Markenname Yashica wurde anschließend an die JNC Datum Tech International Limited, eine Tochtergesellschaft der MF Jebsen Group aus Hongkong, verkauft. Zur gleichen Zeit begann die Carl Zeiss AG unter dem Namen Zeiss-Ikon wieder klassische Messsucherkameras mit hochwertigen Wechselobjektiven zu entwickeln, die jedoch bei Cosina in Japan hergestellt wurden. 2012 beendeten Zeiss und Cosina die Entwicklung und Produktion der Zeiss-Ikon-Kameras. Auf der Photokina in Köln präsentierte Zeiss im September 2018 die spiegellose Vollformatkamera Zeiss ZX1, mit der das Unternehmen wieder in den Kameramarkt zurückkehren will.
Zeiss ist heute in den Bereichen Augenoptik (Brillengläser), Entwicklungs-/Produktionsservices, Fotografie/Cinematografie (Objektive, Kameras), Halbleitertechnik, Industrielle Messtechnik/Spektroskopie, Jagd/Naturbeobachtung (Ferngläser, Zielfernrohre, Wärmebildkameras, Spektive), Medizintechnik (Visualisierungssysteme), Mikroskopie und Simulationslösungen/Planetarien tätig. Die Hauptstandorte befinden sich in Oberkochen (Zentrale) und Jena, weitere Standorte gibt es in Aalen, Berlin, Dresden, Görlitz, Göttingen, Leipzig, München, Ulm und Wetzlar.
Schott ist in den Bereichen Advanced Optics (Optisches Glas und Glaskeramik, Teleskopspiegelträger), Electronic Packaging (hermetische Gehäuse für die Elektronikindustrie), Flachglas (für die Hausgeräteindustrie, Glastüren- und Rahmensysteme), Home Tech (Ceran-Kochfelder), Lighting and Imaging (Glasfaserkomponenten für die Licht- und Bildübertragung), Pharmaceutical Systems (Glas-Verpackungen für die pharmazeutische Industrie) und Tubing (Glasrohre, Glasstäbe, Glasprofile) tätig. Die wichtigsten Standorte befinden sich in Grünenplan, Jena, Landshut, Mainz (Zentrale), Mitterteich und Müllheim.