Markenlexikon

West

Ursprungsland: Deutschland

Der ostfriesische Tee- und Tabakhändler Johann Bernhard Reemtsma (1857 – 1925) erwarb 1910 eine kleine Zigarettenfabrik in Erfurt, die seine Söhne 1923 nach Altona-Bahrenfeld verlegten, um näher an den zollfreien Tabakspeichern des Hamburger Freihafens zu sein. Mit Zigarettenmarken wie R6 (1921), Gelbe Sorte (1921), Erste Sorte (1924), Ova (1924), Senoussi (1924) und Ernte 23 (1925) stieg Reemtsma bald zum deutschen Marktführer auf, was auch daran lag, das diese Zigarettenmarken erstmals mit Anzeigen und Plakaten beworben wurden.

Reemtsma erwarb ab den 1920er Jahren auch zahlreiche kleinere Tabakhersteller (Batschari, Constantin, Delta, Garbáty, Greiling, Jasmatzi, Josetti, Lande, Manoli, Massary, Neuerburg, Roth-Händle, Sarasvati, Sulima, Waldorf-Astoria, Yenidze) und deren Marken (Astor, Atikah, Eckstein, Güldenring, Juno, Kurmark, Overstolz, Reval, Roth-Händle, Salem, Zuban). Die erfolgreichsten Reemtsma-Marken der Nachkriegszeit waren Astor, Atika, Eckstein Nr. 5, Ernte 23, Juno, Salem Nr. 6, R6, Reval und Roth-Händle – später kamen noch R1 (1984) sowie die in Lizenz hergestellten Marken Davidoff (1985) und John Player King Size (1986) hinzu.

Anfang der 1980er Jahren ließen deutsche Raucher die alten einheimischen Marken immer öfter links liegen und griffen zu amerikanischen Zigaretten wie Camel, Kent, Marlboro, Pall Mall, Winston oder aber zu Marken, von denen sie annahmen, dass sie aus Amerika kamen, wie etwa Peter Stuyvesant, die weltweit von lokalen Tabakfirmen in Lizenz hergestellt wurde. Im deutschsprachigen Raum hatte Reemtsma 1959 die Lizenz erworben und extra ein neues Produktionswerk in Berlin-Wilmersdorf errichtet.

Reemtsma reagierten auf diesen Trend 1980/1981 mit der Etablierung der neuen Marke West (Slogan: »Let's go West!«; ab 1986 »Test the West!«), der man ihren deutschen Ursprung nicht gleich auf den ersten Blick ansah. Deswegen stand auf der Schachtel auch der Firmenname West Park Tobacco, Richmond/Virginia – wobei es sich dabei um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Reemtsma handelte. Denn den meisten Rauchern kam es damals weniger auf die American-Blend-Mischung an, sondern mehr auf einen amerikanisch klingenden Namen.

Ab Mitte der 1980er Jahre entwickelte sich West zu einer der erfolgreichsten Zigaretten in Deutschland, was einerseits an Werbe- und Promotionaktionen wie »West Test« und »Test the West« lag, andererseits an dem geringeren Preis gegenüber anderen Markenzigaretten. Ab Ende der 1980er Jahre wurde West in weiteren europäischen Ländern verkauft. In den 1990er Jahren konnte sich die Marke mit ihren originellen Werbekampagnen auch in Ostdeutschland einen stabilen Marktanteil sichern.

Die Reemtsma Cigarettenfabriken und ihr Produktionswerk in Hannover-Langenhagen gehören seit 2002 zum britischen Tabakkonzern Imperial Brands/Imperial Tobacco (Benson & Hedges, Drum, Gauloises, Gitanes, JPS John Player Special, Rizla, Van Nelle). Das Werk in Berlin-Wilmersdorf wurde 2012 geschlossen.

Text: Toralf Czartowski