Markenlexikon

Wabco

Ursprungsland: USA

Obwohl der amerikanische Ingenieur George Westinghouse (1846 – 1914) mit insgesamt 361 Patenten zu den großen amerikanischen Erfindern zählt, ist er nie so berühmt geworden wie etwa Thomas Alva Edison oder Henry Ford. Das lag sicher auch daran, dass seine Entwicklungen weit weniger spektakulär waren, als die Glühbirne und das Volksauto Tin Lizzy. Westinghouse' wichtigste Erfindung war die von 1869 bis 1872 entwickelte Druckluftbremse für Lokomotiven und Waggons, die das Reisen mit der Eisenbahn wesentlich sicherer machte.

Von den über 60 Firmen, die George Westinghouse im Laufe seines Lebens etablierte, sind die 1886 gegründete Westinghouse Electric Company (Pittsburgh/Pennsylvania) und die Westinghouse Air Brake Company (Wabco; Pittsburgh/Pennsylvania), ein 1869 gegründeter Hersteller von Bremssystemen für Eisenbahnen und Lastwagen, die bekanntesten. Ab 1889 befand sich der Hauptsitz und das Produktionswerk von Wabco in Wilmerding/Pennsylvania, einer Kleinstadt in der Nähe von Pittsburgh, die bald fast ausschließlich von Wabco-Angestellten bewohnt wurde. Die Stadt lag direkt an der Strecke der Pennsylvania Railroad.

1953 übernahm Wabco mehrere Werke und den Bereich Erdbaumaschinen von dem kalifornischen Baumaschinenhersteller LeTourneau. Das Unternehmen produzierte u.a. Scraper, Grader, Planierraupen, Frontlader und Schleppfahrzeuge. 1958 brachte Wabco den Muldenkipper Haulpak auf den Markt, einen schweren Off-Highway-Truck für die Verwendung im Tagebau oder auf Großbaustellen. Der Haulpak hatte erstmals ein seitlich versetztes Fahrerhaus und einen nach vorn abfallenden Muldenboden zur Schwerpunktverlagerung. 1984 verkaufte Wabco den Baumaschinenbereich an den US-Konzern Dresser Industries (Technologien, Produkte und Dienstleistungen für die Erschließung von Energie und natürlichen Ressourcen), der diesen Bereich 1988 in das Jointventure Komatsu-Dresser einbrachte (seit 1994 nur noch Komatsu).

1968 wurde Wabco von American Standard Companies, einem Hersteller von Klimasystemen, Sanitärtechnik und Fahrzeugregelsystemen, übernommen. In den 1970er Jahren entwickelten Wabco, Daimler-Benz und Texas Instruments ein Antiblockiersystem (ABS) für Nutzfahrzeuge, das 1981 auf den Markt kam.

1990 verkaufte American Standard die Wabco-Schienenfahrzeugsparte an das Management, das die Railway Products Group wieder in Westinghouse Air Brake Company (Wilmerding/Pennsylvania) umbenannte. 1999 schlossen sich die Westinghouse Air Brake Company, die 1995 an die Börse gegangen war, und der Lokomotivenhersteller Motive Power Industries (vorm. Morrison–Knudsen/MK Rail) zur Wabtec Corporation zusammen. Wabtec produzierte dieselelektrische Lokomotiven, Bremssysteme für Schienenfahrzeuge, elektronische Zugkontrollsysteme und Klimaanlagen. 2018/2919 erwarb Wabtec die Schienenfahrzeugsparte von General Electric (GE Transportation) mit den traditionsreichen Lokomotiven-Werken in Fort Worth/Texas und Erie/Pennsylvania. Daraufhin wurde das Lokomotiven-Werk in Boise/Idaho geschlossen.

American Standard teilte sich 2007 in drei selbstständige Unternehmen auf: Ideal Standard International S.A. (Sanitärprodukte), Trane Inc. (Heiz-, Belüftungs- und Klimaanlagen) und Wabco Holdings Inc. (elektronische Brems- und Fahrzeugregelsysteme, Federungs- und Antriebssysteme für Nutzfahrzeuge). Wabco Holdings ging im August 2007 an die New Yorker Börse. Der globale Hauptsitz war zunächst in Brüssel (Belgien) angesiedelt, wurde aber 2019 nach Bern (Schweiz) verlegt. Die US-Zentrale befindet sich in Rochester Hills/Michigan. In Nordamerika wurden die Wabco-Produkte (elektronische Brems- und Fahrzeugregelsysteme, Federungs- und Antriebssystemen für Nutzfahrzeuge) eine Zeit lang von dem 1990 mit Rockwell Automotive (nun ArvinMeritor) gegründeten Jointventure Meritor-Wabco vertrieben.

2019/2020 wurde Wabco Holdings von der ZF Friedrichshafen AG übernommen, die damit zum drittgrößten Fahrzeugzulieferer der Welt nach Bosch und Continental aufstieg.

Text: Toralf Czartowski