Markenlexikon

Vignale

Ursprungsland: Italien

Alfredo Vignale (1913 – 1969) erlernte das Spengler-Handwerk, was man heute am ehesten mit Klempner übersetzen kann. Ab 1929 arbeitete er in der Turiner Karosseriebaufirma Stabilimenti Industriale Farina, wo auch sein Vater und seine Brüder als Lackierer tätig waren. Diese Firma gehörte Giovanni Carlo Farina (1884 – 1957), dem älteren Bruder von Battista (Pinin) Farina (Pininfarina) und Vater des späteren Formel-1-Weltmeisters Nino Farina. 1946 gründete Vignale mit Hilfe seiner Brüder Giuseppe und Guglielmo eine eigene Karosseriebaufirma in Turin (Carrozzeria Vignale). Die kreativen Köpfe hinter Vignale waren der ehemalige Farina-Mitarbeiter Giovanni Michelotti (1921 – 1980), der die Karosserien auf freiberuflicher Basis entwarf und zeichnete, Rodolfo Bonetto und Virginio Vairo.

Vignale spezialisierte sich auf Einzelanfertigungen von Spezialkarosserien (Coupés, Cabrios, Roadster, Spider), die auf Fahrgestelle von Alfa-Romeo, Ferrari, Fiat, Lancia und Maserati aufgebaut wurden. Meist entstanden von diesen Fahrzeugen nur wenige Exemplare, die heute auf Auktionen enorm hohe Preise erzielen. Daneben produzierte Vignale in seinen Werk in Turin auch Fahrzeuge für andere Hersteller in Kleinserie (u.a. Jensen FF, Jensen Interceptor, Maserati Mexico, De Tomaso Pantera). Auf Basis der Fiat-Modelle 124 und 125 entwarf Virginio Vairo die beiden Coupés Vignale Eveline und Vignale Samantha, außerdem den Vignale Gamine, einen kleinen Retro-Roadster, der auf das Fahrgestell des Fiat 500 aufgebaut war. Alle drei Modelle wurden in den späten 1960er Jahren in größerer Stückzahl gebaut.

Vignale
Vignale

1969 entwarf Vignale für den tschechoslowakischen Auto- und Nutzfahrzeughersteller Tatra seine letzte Karosserie; es war auch gleichzeitig die erste Großserien-Oberklasse-Limousine der Firma. Der Tatra 613 wurde von 1974 bis 1996 mit nur wenigen Modifikationen in Kopřivnice und Pribor in Handarbeit gefertigt, insgesamt rund 11.000 Exemplare.

1969 verkaufte Alfredo Vignale seine Firma an die Carozzeria Ghia, die ebenfalls in Turin ansässig war. Kurz darauf starb er bei einem Autounfall. Ghia befand sich damals im Besitz des US-Fahrzeugzulieferers Rowan Controller und wurde von dem argentinischen Rennfahrer und Unternehmer Alejandro de Tomaso (De Tomaso Automobili) geleitet. Rowan Controller gehörte seiner Frau Elizabeth (Isabelle) Haskell, der Tochter des General-Motors-Gründers Bill Durant.

1970/1972 verkaufte Rowan Controller Ghia/Vignale an den Ford-Konzern, der auch den bei Vignale gebauten Sportwagen De Tomaso Pantera in den USA über sein Lincoln-Mercury-Händlernetz vermarktete. Ghia und Vignale wurden daraufhin zu konzerninternen Designstudios. Von 1973 bis 2010 diente das Label Ghia bei Ford als Zeichen für die oberste Ausstattungsstufe der Ford-Modelle. In den 1980er und 1990er Jahen gab es einige Show- und Concept-Cars, bei denen der Name Vignale kurzzeitig wieder auftauchte (Aston-Martin Lagonda Vignale, Ford Focus Vignale, Lincoln by Vignale). Inzwischen verwendet Ford den Namen Vignale für die höchste Ausstattungsstufe seiner Modelle.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain