Markenlexikon
Enrico Piaggio und sein damals 20-jähriger Sohn Rinaldo (1864 – 1938) errichteten 1882 in Sestri Ponente bei Genua ein Sägewerk. Zwei Jahre später gründete Rinaldo sein eigenes Unternehmen, das zunächst Schiffsausrüstungen für die Werften in Genua produzierte und ab der Jahrhundertwende auch Eisenbahnwaggons. Während des 1. Weltkriegs begann Piaggio mit dem Bau von U-Boot-Abwehrschiffen (1914), Flugzeugteilen (1914) und kompletten Flugzeugen (1916). Für den Flugzeugbau wurden in dieser Zeit drei neue Werke in Finale Ligure, Pisa und Nola in Betrieb genommen. Während der beiden Weltkriege stellte Piaggio vor allem Bomber und Jagdflugzeuge her.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs, als die Rüstungsindustrie abgebaut wurde, musste sich die Brüder Enrico (1905 – 1965) und Armando Piaggio (1901 – 1978) nach neuen Produkten umsehen. 1946 entwickelte der Flugzeugingenieur Corradino d'Ascanio (1891 – 1981) für Piaggio ein neuartiges motorisiertes Zweirad mit Frontschild, Trittbrett und Hinterraddirektantrieb (ohne Kette), das bald unter der Bezeichnung Motorroller bzw. dem Markennamen Vespa (ital. Wespe) bekannt wurde. Das praktische Gefährt, das seinen Fahrer gegen Staub, Schlamm und Splitt schützte, avancierte dank seines niedrigen Preises und seines geringen Benzinverbrauchs (zwei Liter auf 100 Kilometer) schnell zu einem internationalen Verkaufsschlager. 1948 kam auch eine dreirädrige Variante der Vespa unter dem Namen Ape (ital. Biene) auf den Markt, außerdem gab es zwischen 1956 und 1961 den Kleinwagen Vespa 400.
Die Vespa wurde in vielen Ländern in Lizenz hergestellt (Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Malaysia, Pakistan, Spanien, Sowjetunion – hier unter dem Namen Wiatka, allerdings ohne Lizenz), und 1956 waren bereits eine Million Exemplare verkauft worden. Die Vespa wird von Piaggio bis heute produziert, inzwischen in der 140. Modellvariante und mit modernster Technik ausgestattet. Daneben gab es von Piaggio auch Roller, Mopeds und Mofas, die unter anderen Namen (Ciao, Cosa, Grillo, Quartz, Sfera, Skipper, Superbravo, Zip) vermarktet wurden. Seit 1993 entsteht in Kooperation mit Daihatsu (Japan) der Kleintransporter Piaggio Porter, der wahlweise mit Benzin-, Diesel- oder Elektromotor angeboten wird.
Zur Piaggio-Gruppe, die seit 2006 an der Mailänder Börse notiert ist, gehören auch die Motorradhersteller Gilera/Italien (seit 1969), Puch/Österreich (seit 1987), Derbi-Nacional/Spanien (seit 2001), Aprilia/Italien (seit 2004), Moto Guzzi/Italien (seit 2004) und Laverda/Italien (seit 2004). Piaggio Aero Industries (Genua), der Hersteller des Geschäftsreiseflugzeugs Piaggio P.180 Avanti (Erstflug 1986), ist seit 1998 ein selbstständiges Unternehmen mit neuen Eigentümern (Piero Ferrari, Josè Di Mase, Mubadala Development Abu Dhabi, Tata Group).