Markenlexikon

Uhu

Ursprungsland: Deutschland

Der Färbermeister Ludwig Hoerth (1820 – 1897) gründete 1884 im badischen Bühl eine Chemische Fabrik, die Tinten, Stempelkissen, Farben und Klebstoffe herstellte. 1905 ging die Firma in den Besitz des Apothekers August Fischer (1868 – 1940) über. 1932 entwickelten Augusts Söhne Manfred Fischer und Hugo Fischer den ersten glasklaren, gebrauchsfertigen Kunstharzklebstoff der Welt, der alle damals bekannten Materialien klebte. Weil viele Büroartikel- und Schreibwarenhersteller zu dieser Zeit Tiere und Tiernamen als Markenzeichen verwendeten (Greif, Marabou, Pelikan, Schwan), nannte ihn die Inhaber Uhu. Uhu-Alleskleber (Slogan: »Im Falle eines Falles – Uhu«) wurde in Deutschland bald zum Inbegriff des Klebens.

1970 ging die Herstellerfirma Fischer + Fischer, die auch Produkte wie Badedas (seit 1957) und Duschdas (seit 1973) herstellte, in den Besitz des britischen Pharmaherstellers Beecham (ab 1989 SmithKline-Beecham, seit 2000 GlaxoSmithkline) über, der sie 1974 mit einer weiteren deutschen Tochtergesellschaft, der Lingner Werke GmbH Düsseldorf (Fissan, Odol, Pitralon), zusammenschloss (Lingner + Fischer GmbH).

1990 verkaufte SmithKline-Beecham/Lingner + Fischer das Klebstoffgeschäft und den Markennamen Uhu an das Management (Kurt Wontorra, Wilhelm Werhahn), das mit finanzieller Hilfe von Citicorp Venture Capital (USA), der Faber-Castell Corporation (USA), die damals nicht zu Faber-Castell Deutschland gehörte (erst 1994 erwarb Faber-Castell die während des 1. Weltkriegs verloren gegangenen Markenrechte in den USA zurück), und der Bolton Development BV (Niederlande) eine eigenständige Firma gründete. Faber-Castell America war zuvor Vertriebspartner von Uhu-Klebstoffen in Nordamerika gewesen und Bolton hielt Anteile an den Vertriebspartnern in Italien und Griechenland.

1992 übernahm die Uhu GmbH von ORWO Wolfen die Klebstoffmarke Duosan und das dazugehörige Werk in Wolfen. Duosan war die führende Klebstoffmarke der DDR gewesen und besaß in Ostdeutschland einen flächendeckenden Bekanntheitsgrad.

1994 erwarb die Bolten Group die Anteile, die Citicorp Venture Capital und die Faber-Castell Corporation an der Uhu GmbH hielten und wurde so zum Mehrheitsgesellschafter. Schließlich verkauften auch Kurt Wontorra und Wilhelm Werhahn ihre Uhu-Anteile an Bolton. Der italienische Mischkonzern Bolton aus Mailand (Nahrungsmittel; u.a. der französische Thunfischproduzent Saupiquet, Kosmetik/Körperpflege, Reinigungsmittel, Klebstoffe) gehört den Erben des griechischen Multimillionärs Joseph G. Nissim (1919 – 2019), der sein Vermögen dem Thunfischfang verdankte.

Text: Toralf Czartowski