Markenlexikon

Trabant

Ursprungsland: Deutschland

Ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Auto-Union (Audi, DKW, Horch, Wanderer), deren Hauptwerke alle im Osten Deutschlands lagen (Chemnitz, Zschopau, Zwickau), verstaatlicht und in der Industrieverwaltung Fahrzeugbau (IFA) mit anderen Fahrzeugherstellern zusammengefasst. Das Zwickauer Audi-Werk produzierte ab 1949 eine leicht modifizierte Version des Vorkriegtyps DKW F8 (IFA F8), außerdem bis 1953 den DKW F9 (IFA F9), ebenfalls eine Vorkriegsentwicklung. Im Horch-Werke Zwickau wurden ab 1947 vor allem Lastwagen (H3), Motoren und Traktoren (RS01 Pionier) gefertigt.

Da man bei Audi und im Forschungs- und Entwicklungswerk Chemnitz (FEW) mit dem geplanten Kleinwagen P 50 (Entwicklungsbeginn 1954) nicht recht vorankam, behalf man sich zunächst damit, auf das F8-Fahrgestell inkl. Motor eine neue Karosserie zu setzen. Dieses P70 Zwickau genannte Fahrzeug wurde von 1955 bis 1959 in drei Varianten (Limousine, Kombi, Coupé) gefertigt. Die Karosserieteile waren aus Duroplast gefertigt. Bei diesem Material handelte es sich um eine Mischung aus Baumwollfasern und Kresol- oder Phenolharz, die unter hohem Druck (40 kg/cm2) und Temperaturen von rund 160 Grad Celsius zu Formteilen verpresst wurden.

Die ersten Versuche mit Press- oder Schichtstoffen aus Phenolharz waren bereits zwischen 1935 und 1944 von der Dynamit AG und der Auto-Union unternommen worden, die für ihre DKW-Kleinwagen mit kunstlederbespannter Holzkarosserie eine preiswerte Alternative suchte. In der DDR war der Mangel an Stahlblech der Hauptgrund für die Verwendung einer Kunststoffkarosserie.

Nebenher werkelte man in den Audi-Werken weiter am P 50. Dass man auch in diese Neuentwicklung einen Zweitaktmotor einbaute lag daran, dass das Audi-Werk (ab 1928 eine DKW-Tochtergesellschaft) die DKW-Frontantriebswagen (F1 – F8), die von einem DKW-Zweitakt-Motorradmotor angetrieben wurden, produziert hatte und dadurch jede Menge Erfahrung mit diesen einfachen, robusten und wartungsarmen Motoren besaß.

Von 1956 bis 1959 baute man in Zwickau noch die Sechszylinderlimousine Horch P 240 Sachsenring (nach der gleichnamige Autorennstrecke in Hohenstein-Ernstthal zwischen Chemnitz und Zwickau), die ab 1957 wegen eines Markenrechtsstreits mit der westdeutschen Auto-Union Ingolstadt nur noch Sachsenring P 240 genannt wurde. 1958 wurden die beiden Zwickauer Autowerke unter dem Namen Sachsenring Automobilwerk Zwickau zusammengeschlossen.

Trabant
Trabant

Ende 1958 kamen die ersten P-50-Fahrzeuge unter dem Namen Trabant 500 mit luftgekühltem, quer eingebautem 500-Kubikzentimeter-Zweizylinder-Zweitaktmotor (18 PS) in den Handel. Die Serienfertigung begann im Januar 1959. Der Namen Trabant (von spätmhd./alttschech. »drabant« = Leibgardist, Begleiter oder Leibwächter zu Fuß) stammte von dem Grafiker Herbert Mothes, der aus einem Ideen-Wettbewerb des Sachsenring-Werkes als Sieger hervorgegangen war. Ab 1960 gab es eine Kombiversion, 1962 folgte eine 600-Kubikzentimeter-Variante mit 23 PS (P60, Trabant 600), die bis 1965 in Produktion blieb. Die Motoren für den Trabant wurden im Motorenwerk Karl-Marx-Stadt gefertigt, die Karosserien für die Kombivariante stammten aus dem Karosseriewerk Meerane, rund zwanzig Kilometer von Zwickau entfernt.

1963 erhielt der P 601 (Trabant 601) eine neue und kantigere Karosserie. Bis zu dieser Zeit war der Trabant technisch durchaus noch auf der Höhe der Zeit und auch das Design war an internationale Standards angelehnt (DAF 33, Hillman Imp, Lloyd 300, NSU Prinz). Das änderte sich jedoch bald, denn trotz vieler innovativer Ideen der Zwickauer Konstrukteure blieb der Trabant 601 fast drei Jahrzehnte mit nur geringfügigen Modifikationen in Produktion.

Zudem verlängerte sich die Wartezeit auf das Fahrzeug immer weiter; zuletzt waren es bis zu fünfzehn Jahre. Die DDR-Wirtschaft verfügte weder über das nötige Geld, um die wenigen Werke zu modernisieren oder zu vergrößern, noch konnte sie die kostenintensive Entwicklung neuer Modelle finanzieren. Das vorhandene Straßennetz hätte bei einer höheren Produktion ebenfalls erneuert und ausgebaut werden müssen.

Ab 1966 gab es für die Armee eine Kübelversion – für den internationalen Markt wurde daraus 1978 eine zivile Variante abgeleitet (Tramp). Ebenfalls nur für den Export bestimmt war eine Lieferwagenversion, die 1967 auf den Markt kam. Der Trabant wurde in mehrere Ostblockstaaten exportiert (u.a. Polen, Rumänien, Tschechoslowakei, Ungarn), in geringem Maße zeitweise auch in westliche Staaten (u.a. Belgien, Griechenland, Island, Niederlande, Westdeutschland).

1990 hatte man für den Trabant 1.1 (immer noch mit der alten Karosserie) endlich einen 1100-Kubikzentimeter-Viertaktmotor (VW-Lizenz) entwickelt, doch nach dem Zusammenbruch der DDR ließ sich kaum noch ein Viertakt-Trabi verkaufen. Im April 1991 endete die Produktion. Insgesamt waren etwas über drei Millionen Exemplare gebaut worden.

Die Firma Sachsenring Zwickau existiert als Hersteller von Fahrzeug- und Karosserieteilen bis heute weiter. Der Markenname Trabant gehört seit 1999 dem Verein Internationales Trabantregister e.V. (InterTrab) aus Zwickau. 2007 präsentierte die bayerische Firma Herpa, die seit 1990 u.a. Trabant-Modellautos im Maßstab 1:87 produzierte, auf der IAA in Frankfurt am Main eine Designstudie für einen neuen Trabant.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain