Markenlexikon

Timotei

Ursprungsland: Großbritannien

Das Timotei-Shampoo war einer der frühen Versuche, die allmähliche Hinwendung der Gesellschaft zu Naturprodukten in wirtschaftlichen Erfolg zu verwandeln. Die für den Körperpflegebereich zuständige Unilever-Tochter Elida-Gibbs (Atlantik, Denim, Elida, Fly Away, Impulse, La Fram, Lux, Mentadent, Rexona, Vinolia) brachte dieses höherpreisige Shampoo mit natürlichen Kräuterextrakten wie Salbei, Rosmarin, Kamille und Melisse im Herbst 1981 auf den europäischen Markt. Timotei trug der gestiegenen Haarwaschfrequenz Rechnung und wurde mit Attributen wie »natürlich mild« und »für häufiges Haarewaschen« beworben. 1983 folgte noch eine Haarspülung.

Der Name des Shampoos bezieht sich auf das Timothy-Grass/Timotheegras (Wiesen-Lieschgras), das wiederum nach dem amerikanischen Farmer Timothy Hanson benannt ist, der dieses Süßgras um 1720 in den USA als Futterpflanze bekannt gemacht hatte.

Um die Kosten der aufwendigen Markteinführung (spezielle Holzdisplays im Einzelhandel, TV-Werbung, Printkampagnen mit beigelegten Proben) etwas abzufedern, verkaufte Unilever eine seiner alten Marken, den Lippenpflegestift Vinolia Lypsyl, 1983 an den Schweizer Chemie- und Pharmakonzern Ciba-Geigy (heute Novartis).

Der Erfolg konnte sich in den ersten Jahren nach der Markteinführung sehen lassen. Doch im September 1986 kam der jähe Absturz, als das Fernsehmagazin Monitor darüber berichtete, dass ein Kölner Katalyse-Institut in Timotei (und auch in anderen Haarwaschmitteln wie Gard oder Schauma) die krebserregende Chemikalie Dioxan in viel zu hohen Werten (280 ppm) entdeckt hatte. Der Absatz von Timotei sank daraufhin in Deutschland innerhalb weniger Wochen um gut 40 Prozent.

Elida-Gibbs verklage die ARD-Sender WDR und NDR auf Unterlassung (Redakteure sollten nicht mehr behaupten dürfen, dass Dioxan im Verdacht stehe, Krebs zu erzeugen), doch das Unternehmen zog die Klage schließlich wieder zurück. Intern wurde der Dioxan-Gehalt drastisch gesenkt (auf 5 ppm). Elida-Gibbs stellte zudem erstmals einen Umweltschutzmanager ein und überprüfte seine gesamte Produktpalette auf eventuell gefährliche Zusätze. Das Vertrauen der naturgläubigen Kernzielgruppe war jedoch auf Jahre zerstört und die Marke Timotei erholte sich nur ganz langsam.

Zwischen 1992 und 1994 schrieb der britische Musiker Phil Sawyer für verschiedene Timotei-Werbekampagnen mehrere New-Age-Songs (»In The Beginning«, »Wonderful World«, »In Existence«), die sich in ganz Europa wochenlang in den Charts hielten und der Marke zu neuem Glanz verhalfen. 1994 erschienen diese und andere Titel auf dem Album »Beautiful World – In Existence«.

Unilever vertreibt die Timotei-Haarpflegeprodukte heute noch in zahlreichen europäischen Ländern, u.a. in Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Polen, Russland, Spanien und der Tschechischen Republik.

Text: Toralf Czartowski