Markenlexikon

ThyssenKrupp

Ursprungsland: Deutschland

Obwohl das Schmelzen von Eisen und die Herstellung einfachen Stahls bereits im 2. Jahrtausend vor der Zeitrechnung in Europa und im Nahen Osten bekannt war, dauerte es noch bis ins 18. Jahrhundert, bevor Stahl mit einer wirklich guten Qualität hergestellt werden konnte. Am erfolgreichsten bei der Stahlerzeugung waren zunächst die Engländer. Sie entwickelten mehrere neue Verfahren (1709 Verwendung von Steinkohlekoks anstatt Holzkohle als Brennmaterial für die Hochöfen durch Abraham Darby, 1740 Tiegelgussverfahren von Benjamin Huntsman, 1784 Puddelverfahren von Henry Cort), mit deren Hilfe sie in der Gegend um Sheffield, wo es große Steinkohlevorkommen gab, hervorragenden Stahl herstellten, der in ganz Europa zur Herstellung von Werkzeugen, Waffen oder Pflügen gefragt war. Aufgrund der Kontinentalsperre, die Napoléon I. von 1806 bis 1814 über England verhängte, war der englische Stahl in Europa jedoch eine Zeit lang nicht verfügbar, sodass sich auf dem europäischen Festland einige Unternehmer daran machten, selbst hinter das Geheimnis des Stahl zu kommen, u.a. 1805 Johann Conrad Fischer, der Besitzer einer Eisengießerei in Schaffhausen (Schweiz).

In Deutschland gelang Friedrich Krupp (1787 – 1826), der 1811 in Essen die Gußstahlfabrik Fried. Krupp gegründet hatte, erstmals 1816 die Herstellung von Tiegelgussstahl; er wurde zunächst zur Herstellung von Werkzeugen, Münzstempeln und Walzenrohlingen verwendet. Krupp entstammte einer alten Kaufmannsfamilie, die bereits 1587 erstmals in der Großen Kaufgilde der Stadt Essen aufgetaucht war (Arndt Krupp) und vermutlich ursprünglich aus Holland stammte. Mit der Eisenindustrie kam die Krupp-Familie erstmals 1800 in Berührung, als Helene Amalie Krupp (1732 – 1810), die Mutter Friedrich Krupps und Besitzerin eines Kolonialwarenladens, die Gutehoffnungshütte in Sterkrade bei Oberhausen (heute MAN) ersteigerte (1808 wurde sie an Franz und Gerhard Haniel sowie Heinrich Huyssen verkauft). Friedrich Krupp hatte jedoch nichts von seiner Erfindung, er starb bereits im Alter von nur 39 Jahren und hinterließ seiner Witwe Theresia Helena Krupp (1790 – 1850) eine hochverschuldete Firma mit gerade mal sieben Arbeitern.

Der Aufschwung kam erst unter seinem Sohn Alfr(i)ed (1812 – 1887), der die in dieser Zeit entstehende europäische und amerikanische Eisenbahnindustrie mit Schienen, Achsen, Eisenbahnreifen, Federn und Walzen belieferte. Daneben wurden aber auch Werkzeuge, Bestecke und Walzmaschinen hergestellt. In dieser Zeit erwarb Krupp zahlreiche Hüttenwerke, Stahl- und Walzwerke, Maschinenbaufirmen, Erzgruben und Steinkohlebergwerke, sodass sich der kleine Familienbetrieb allmählich in einen Konzern verwandelte, der die gesamte Produktionskette vom Eisenerz bis hin zum fertigen Endprodukt vereinte.

Die Erfindung der nahtlosen und bruchsicheren Eisenbahnradreifen (1854), die auch im Krupp-Logo abgebildet sind, der nichtrostende, säurebeständige Stahl Nirosta (1912) und das Hartmetall Widia (= Wie Diamant, 1926) entwickelten sich zum weltweiten Erfolg. Der Begriff Kruppstahl wurde zum Synonym für hochwertigen Stahl schlechthin. Später goss Krupp auch die Druckkörperkugel des U-Bootes »Trieste«, mit dem Jacques Piccard und Don Walsh 1960 im Marianengraben 10.916 Metern tauchten und damit als erste Menschen nahe an die tiefste Stelle aller Ozeane (11.034 m) herankamen. Ab 1860 spezialisierten sich die Krupp-Werke zunehmend auf Gussstahlkanonen, die zunächst nur an Preußen geliefert wurden, das dadurch einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Staaten hatte, die noch herkömmliche Bronzekanonen verwendeten. Bald belieferte Krupp jedoch Freund und Feind gleichermaßen mit seinen Kanonen. Die Waffenproduktion blieb bis zum Ende des 2. Weltkriegs das wichtigste Standbein der Krupp-Werke.

Mit dem Tod von Alfrieds Sohn Friedrich Alfred Krupp (1854 – 1902) starb die männliche Linie der Krupp-Familie aus. Seine Witwe Margarethe Krupp (1854 – 1931) wandelte das Unternehmen 1903 in eine Aktiengesellschaft um (Fried. Krupp AG). Ihre Tochter Bertha Krupp (1886 – 1957) heiratete 1906 den preußischen Diplomaten Gustav von Bohlen und Halbach (1870 – 1950), der durch einen Erlass Kaiser Wilhelm II. offiziell den Namen Krupp führen durfte. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs stellte Krupp die Produktion zunächst auf zivile Güter um (Lokomotiven, Nutzfahrzeuge, Land- und Baumaschinen), kehrte aber bald wieder zur Rüstungsproduktion zurück. 1943 übernahm Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907 – 1967) die Leitung des Unternehmens.

Durch ein im November 1943 von Adolf Hitler persönlich erlassenes Gesetz (Lex Krupp) wurde die Friedrich Krupp AG wieder in eine Personengesellschaft umgewandelt (Fried. Krupp Essen), sodass die Krupp-Familie rund 400 Millionen Reichsmark Erbschaftsteuer sparte.

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wurde 1948 wegen dem Einsatz von Zwangsarbeitern und der Plünderung von Wirtschaftsgütern in den von Deutschland besetzten Staaten zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe und Vermögenskonfiszierung verurteilt. Schon 1951 wurde er jedoch begnadigt und 1953 erhielt er sein gesamtes Vermögen zurück. Eigentlich war sein Vater als einer der Hauptangeklagten im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess vorgesehen gewesen, doch aus gesundheitlichen Gründen hatte man ihn für prozessunfähig erklärt; er starb 1950.

Der Konzern, dessen Produktionsanlagen nahezu vollständig zerstört waren (der Rest wurde teilweise demontiert), stand bis 1953 unter alliierter Kontrolle. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der die Leitung 1953 wieder übernahm, zog sich zunehmend aus dem Tagesgeschäft zurück und überließ die Entscheidungen seinem neuen Generalbevollmächtigten Berthold Beitz (1913 – 2013). Die Rückerstattung des Krupp-Vermögens durch die Allierten war an die Bedingung geknüpft worden, dass die Hütten- und Bergwerke bis 1959 vom Krupp-Konzern abgetrennt und verkauft werden müssen; dies geschah jedoch nur teilweise (verkauft wurden 1954 die Gewerkschaft Emscher-Lippe und 1956 die Bergbau AG Constantin der Große). Die verbliebenen Bergwerks- und Hüttenbetriebe wurden 1960 in der Hütten- und Bergwerke Rheinhausen AG zusammengefasst und 1965 mit dem Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation AG zur Fried. Krupp Hüttenwerke AG fusioniert (ab 1980 Krupp Stahl AG). Die Kohlebergwerke übernahm 1969 die Ruhrkohle AG.

Krupp konzentrierte sich in der Nachkriegszeit neben den Stahlakivitäten auf den Maschinen- und Industrieanlagenbau und übernahm mehrere Firmen in diesem Bereich: 1964 die Atlas-Werke AG, zu der auch die MaK Maschinenbau Kiel GmbH gehörte, 1970 die Polysius AG, 1974 die Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG, 1975 die Heinrich Koppers GmbH, 1977 die Kautex Maschinenbau GmbH, 1980 die Gildemeister Corpoplast Maschinen GmbH und 1985 Werner & Pfleiderer Stuttgart. Der Rückzug aus der Waffenproduktion war jedoch erst 1990/1992 mit dem Verkauf der MaK Systemgesellschaft (Hersteller von gepanzerten Fahrzeugen) an die Rheinmetall Berlin GmbH abgeschlossen.

Mit dem Tod Alfried Krupps 1967 starb der Familienname aus, da sein Sohn Arndt von Bohlen und Halbach (1938 – 1986) gegen Zahlung einer jährlichen Rente von zwei Millionen Mark auf das Erbe verzichtete und damit das Recht auf den Namen Krupp verlor (nur wer die Firma eine Zeit lang geleitet hatte, durfte den Namen Krupp führen). Das gesamte Vermögen ging damit auf die 1967 gegründete Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung über. 1968 wurde das Unternehmen in eine GmbH umgewandelt (Friedr. Krupp GmbH). 1974 übernahm die staatliche iranische National Iranian Steel Industries Company rund 25 Prozent des Aktienkapitals der Fried. Krupp Hüttenwerke AG und 1976 beteiligte sich der iranische Staat ebenfalls mit 25 Prozent an der Friedr. Krupp GmbH.

Von 1979 bis 1993 war Krupp neben ABB (ASEA, BBC), AEG, DUEWAG, Krauss-Maffei, LHB Linke-Hofmann-Busch, MBB, Siemens, Thyssen-Henschel und Waggon-Union an der Entwicklung und am Bau des Hochgeschwindigkeitszugs ICE 1 beteiligt. Gemeinsam mit Thyssen-Henschel (Kassel) und Krauss-Maffei (München-Allach) fertigte Krupp die Triebköpfe. 1994 verkaufte Krupp die Schienenfahrzeugsparte in Essen an Siemens.

Infolge der andauernden Stahlkrise übernahm die damals hochverschuldete Fried. Krupp GmbH im Zuge einer feindlichen und fremdfinanzierten Übernahme die Hoesch AG. Das neue Unternehmen firmierte als Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp. Die Hoesch AG, der führende Stahlhersteller in Dortmund, war 1871 von dem Unternehmer Leopold Hoesch (1820 – 1899) gegründet worden. Anfang der 1990er Jahre gab es auch erste Gespräche über eine Fusion von Krupp und Thyssen. 1995 kam es zur Gründung der Krupp-Thyssen Nirosta GmbH, in die beide Partner ihre Aktivitäten im Bereich rostfreier Flachstahl einbrachten. 1996 erwarb Krupp von Hoechst den Dortmunder Anlagenbauer Uhde. 1997 initierte Krupp-Hoesch gemeinsam mit der Deutschen Bank eine feindliche Übernahme der größeren Thyssen AG, die jedoch zunächst fehlschlug. Dennoch kam es zu einer Fusion der Stahlbereiche beider Unternehmen zur ThyssenKrupp Stahl AG. 1998 wurde aus der feindlichen Übernahme dann doch noch eine halbwegs freundliche, allerdings unter Führung von Thyssen (ThyssenKrupp AG).

Thyssen-Krupp
Thyssen-Krupp

Die Ursprünge der Thyssen AG gehen auf August Thyssen (1842 – 1926) zurück, der 1867 mit mehreren Teilhabern ein Bandeisenwalzwerk in Duisburg errichtete. 1871 schied er jedoch aus diesem Unternehmen wieder aus und gründete mit finanzieller Unterstützung seines Vaters Friedrich, eines Drahteisenfabrikanten, in Styrum bei Mülheim an der Ruhr die Firma Thyssen & Co. Zunächst betrieb das Unternehmen Stahl- und Walzwerke. Ab 1877 erwarb Thyssen auch Bergwerke, um die Rohstoffversorgung für die Koksherstellung zu sichern.

1926 schlossen sich die vier großen Stahlhersteller des Ruhrgebietes (Thyssen, Phoenix, Rhein-Elbe-Union, Rheinische Stahlwerke/Rheinstahl) gegen den Willen des Gründers, der im gleichen Jahr verstarb, zur Vereinigte Stahlwerke AG zusammen. Sein Erbe übernahmen die beiden Söhne Fritz Thyssen (1873 – 1951) und Heinrich Thyssen (1875 – 1947); Fritz den Thyssen-Konzern und Heinrich, der die Fusion ebenso wie sein Vater ablehnte, erhielt alle anderen Vermögenswerte, die in der Unternehmensgruppe Thyssen-Bornemisza zusammengefasst wurden (Bergwerke, Werften, Energieunternehmen).

Fritz Thyssen, der Hitler anfangs unterstützt hatte, war einer der wenigen deutschen Großindustriellen, der sich gegen den Krieg aussprach. Bereits 1936 hatte er alle seine NSDAP-Parteiämter niedergelegt und sich am Widerstand gegen Hitler beteiligt. 1939 musste er Deutschland verlassen. Nach der Besetzung Frankreichs wurde er jedoch in Cannes verhaftet, nach Deutschland gebracht und bis Kriegsende in Gefängnissen und Konzentrationslagern eingesperrt. Nach dem Ende des Krieges ging er nach Argentinien, wo er 1951 starb.

1953 wurde die August Thyssen Hütte AG als eine der Nachfolgegesellschaften der Vereinigte Stahlwerke AG neugegründet. 1964 übernahm Thyssen die Phoenix Rheinrohr AG Vereinigte Hütten- und Röhrenwerke, damals neben Mannesmann der führende deutsche Röhrenhersteller. Phoenix gehörte seit 1955 auch eine Beteiligung von rund 50 Prozent an der Hamburger Werft Blohm & Voss AG, die vor allem Massengutfrachter baute. 1960 entstand die Thyssen Handelsunion AG (Handel von Stahl und NE-Metallen). 1973 erwarb Thyssen mit der Rheinstahl AG, zu der auch Hanomag (Baumaschinen, Lastwagen), Henschel (Lastwagen, Lokomotivbau, Wehrtechnik) und Rheinstahl Eggers-Kehrhahn (Aufzüge, Fahrtreppen) gehörten, ein weiteres ehemaliges Mitglied der früheren Vereinigte Stahlwerke AG. Die Rheinstahl AG bekam 1976 den neuen Namen Thyssen Industrie AG; die Bereiche Lokomotivbau und Wehrtechnik firmierten ab 1976 als Thyssen-Henschel. Die Werke in Kassel waren u.a. an der Entwicklung der Magnetschwebebahn Transrapid und des Hochgeschwindigkeitszuges ICE beteiligt. Ebenso wie Krupp in Essen und Krauss-Maffei in München-Allach fertigte Thyssen-Henschel in Kassel die Triebköpfe des ICE.

1977 benannte sich der Konzern in Thyssen AG um. 1978 erwarb Thyssen den US-Autozulieferer The Budd Company, einen früheren Hersteller von U-Bahn- und Eisenbahnwaggons, und 1984 die Aufzugssparte von MAN. Die Schienenfahrzeugaktivitäten von Thyssen-Henschel wurden 1990 mit denen von ABB zur ABB-Henschel AG zusammengeschlossen. 1997 entstand daraus ABB Daimler Benz Transportation (Adtranz; gehörte von 2000 bis 2020 zu Bombardier und seit 2021 zu Alstom). Die Wehrtechnikaktivitäten von Thyssen-Henschel (gepanzerte Fahrzeuge) verkaufte Thyssen 1996 an die IWKA AG, die sie 1999 an die Rheinmetall AG weiterveräußerte. Mit der Gründung der E-Plus Mobilfunk GmbH (gemeinsam mit Veba, BellSouth, Vodafone) versuchte Thyssen 1993 in die Telekommunikationsbranche einzusteigen, was jedoch fehlschlug. Der E-Plus-Anteil wurde 1998 an die Veba/RWE-Tochter Otelo Communications verkauft.

2004 übernahm ThyssenKrupp die Mehrheit an der Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) mit Werften und Standorten in Kiel, Rendsburg, Hamburg, Emden, Karlskrona (Schweden), Malmö (Schweden) und Skaramanga (Griechenland). Die Schiffbauaktivitäten firmieren seit 2005 als ThyssenKrupp Marine Systems AG (HDW Kiel, Nobiskrug Rendsburg, Blohm + Voss Hamburg, Nordseewerke Emden, Kockums Malmö/Schweden, Hellenic Shipyards/Griechenland). Der zivile Schiffbau von Blohm + Voss wurde 2011 an den britischen Finanzinvestor Star Capital Partners verkauft.

Die geplante Aufteilung des Konzerns in zwei selbstständige Unternehmen – ThyssenKrupp Materials AG (Stahl, Werkstoffhandel, Großwälzlager, Schmiedegeschäft, Marine Systems) und ThyssenKrupp Industrials AG (Aufzugsanlagen, Fahrtreppen, Fluggastbrücken, Automobilteile, Produktionsstraßen für Autos, Kernanlagenbau) – sowie die Gründung des Jointventures ThyssenKrupp Tata Steel B.V. (mit dem indischen Stahlkonzern Tata Steel) wurden Mitte 2019 aufgegeben.

Anfang 2020 verkaufte ThyssenKrupp seine Aufzugssparte ThyssenKrupp Elevator an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven sowie die Essener RAG-Stiftung, die für die Finanzierung der dauerhaften Folgekosten des Steinkohlenbergbaus zuständig ist.

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