Markenlexikon

Schindler

Ursprungsland: Schweiz

Der Mechaniker Robert Schindler (1850 – 1920) eröffnete 1874 zusammen mit Eduard Villiger eine mechanische Werkstatt (Schindler & Villiger) in Luzern, die zunächst Hotel- und Wäscherei-Einrichtungen, Schiffsantriebe, Mähmaschinen, Elektromotoren und nach dem Hotelbau-Boom in den 1880er Jahren auch Aufzüge herstellte. Die ersten Schindler-Aufzüge wurden durch Wasserkraft angetrieben. 1890 folgten hydraulische Aufzüge und 1892 riemengetriebene elektrische Aufzüge. 1892 verlies Eduard Villiger die Firma und 1901 verkaufte Robert Schindler das Unternehmen an seinen Neffen Alfred Schindler, der sich 1906 rnit Fritz Geilfuss einen neuen Partner suchte (Schindler & Cie.).

1906 entstand in Berlin auch die erste Auslandsniederlassung. ln den nächsten 30 Jahren gründete Schindler zahlreiche Niederlassungen und Tochtergesellschaften in Europa, Afrika und Südamerika. Weitere Produktionswerke entstanden 1923 in Mühlhausen (Frankreich) und 1936 in Brasilien. Der Firmenname wechselte zwischen 1920 und 1949 mehrfach: Kommandit-AG Schindler & Cie., Aufzüge- und Maschinenfabrik mit Giesserei (ab 1920), Kommandit-AG Schindler & Cie., Aufzüge und Maschinenfabrik (ab 1925), Aufzüge und Elektromotorenfabrik, Schindler & Cie. A.G. (ab 1932) und Schindler Aufzüge AG (ab 1949).

1915 begann Schindler mit dem Bau von eigenen Elektromotoren, die den speziellen Erfordernissen von Aufzugsanlagen angepasst waren. Ab 1920 wurden zusätzlich Krane hergestellt. Während des 1. Welkriegs produzierte das Unternehmen auch Munition. 1925 wurde Adolf Sigg neuer Partner von Alfred Schindler, nachdem Fritz Geilfuss verstorben war.

1929 entstand die Holdinggesellschaft PARS Finanz AG (Hergiswil), die seit 1970 als Schindler Holding AG firmiert; Schindler & Cie. wurde daraufhin eine PARS-Tochtergesellschaft.

1936 installierte Schindler erstmals eine Fahrtreppe; nach dem Ende 2. Weltkriegs kamen Baukräne, Motoren, Pumpen sowie ab 1945 Eisenbahnwaggons und Straßenbahnwagen dazu (Schindler Waggon AG Pratteln). Von 1956 bis 1960 erwarb die PARS Finanz AG die Schweizerische Wagons- und Aufzügefabrik (SWS) in Schlieren. 1957 wurde der Schindler-Aufzüge-Hauptsitz von Luzern in ein neues Werk im benachbarten Ebikon verlegt. 1961 baute Schindler/SWS den weltweit ersten Aufzug mit Transistorsteuerung. 1971 ging die Schindler Holding AG an die Züricher Börse.

Schindler
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ln den 1970er und 1980er Jahren erschloss sich Schindler weitere Märkte, u.a. 1974 Hongkong (Gründung des Jointventures Jardine Schindler Group), 1979 die USA (Übernahme der Haughton Elevator Company Toledo/Ohio), 1980 China (Gründung des Jointventures CSE China Schindler Elevator Co. Peking), 1981 Australien (Übernahme der Precision Elevator Pty. Ltd.), 1982 Kanada (Übernahme von Armor Elevator Pickering/Ontario), 1986 Indien (Kooperation mit der Bharat Bijlee Ltd.), 1987 Japan (mehrheitliche Übernahme der Nippon Elevator Industry Co. Ltd. Tokyo) und 1989 Neuseeland. 1989 erwarb die Schindler Elevator Corporation (Morristown/New Jersey), die seit 1985 für den nordamerikanischen Markt zuständige Schindler-Tochtergesellschaft, die Aufzug- und Fahrtreppensparte des US-Mischkonzerns Westinghouse Electric Corporation. 1998 übernahm Schindler den traditionsreichen Aufzughersteller C. Haushahn aus Stuttgart (gegründet 1873 von Carl Haushahn). Haushahn tritt in Deutschland jedoch weiterhin als eigenständige Firma auf.

1987 erwarb die PARS Finanz AG mit der FFA Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein AG einen weiteren Waggon-Hersteller; die FFA-Flugzeugwerke wurden anschließend an die Justus Dornier Holding Zürich weiterverkauft; der Rest firmierte als Schindler Waggon Altenrhein AG (SWA). 1997/1998 verkaufte Schindler den Waggonbau-Bereich (Schindler Waggon AG) jedoch wieder an die Stadler Fahrzeuge AG (Werk Altenrhein) und an Adtranz ABB Daimler Benz Transportation (Werk Pratteln). Das SWS-Werk in Schlieren war bereits 1985 geschlossen worden.

1988 stieg Schindler mit der Übernahme der erst 1984 gegründeten Also Holding AG in das ITK-Distributionsgeschäft ein (Produkte, Lösungen und Services in den Bereichen IT, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation). Durch den Zusammenschluss der Also Holding mit dem deutschen lT-Distributor Actebis aus Soest verringerte sich der Schindler-Anteil an der Also Holding auf 28 Prozent.

Im Jahr 2000 stellte Schindler das weltweit erste vollsynthetische Aufzugsseil vor; dieses Seil aus Aramid-Fasern kommt im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten (z.B. mit Polyurethan beschichtete oder umhüllte Stahlgurte) ganz ohne Stahl aus und ist 75 Prozent leichter als ein normales Stahlseil.

Die wichtigsten Produktionsstätten und Entwicklungszentren der Schindler Aufzüge AG sowie deren Tochtergesellschaften befinden sich in Ebikon (Schweiz), Berlin (Deutschland), Clinton/North Carolina (USA), Dunajská Streda (Slowakei), Hanover/Pennsylvania (USA), Londrina/Paraná (Brasilien), Melun (Frankreich), Mulhouse (Frankreich), Pune (Indien), Randolph/New Jersey (USA), São Paulo (Brasilien), Shanghai (China), Suzhou (China), Xuchang (China), Wien (Österreich) und Zaragoza (Spanien). Schindler gehört neben Otis (USA), Kone (Finnland), Mitsubishi Electric (Japan), Hitachi (Japan), Toshiba (Japan) und ThyssenKrupp (Deutschland) zu den führenden Aufzug- und Fahrtreppenherstellern der Welt.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Public Domain