Markenlexikon

Sarotti

Ursprungsland: Deutschland

Im September 1852 eröffnete Heinrich Ludwig Neumann in Berlin die Confiseur-Waaren-Handlung Felix & Sarotti, in der er zunächst aus Frankreich importierte Pralinen, Fondants, Fruchtpasteten, Konfitüren und Schokolade verkaufte. Was der Name Sarotti bedeutet, ist bis heute nicht geklärt. Eine Variante besagt, dass er von einem gleichnamigen italienischen oder Schweizer Zuckerbäcker stammen soll, der eine Zeit lang in der Firma angestellt war (1894 wurde Sarotti offiziell als Marke registriert). 1881 ging der Laden in den Besitz des Stuttgarter Konditors Hugo Hoffmann (1844 – 1911) über, der seit 1868 in der Berliner Mohrenstraße eine Konditorei betrieb, die Felix & Sarotti zuvor schon mit Fondants, Fruchtpasteten, Schokolade und Pralinen beliefert hatte. 1903 wurden die Produktionsfirma Hoffmann & Tiede (1883 war Paul Tiede Teilhaber von Hoffmann geworden) und das Verkaufsgeschäft Felix & Sarotti in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (Sarotti Chocoladen & Cacao AG; ab 1921 Sarotti AG), und 1913 nahm Sarotti eine neue Fabrik in Tempelhof bei Berlin in Betrieb.

In Anlehnung an den früheren Firmensitz in der Mohrenstraße verwendete Sarotti ab 1918 drei Mohren mit Turban und Tablett als Markenzeichen. Die endgültige Variante des Sarotti-Mohren, die für lange Zeit Bestand hatte, entwarf der Werbegrafiker Julius Gipkens 1922. Vorbild dürfte auch die schon im 17. Jahrhundert aufgekommene Angewohnheit europäischer Fürstinnen gewesen sein, sich das Modegetränk Schokolade von afrikanischen Kindern in orientalischer Bekleidung servieren zu lassen – wie es die osmanischen Sultane taten.

Sarotti
Sarotti

1929 ging die Sarotti AG (ab 1971 Sarotti GmbH) zu 50 Prozent in den Besitz des Schweizer Nestlé-Konzerns über, sodass in Berlin-Tempelhof nun auch Nestlé-Produkte hergestellt wurden. Im Gegenzug übernahm Sarotti die Nestlé-Fabrik in Hattersheim am Main, wohin 1949 auch der Haupstitz der Sarotti AG verlegt wurde. Ab den 1970er Jahren reduzierte Nestlé die Sarotti-Produktpalette, die früher auch Kakao, Marzipan, Fondants und Likörs umfasste, auf Tafelschokolade und Pralinen (7-Länder-Spezialitäten). 1984 brachte Sarotti die Choclait Chips auf den Markt. 1994 schloss Nestlé das Sarotti-Werk in Hattersheim und verlegte die Produktion nach Hamburg-Wandsbek in das frühere Rowntree-Mackintosh-Werk, das Nestlé 1988 übernommen hatte; Rowntree-Mackintosh und die Sarotti GmbH wurden 1998 zur Nestlè Chocoladen GmbH zusammengeschlossen.

Da die Produkte von Sarotti hauptsächlich in Deutschland verkauft wurden, Nestlé sich aber zunehmend auf internationale Marken konzentrierte (After Eight, Choclait Chips, Choco Crossies, Kit Kat, Smarties), verkauften die Schweizer die Marke Sarotti 1998 an die Kölner Stollwerck AG (Alpia, Alprose, Eszet, Gubor, Jacques, Sprengel, Walbaur). Die Sarotti-Marken Choclait Chips und 7-Länder-Spezialitäten blieben bei Nestlé. Die Sarotti-Produktion wurde daraufhin in das Stollwerck-Werk Berlin-Marienfelde verlegt. Das ehemalige Sarotti-Werk in Tempelhof produzierte bis zu seiner Schließung Ende 2003 verschiedene Nestlé-Produkte (u.a. Nesquick Snacks, Chocolate Chips, Yes Tortys). Hintergrund für die Werksschließung war der Umsatzeinbruch beim 1981 eingeführten Kuchenriegel Yes Torty, der ein Drittel der Gesamtproduktion des Werks ausmachte. 1999 hatten Aldi und andere Discounter zahlreiche Markenartikel durch Nonname-Produkte ersetzt, u.a. auch Yes Torty.

Weil der an koloniale Zeiten erinnernde Mohr, der den hochgeborenen Herrschaften exotische Köstlichkeiten auf einem Tablett serviert, nicht mehr so ganz in die heutige Zeit passt, wurde er 2004 vollkommen umgestaltet: Nun steht der »Magier der Sinne« auf einer Mondsichel und jongliert mit Sternen.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Public Domain