Markenlexikon

SABENA

Ursprungsland: Belgien

Im Jahr 1919 entstand in Belgien die staatliche Fluggesellschaft SNETA (Syndicat national d'Etude des Transports Aériens), deren Aufgabe es war, Erfahrungen bei der Entwicklung des kommerziellen Flugverkehrs zu sammeln. Zu den ersten Strecken gehörten die Verbindungen zwischen Brüssel, London, Amsterdam und Paris. 1921 nahm die SNETA-Tochtergesellschaft CENAC (Comité d' Etude pour la Navigation Aérienne du Congo) den Flugverkehr in Belgisch-Kongo auf. Als Flugzeuge kamen Modelle von Breguet, De Havilland, Farman, Fokker und Rumpler zum Einsatz. Nachdem man genug Erfahrungen gesammelt hatte, wurde die SNETA wieder aufgelöst und dafür 1923 die ebenfalls staatliche Fluggesellschaft Société Anonyme Belge d'Exploitation de la Navigation Aérienne (SABENA) ins Leben gerufen.

SABENA nahm den Frachtflugverkehr im Mai 1923 auf, der erste Passagierflug fand im April 1924 statt. Zunächst flog die belgische Staatslinie mehrere westeuropäische Städte an. 1925 folgte die Strecke von Europa nach Belgisch-Kongo, außerdem mehrere Verbindungen innerhalb des Kongo. Die Flugzeugflotte bestand damals vor allem aus Maschinen von De Havilland, Handley-Page, Fokker, Junkers und Savoia-Marchetti.

Nach dem Ende des 2. Welkriegs benannte sich die Fluggesellschaft in SABENA – Belgian World Airlines um. 1947 kam die Transatlantikstrecke nach New York hinzu. Ab den 1950er Jahren stieg SABENA neben Air France, Alitalia, British Airways, KLM, Lufthansa, SAS (Scandinavian Airlines System) und Swissair zu einer der führenden europäischen Fluggesellschaft auf. Zum Einsatz kamen nun vor allen Flugzeugmodelle von Douglas Aircraft (DC) und Convair, später in den 1960er Jahren, als das Jetzeitalter begann, auch die vierstrahlige Boeing 707 und die französische Sud Aviation Caravelle. Als Belgisch-Kongo 1960 unabhängig wurde, verlor SABENA die inländischen Strecken im Kongo an die Air Congo, blieb aber an der neuen kongolesischen Fluggesellschaft mit rund 30 Prozent beteiligt. 1971 stellte SABENA die ersten Großraumflugzeuge vom Typ Boeing 747-100 in Dienst. Sie kamen vor allem auf der Transatlantikroute zum Einsatz.

1987 führten SABENA und die skandinavische Fluggesellschaft SAS Gespräche über eine mögliche Fusion beider Fluglinien, was jedoch von den belgischen Behörden verhindert wurde. 1989 erwarben British Airways und KLM Anteile an SABENA, die der beglische Staat jedoch schon bald wieder zurückkaufte.

Die Liberalisierung des europäischen Flugverkehrs in den 1990er Jahren führte bei SABENA, wie auch bei vielen anderen Fluggesellschaften, zu großen finanziellen Schwierigkeiten. Die schwerfälligen europäischen Staatslinien waren Monopolstrukturen gewohnt und konnten sich den neuen Gegebenheiten nur schwer anpassen. Der belgische Staat musste Jahr für Jahr die Verluste ausgleichen, konnte aber aufgrund der EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen keine neuen Mittel bereitstellen. 1993 beteiligte sich Air France kurzzeitig an der SABENA, die nun als SABENA World Airlines firmierte. In dieser Zeit wurde die Flotte fast vollständig auf Airbus-Modelle umgestellt (den ersten Airbus hatte SABENA bereits 1984 in Dienst gestellt).

1995 beteiligte sich die Swissair mit 49 Prozent an SABENA. 1996 wurden alle Aktivitäten der Swissair und dem Dach der SAirGroup gebündelt. Die grundsätzliche Situation der Swissair war jedoch nicht besser, als die der SABENA. Im Frühjahr 2000 wurde die finanzielle Lage der Swissair immer bedrohlicher. Der Terroranschlag vom 11. September 2001 und der damit einhergehende Einbruch des weltweiten Flugverkehrs verschlimmerten die Situation noch weiter. Verzweifelt versuchten der Schweizer Staat und mehrere Großbanken das nationale Symbol zu retten. Schließlich einigte man sich darauf, den Markennamen Swissair sowie einen Teil des Streckennetzes und der Flotte (52 Flugzeuge) von der SAirGroup auf die Tochtergesellschaft Crossair zu übertragen, die sich anschließend in Swiss International Air Lines AG (Basel) umbenannte. Dadurch entstand eine neue von finanziellen Altlasten freie Fluggesellschaft.

Für die SABENA gab es jedoch keine Rettung. Die Swissair schuldete der SABENA 84 Millionen US-Dollar, war aber zahlungsunfähig. Da sich keiner Käufer für die belgische Staatsline fand, ging das Unternehmen im Novermber 2001 in die Insolvenz. Der Flugbetrieb wurde von der erst 1996 erworbenen belgischen Regionalfluggesellschaft Delta Air Transport (DAT), die von der Insolvenz nicht betroffen war, fortgeführt. DAT benannte sich 2002 in SN Brussels Airlines (ab 2007 Brussels Airlines) um. 2009 wurde Brussels Airlines von der Lufthansa AG übernommen, der inzwischen auch der Swissair-Nachfolger Swiss International Airlines gehörte.

Text: Toralf Czartowski