Markenlexikon

Pininfarina

Ursprungsland: Italien

Battista (Pinin) Farina (1893 – 1966; ab 1961 Battista Pininfarina) arbeitete zunächst als Zeichner in der Turiner Karosseriebaufirma seines älteren Bruders Giovanni Carlo Farina (1884 – 1957), dessen Sohn Nino 1950 der erste Formel-1-Weltmeister wurde. Bei Stabilimenti Industriale Farina lernte er auch den Karosseriebauer Felice Mario Boano (1903 – 1989) kennen. 1928 gründete Battista Farina mit der finanziellen Unterstützung der Familie seiner Frau und dem Autobauer Vincenzo Lancia in Turin die Carrozzeria Pinin Farina mit Boano als Chefdesigner. Sein Spitzname Pinin bedeutet auf Italienisch »der Kleine«. 1961 erhielt er vom italienischen Staatspräsidenten die Erlaubnis, seinen Nachnamen in Pininfarina zu ändern.

In den 1930er Jahren fertigte Pinin Farina u.a. Karosserien für Alfa-Romeo (6C, 8C), Cadillac (V16 Roaster), Fiat (518 Ardita), Hispano-Suiza (Coupé), Lancia (Aprilia, Astura, Dilambda) und Rolls-Royce (Silver Dawn). Infolge des 2. Weltkriegs wurde seine Firma jedoch durch alliierte Bomberangriffe zerstört. Der Neuanfang begann 1945 mit dem eleganten Cisitalia 202 Coupé, der teilweise auch im Werk von Pinin Farina gebaut wurde. Ein weiteres Nachrkriegsprojekt war der Karosserientwurf für den Sportwagen Nash-Healey, den die Donald Healey Motor Company in Warwick/England baute und die US-Firma Nash Motors vermarktete. Dadurch wurde Pininfarina auch in den USA sehr populär.

Den größten Auftrag zog sich Pininfarina jedoch 1951 an Land. Bei einem Treffen zwischen Battista Farina, seinem Sohn Sergio (1926 – 2012) und Enzo Ferrari in einem Restaurant in Tortona, einer kleinen Stadt zwischen Turin (Sitz von Pininfarina) und Modena (Sitz von Ferrari), wurde eine langjährige Zusammenarbeit zwischen beiden Firmen vereinbart. Seitdem hat Pininfarina mit zwei Ausnahmen (Dino 308 GT4, LaFerrari) die Karosserien fast aller straßentauglichen Ferrari-Serienfahrzeuge entworfen. Erst ab den frühen 2010er Jahren baute Ferrari eine eigene Designabteilung auf (Centro Stile Ferrari). Neben Pininfarina gab es allerdings auch andere Designfirmen, die für bestimmte Ferrari-Varianten Karosserien entwarfen (Bertone, Scaglietti, Vignale, Zagato).

Pininfarina
Pininfarina

1958 eröffnete Pininfarina in Grugliasco in der Nähe von Turin eine zweite Fabrik. Als erstes Auto wurde dort der Giulietta Spider für Alfa-Romeo gebaut. In den Werken Corso Trapani, Grugliasco, San Giorgio Canavese (ab 1986), Bairo Canavese und Uddevalla/Sweden (ab 2003) wurden später zahlreiche Fahrzeuge im Auftrag anderer Hersteller gefertigt (u.a. Alfa-Romeo Giulietta Spider, Alfa-Romeo Brera, Alfa-Romeo Spider Type 939, Cadillac Allanté, Bentley Azure, Fiat 124 Sport Spider, Ford Focus Coupe-Cabriolet, Ford Streetka, Lancia Beta Montecarlo Coupé/Cabrio, Lancia Kappa Estate, Mitsubishi Colt CZC, Mitsubishi Pajero iO/Pinin, Peugeot 205 Cabrio, Peugeot 306, Peugeot 404 Coupé/Cabriolet, Peugeot 406 Coupé, Peugeot 504 Coupé/Cabrio, Talbot Samba Cabrio, Volvo C70 II).

1961 übernahmen Battistas Sohn Sergio Pininfarina und sein Schwiegersohn Renzo Carli die Leitung der Firma. Neben Ferrari war Pininfarina auch für zahlreiche andere Autohersteller tätig, u.a. für Alfa-Romeo (164, Giulietta Spider, GTV, Spider), BMC (Austin A40 Farina, Austin 1100, Austin A55 Cambridge, MGB GT, Morris 1100), Cadillac (Allanté), Daewoo (Tacuma), Datsun/Nissan (Bluebird 410, Cedric 130), Jaguar (XJ Series 3), Lancia (Beta Montecarlo, Flavia Coupé, Rally 037), Maserati (GranTurismo/Gran Cabrio, Quattroporte V), Mitsubishi (Lancer 10. Generation), Peugeot (403, 404, 406 Coupé, 504, 605, 104), Rolls-Royce (Camargue) und Volvo (C70). Außerdem entwarf die Firma Karosserien für Busse, Flugzeuge, Straßenbahnen sowie Züge und Designs für Getränkemaschinen, Haushaltsgeräte und Uhren.

1986 ging die Pininfarina S.p.A. an die Mailänder Börse und eröffnete eine weiteres Werk in San Giorgio Canavese bei Turin für den Bau des Cadillac Allanté. 2003 erwarb Pininfarina das Designbüro von Matra Automobiles.

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kam Pinifarina S.p.A. ab 2008 zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten, die 2010 zur Einstellung der Auftragsfertigung und 2015 zur mehrheitlichen Übernahme durch die indische Mahindra Group führte (76 Prozent). Die Farbirk in Grugliasco wurde 2009 verkauft, das seit 2003 mit Volvo betrieben Jointventure in Uddevalla (Schweden) beendet. Das San-Giorgio-Werk produziert nur noch Ersatzteile. Pininfarina ist jedoch weiterhin als Designfirma tätig, die Karosseriedesigns für zahlreiche Fahrzeughersteller entwirft.

Im Laufe der Jahre waren bei Pininfarina zahlreiche namhafte Designer beschäftigt, u.a. Adriano Rabbone, Aldo Brovarone, Brano Mauks, Carlo Palazzani, Davide Arcangeli, Diego Ottina, Elvio d'Aprile, Emanuele Nicosia, Felix Kilbertus, Filippo Sapino, Francesco Salomone, Franco Scaglione, Goran Popović, Guido Campoli, Ian Cameron, Jason Castriota, Ken Okuyama, Lowie Vermeersch, Luca Borgogno, Maurizio Corbi, Nazzareno Epifan, Paolo Martin, Pierangelo Andreani, Pietro Camardella und Tom Tjaarda.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain