Markenlexikon
Die Wurzeln dieses Unternehmens reichen bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück, als Jean Pequignot Peugeot (1699 – 1741) mit dem Bau von Wassermühlen begann. 1810 gründeten die Brüder Jean-Pierre Peugeot II (1768 – 1852) und Jean-Fréderic Peugeot (1770 – 1822) sowie Jacques Maillard-Salins in Hérimoncourt die Firma Peugeot Frères et Jacques Maillard-Salins, die Sägeblätter, Metallsägen, Uhrenfedern, Korsettstangen und später auch Bügeleisen, Nähmaschinen, Pfeffermühlen, Fleischwölfe, Regenschirme, Kaffeemühlen, Spaten, Heugabeln, Macheten, Schergeräte und Werkzeuge herstellte. 1858 wurde der Löwe, dessen Zähne mit ein bisschen Fantasie an Sägezähne erinnern, als Markenzeichen eingeführt.
Die eigentliche Geburtstunde der heutigen Firma war das Jahr 1896, als Armand Peugeot (1849 – 1915) in Audincourt und Lille die Société Anonyme des Automobiles Peugeot gründete. Zuvor hatte er bereits Fahrräder (1882), dampfbetriebene Dreiräder (1889) und 1891 das erste Automobil mit einem Heckmotor von Daimler gebaut. Ab 1897 fertigte Peugeot auch eigene Motoren.
1898 brachte Robert Peugeot (1873 – 1945), ein Cousin Armand Peugeots, die ersten Motorfahrräder auf den Markt. 1906 begann er ebenfalls Automobile zu bauen (Lions-Peugeot), u.a. den von Ettore Bugatti entworfenen Kleinwagen Bébé (1912); seine Firma hieß Fils de Peugeot Frères und war in Beaulieu-Valentigny ansässig.
1910 fasste die Peugeot-Familie ihre verschiedenen Unternehmungen in einer gemeinsamen Firma zusammen (Société des Automobiles et Cycles Peugeot). Ab 1913 produzierte Peugeot in einem kurz zuvor neu errichteten Werk in Sochaux die ersten Peugeot-Lastwagen. In diesem Werk wurden später auch Pkw hergestellt. Bis 1972, als eine weitere Fabrik in Sausheim bei Mulhouse in Betrieb genommen wurde, war Sochaux der wichtigste Produktionsstandort von Peugeot.
1927 wurden die Peugeot-Fahrradwerke (Cycles Peugeot) mit Sitz in Beaulieu-Valentigny wieder ein separates Unternehmen. Erst 1965 kam es mit der Gründung der Holdinggesellschaft Peugeot S.A. zur erneuten Fusion aller Peugeot-Firmenteile. Von 1904 bis 1986 unterhielt Peugeot ein eigenes Radsportteam. 1905 gewann der französische Radrennfahrer Louis Trousselier die erste Tour de France auf einem Peugeot-Rad. Auch in späteren Jahren kam der Tour-Sieger mehrfach vom Peugeot Team (1906 René Pottier, 1907/1908 Lucien Petit-Breton, 1913/1914 Philippe Thys, 1922 Firmin Lambot, 1967 Roger Pingeon, 1975/1977 Bernard Thévenet). 1966 und 1967 fuhr der berühmte belgische Radrennfahrer Eddy Merckx für das Peugeot Team und wurde 1967 Weltmeister im Straßenradsport.
Als besonders erfolgreich erwies sich der Kleinwagen Peugeot 201 (1929), der insgesamt 140.000 mal gebaut wurde und bis 1936 in Produktion blieb. Dieses Modell trug erstmals die noch heute verwendete dreistellige Typenbezeichnung mit einer »0« in der Mitte, die auch markenrechtlich geschützt ist; aus diesem Grund musste Porsche sein Modell 901 in 911 umbenennen. Weitere erfolgreiche Modelle von Peugeot waren der stromlinienförmige Peugeot 402 von 1935, der ein wenig an den Chrysler Airflow erinnerte und als Konkurrent zum Citroën 7CV Traction Avant an den Start ging, der robuste Peugeot 404 (1960) mit einer kantigen Karosserie von Pininfarina, der in vielen französischen Kolonien Afrikas als Taxi zum Einsatz kam (und noch immer kommt), der Heckklappen-Kleinwagen Peugeot 206 von 1983, der fast zehn Jahre lang unverändert gebaut wurde und vor allem der von Murat Günak gestylte Peugeot 206 von 1998, der sich in ganz Europa so gut verkaufte, wie kein anderer Peugeot vor ihm.
1974 übertrug der Reifenhersteller Michelin, dem der Autohersteller Citroën seit 1934 gehörte, die unternehmerische Leitung von Citroën auf Peugeot, was 1976 zum vollständigen Zusammenschluss von Peugeot und Citroën in der Holdinggesellschaft Peugeot S.A. (PSA Peugeot Citroën) führte. 1978 erwarb PSA das Europa-Geschäft von Chrysler (Chrysler Europe mit den Marken Simca, Sunbeam und Talbot), das anschließend in Automobiles Talbot umfirmiert wurde. Dadurch kam Peugeot in den Besitz eines dritten Werkes in Poissy, das 1940 von Ford in Betrieb genommen worden war, dann Simca gehörte und schließlich Chrysler. Die Marken Simca, Sunbeam und Talbot gab Peugeot Mitte der 1980er Jahre auf. Das letzte von Talbot entwickelte Fahrzeug war der Horizon-Nachfolger Talbot Arizona (1985), der jedoch als Peugeot 309 in den Handel kam. Danach gab es nur noch eine Zeit lang Kleintransporter, die in einigen Ländern als Talbot verkauft wurden.
Peugeot war bis in die 1950er Jahre hinein auch der führende französische Motorradhersteller, später baute man nur noch Motorroller und Mopeds. 1986 gliederte PSA die Motorroller-Produktion in die Peugeot Motorycles S.A. aus. Von 2014 bis 2019 verkaufte PSA die Peugeot Motorycles S.A. an den indischen Fahrzeughersteller Mahindra. Cycles Peugeot (Fahrräder) gehörte von 1992 bis 2004 zur Cycleurope-Gruppe (Beistegui Hermanos, Gitane, Peugeot), dann erwarb PSA die Markenrechte zurück und fertigt nun wieder selbst Fahrräder im Werk Sochaux.
Anfang 2014 beteiligten sich die chinesische Dongfeng Motor Corporation (Wuhan), mit der PSA bereits seit 1992 das Jointventure Dongfeng Peugeot-Citroën Automobile (DPCA) betreibt, und der französische Staat im Zuge einer Kapitalerhöhung mit jeweils 14 Prozent an der PSA-Peugeot-Citroën S.A. Der Anteil der Peugeot-Familie, die bislang mit 25,4 Prozent (38 Prozent der Stimmrechte) an dem von ihr gegründeten Unternehmen beteiligt war, reduzierte sich dadurch ebenfalls auf 14 Prozent. Hintergrund für die Kapitalerhöhung war die Absatzkrise in Europa, unter der der PSA-Konzern wegen seiner Fokussierung auf den europäischen Markt besonders zu leiden hatte. Bereits Ende 2013 musste PSA das 1973 von Citroën errichtete Werk in Aulnay-sous-Bois bei Paris mit zuletzt 3000 Mitarbeitern schließen.
2017 erwarb PSA das gesamte Europa-Geschäft von General Motors (Adam Opel AG, Vauxhall Motors Ltd.) mit Werken in Eisenach (Opel), Gliwice/Polen (Opel), Kaiserslautern (Opel), Luton (Vauxhall), Ellesmere Port (Vauxhall), Rüsselsheim (Opel) und Figueruelas/Zaragossa (Opel).
2021 schlossen sich FCA Fiat-Chrysler Automobiles (Abarth, Alfa-Romeo, Chrysler, Dodge, Jeep, Fiat, Lancia, Maserati, Ram Trucks) und PSA Peugeot-Citroën (Citroën, DS, Opel, Peugeot, Vauxhall) zur Stellantis N.V. mit Sitz in Hoofddorp bei Amsterdam zusammen. Der Name Stellantis leitet sich von dem lateinischen Wort »stello« (durch Sterne erhellen, von Sternen beleuchtet, mit Sternen besetzen) ab. Durch die Fusion stieg Stellantis zum viertgrößten Autokonzern der Welt auf (nach Toyota, Volkswagen und Renault-Nissan). Zu den wichtigsten Aktionären gehören die Familien Agnelli (über die Familienholding Exor) und Peugeot (über Etablissements Peugeot Frères), der französische Staat (über die staatliche Investmentbank Bpifrance), der zuvor an Peugeot beteiligt gewesen war, und die chinesische Dongfeng Motor Corporation.
Der Stellantis-Konzern betreibt Werke in Algerien (Oran), Argentinien (El Palomar, Córdoba [Fiat]), Australien (Clayton South), Brasilien (Betim [Fiat], Porto Real [PSA], Goiana [Chrysler]), China (Wuhan [Peugeot/Dongfeng], Chengdu [Peugeot/Dongfeng]), Deutschland (Eisenach [Opel], Kaiserslautern [Opel], Rüsselsheim [Opel]), Frankreich (Lieu-Saint-Amand [Sevel Nord], Poissy [Peugeot], Rennes [Citroën], Sausheim/Mulhouse [Peugeot], Sochaux [Peugeot]), Großbritannien (Ellesmere Port [Vauxhall], Luton [Vauxhall]), Indien (Ranjangaon/Pune [Fiat-Tata), Iran (Teheran [Peugeot-IKAP]), Italien (Atessa [Sevel Sud], Grugliasco [Maserati], Melfi [Fiat], Modena [Maserati], Piedimonte San Germano [Fiat], Pomigliano d’Arco/Napoli [Alfa-Romeo], Termoli, Turin [Fiat]), Kanada (Brampton/Ontario [Chrysler], Windsor/Ontario [Chrysler]), Malaysia (Gurun), Marokko (Kenitra [Peugeot]), Mexiko (Saltillo [Chrysler], Toluca [Chrysler]), Namibia (Walvis Bay), Nigeria (Kaduna), Österreich (Wien-Aspern [Opel]), Polen (Tychy [Fiat], Gliwice [Opel]), Portugal (Mangualde [Citroën]), Serbien (Kragujevac [Fiat, Zastava]), der Slowakei (Trnava [Peugeot]), Spanien (Figueruelas/Zaragossa [Opel/Vauxhall], Madrid [PSA], Vigo [PSA]), der Türkei (Bursa [Fiat-Tofaş]), Venezuela (Valencia), Ungarn (Szentgotthárd [Opel]) und den USA (Belvidere/Illinois [Chrysler], Detroit/Michigan [Chrysler], Dundee/Michigan [Chrysler], Kokomo/Indiana [Chrysler], Sterling Heights/Michigan [Chrysler], Tipton/Indiana [Chrysler], Toledo/Ohio [Jeep], Trenton/Michigan [Chrysler], Warren/Michigan [Chrysler]).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain