Markenlexikon

Pernod

Ursprungsland: Frankreich

Wer der Erfinder des Absinths war, einer Spirituose aus Wermutkraut, Anis, Fenchel und anderen Kräutern, ist nicht geklärt. Zur Auswahl stehen die Schweizerin Henriette Henriod und der in der Schweiz lebende Pariser Arzt Dr. Pierre Ordinaire. 1797 gründete Daniel-Henri Dubied, der das Originalrezept erworben haben will, gemeinsam mit seinem Sohn Marcelin und seinem Schwiegersohn Henri-Louis Pernod (1776 – 1851) in dem Schweizer Ort Couvet eine kleine Brennerei und begann mit der industriellen Absinth-Herstellung. 1805 zog die Firma in den rund 30 Kilometer entfernten französischen Ort Pontarlier um.

1872 gründete Jules-François Pernod in Avignon das Unternehmen Société Pernod Pére et Fils. Weite Verbreitung fand der Absinth erstmals während der kolonialen Eroberung Afrikas Mitte des 19. Jahrhunderts, als die französischen Soldaten eine tägliche Ration bekamen, weil man glaubte, damit Fieber, Malaria, Durchfall und Infektionen verhindern zu können. Mit den Kriegsrückkehrern fand Pernod den Weg in die Pariser Straßencafés, Bistros und Bars, wo sich der giftgrüne (wegen des Chlorophylls der Kräuter), hochprozentige Schnaps (45 bis 72 Prozent) bald zum bevorzugten Getränk von Malern, Dichtern und anderen Künstlern entwickelte (Charles Baudelaire, Edgar Degas, Guy de Maupassant, Henri de Toulouse-Lautrec, Paul Gauguin, Edouard Manet, Claude Monet, Pablo Picasso, Jean-Arthur Rimbaud, Vincent van Gogh, Paul Verlaine, Oscar Wilde). Einige dieser Dauertrinker bezahlten ihren stetigen und übermäßigen Absinthkonsum jedoch mit dem Leben.

In vielen europäischen Ländern wurde Absinth wegen des im Wermutkraut enthaltenen Nervengift Thujon, das in größeren Mengen Halluzinationen, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle, verstärkten Hang zum Selbstmord und Wahnsinn verursachen kann, während der Zeit des 1. Weltkriegs verboten (in Deutschland erst 1923). Pernod musste daraufhin das Thujon entfernen und den Alkoholgehalt verringern. Der originale Pernod Absinth wurde jedoch noch bis 1965 im spanischen Pernod-Werk in Tarragona hergestellt, wo es kein Absinth-Verbot gab. Auch der neue Pernod, ein Weindestillat, gewürzt mit Anis, Fenchel und anderen Kräutern, avancierte bald zum französischen Nationalgetränk und wird heute vor allem als Aperitif getrunken oder mit Cola, Orangensaft und Bitter-Lemon gemischt.

1926 schlossen sich die Brennereien in Pontarlier, Avignon und Montreuil (1871 von Ariste Hémard gegründet) unter dem Namen Les Établissements Pernod zusammen. 1975 kam es zur Fusion mit der 1932 von Paul Ricard gegründeten Firma Société Ricard, die das berühmte gleichnamige Getränk, eine Mixtur aus Wasser, Alkohol, Anis, Süßholz und verschiedenen Kräutern, herstellt. Pernod-Ricard gehören inzwischen auch die Marken Becherovka, Beefeater, Brandy Domecq, Chivas Regal, Clan Campbell, Glenlivet, Havanna Club (internationaler Vertrieb), Hiram Walker, Jameson, Kahlúa, Malibu, Martell, Mumm, Perrier-Jouët, Presidente, Ramazotti, Sandeman (internationaler Vertrieb), Seagram's Extra Dry Gin und Wyborowa.

1991 wurde die Verwendung von geringen Mengen Thujon in der EU wieder zugelassen (maximal 35 mg/kg bei einem Alkoholgehalt über 25 Prozent Vol.); in Deutschland war das Absinth-Gesetz schon 1981 aufgehoben worden, in Spanien und Portugal hatte es nie ein Verbot gegeben. 2001 brachte Pernod erneut einen echten Absinth auf den Markt. Inzwischen gehen Wissenschaftler und Lebensmittelchemiker davon aus, dass nicht das Thujon für die durchschlagende Wirkung des giftgrünen Drinks verantwortlich war, sondern lediglich der hohe Alkoholgehalt.

Text: Toralf Czartowski