Markenlexikon

Oxy (Occidental Petroleum)

Ursprungsland: USA

Der in New York geborene Armand Hammer (1898 – 1990) studierte zunächst Medizin an der Columbia University, wie sein aus Odessa eingewanderter Vater Julius, der darüber hinaus noch ein überzeugter Anhänger des sowjetischen Kommunismus war und Mitglied der Socialist Labor Party of America. Seinen Namen deutete er später als »Arm and Hammer«, ein altes Symbol der Arbeiterbewegung. Julius Hammer, der in der Bronx eine Arztpraxis und mehrere Drogerien betrieb, wurde Zeit seines Lebens wegen seiner kommunistischen und prosowjetischen Aktivitäten in den USA vom FBI überwacht und mehrere Jahre saß er deswegen im New Yorker Staatsgefängnis Sing Sing. Über seine Firma Allied Drug & Chemical wurden auch allerlei Waren zwischen den USA und der Sowjetunion geschmuggelt.

Während der Inhaftierung seines Vaters leiteten Armand und sein Bruder Victor die Handelsfirma. 1921 besuchte er das erste Mal die Sowjetunion. Von nun an wurde auch er von in- und ausländischen Geheimdiensten überwacht. Armand und Victor Hammer betrieben regen Handel mit der Sowjetunion. Armand verhandelte anfangs noch persönlich mit dem Kommunistenführer Lenin über Arzneimittel- und Weizenlieferungen, wofür er Pelze, Kaviar und Schmuck bekam. Daneben betrieb er in der Sowjetunion eine Asbestmine und eine Bleistiftfabrik. Die Geschäfte mit den Kommunisten erhielt er jahrelang aufrecht, auch zu Zeiten des Kalten Krieges. In Moskau war der umtriebige Amerikaner immer gerne gesehen, man verlieh ihm sogar den Lenin-Orden. In den USA hielt man ihn zeitweise für einen Agenten, konnte ihm aber nie etwas nachweisen. Später diente er mehreren Regierungen der USA und der Sowjetunion als inoffizieller Vermittler, der sich für die Entspannung zwischen den beiden Supermächten einsetzte. Hammer wurde mehrmals für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen, bekam ihn aber nie. Andere sahen ihn aufgrund seiner jüdischen Abstammung auch als Teil einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung.

Die Gewinne, die er mit seinen Geschäften machte, steckte er u.a. in Spirituosenhersteller (United Distillers of America) und Ölfirmen. Schließlich entdeckte er in Los Angeles die kleine und vollkommen unbedeutende Ölfirma Occidental Petroleum Corporation (Abendländische Petroleum Gesellschaft), die schon seit 1920 existierte, aber ständig am Rande des Bankrotts entlangschrammte. 1957 erwarb er Anteile dieses Unternehmens und wurde gleichzeitig dessen Präsident. Eigentlich sollte die Beteiligung nur eine Art Steuersparmodell sein. Obwohl Hammer weder der Gründer oder Namensgeber war und nur einen kleinen Anteil der Aktien besaß, dominierte er das Unternehmen bis zu seinem Tod im Jahr 1990 in einer Weise, wie das sonst kaum einem Firmenchef einer börsennotierten Aktiengesellschaft gelang. 1959 kaufte Occidental auf Betreiben Hammers die Gene Reid Drilling Company, eine auf Ölbohrungen spezialisierte Firma aus Bakersfield/California, was sich als Glücksfall erweisen sollte. Das Unternehmen wurde von dem Ingenieur Gene Reid und seinem Sohn Bud Reid, einem Geologen, geleitet.

1961 bohrte Occidental in Mittelkalifornien bei Lathrop/California nach Erdgas, obwohl Texaco dort zuvor nicht fündig geworden war. Die Reids vermuteten jedoch, dass nur nicht tief genug gebohrt worden war, eine Annahme, die sich bald als richtig herausstellte. Occidental entdeckte rund 1500 Fuß weiter unten eine der größten Erdgaslagerstätten in Kalifornien. 1964 ging das Unternehmen an die New Yorker Börse und das Börsenkürzel Oxy entwickelte sich bald darauf zum Markenzeichen des Unternehmens.

1965 erhielt Oxy vom libyschen König Idris eine Konzession zur Ölsuche und -förderung. 1966 wurde man in Libyen fündig und diese Ölfunde machten Oxy zu einem der größten Ölkonzerne der Welt. Nachdem sich Muammar Al-Gadaffi 1969 in Libyen an die Macht geputscht hatte, handelte Hammer mit ihm einen neuen Vertrag aus, der dem libyschen Staat höhere Einnahmen aus der Ölförderung garantierte. Dadurch konnte eine Verstaatlichung der Ölfelder verhindert werden. Weitere Länder, in denen der Konzern tätig wurde, waren u.a. Großbritannien (Nordsee; 1973), Peru (1972), Kolumbien (1983) und Oman (1983). Die Aktivitäten in Libyen wurden 1986 beendet, als zwischen den USA und Gadaffi wegen dessen Unterstützung von palästinensischen Terroristen ein schwerer Konflikt ausbrach, der erst in den frühen 2000er Jahren beendet wurden, als Gadaffi die Entwicklung seines Atomwaffenprogramms aufgab und die Unterstützung von Terroristen einstellte.

1968 stieg Occidental mit der Übernnahme der Hooker Chemical Company in das Chemiegeschäft ein. In den Jahren 1972 und 1973, als zwischen den USA und der Sowjetunion eine kurzzeitige Entspannungsphase begann, handelte Armand Hammer ein 20 Jahre laufendes Abkommen mit der Sowjetunion über die Lieferung von Technologie und Ausrüstungen für einen neuen sowjetischen Düngemittelkomplex in Kuibyschew aus. Darüber hinaus beinhaltete der Vertrag die Lieferung von Superphosphorsäure für die Herstellung von Phosphatdünger, die Occidental in einer Phosphatmine in Florida abbaute. Im Gegenzug erhielt Occidental Kalisalz (die Sowjetunion war damals der größte Kaliproduzent der Welt) sowie flüssiges Ammoniak und Harnstoff aus der neuen Anlage. Da Kuibyschew nördlich der Öl- und Gasfelder von Orenburg liegt und an das zentralasiatische Pipelinenetz angeschlossen ist, eignete sich die Stadt gut für die Produktion von Ammoniak, einer chemischen Verbindung von Wasserstoff (wird aus Erdgas gewonnen) und Stickstoff (wird aus der Luft gewonnen). 1978 nahm das Werk in Kuibyschew die Produktion auf.

1972 begann Occidental in Logan Wash/Colorado, einem Gebiet das zur größten Ölschieferlagerstätte der Welt gehört, mit dem experimentellen Abbauf von Ölschiefer. Als in den 1980er Jahren die Ölpreise fielen, wurde diese komplizierte und teure Art der Ölgewinnung weitestgehend aufgegeben. Erst ab Mitte der 1990er Jahre lohnte sich die Ölgewinnung aus Ölschiefer aufgrund der höheren Ölpreise wieder.

1979 nahm Occidental Verhandlungen mit den chinesischen Kommunisten über die Offshore-Ölförderung sowie der Erschließung von Kohlevorkommen auf. Das Steinkohlebergwerk Antaibo in der nördlichen Provinz Shanxi wurde 1987 in Betrieb genommen. 1981 erwarb Oxy den Fleischkonzern IBP Inc., der allerdings nur als reine Investition gedacht war und teilweise schon 1987 wieder mit einem satten Gewinn weiterverkaut wurde (den Rest der Anteile verkaufte Oxy 1991). 1982 übernahm Occidental die Cities Service Company (Citgo) aus Tulsa/Oklahoma, den damals achtgrößten Ölkonzern der USA, verkaufte aber große Teile dieses Unternehmens bereits kurz darauf wieder, u.a. 1983 die Bereiche Raffination, Marketing und Transport, die in der Tochtergesellschaft Citgo Petroleum Corporation zusammengefasst wurden, an die Southland Corporation. Eine weitere Akquisition war 1985 die Übernahme der Erdgaspipeline-Betreibers MidCon Corporation. 1987 entstand die Occidental Chemical Corporation (OxyChem), die zu dieser Zeit zu den größten Chemiekonzernen der USA gehörte.

Im Juli 1988 kam es auf der seit 1976 von Occidental (78 Prozent Anteil) und Texaco (22 Prozent Anteil) betriebenen Öl- und Gas-Bohrinsel Piper Alpha in der Nordsee zu mehreren Explosionen und zum Ausbruch eines Feuers, infolge dessen die Plattform teilweise schmolz und zusammenbrach. 167 Menschen fielen dieser Katastrophe zum Opfer. Die Reste der Piper Alpha brannten noch drei Wochen nach dem Unglück, bevor das Feuer durch Einpumpen von Zement in die Bohrlöcher gelöscht werden konnte. Ursache der Explosionen und des Brandes war eine verhängnisvolle Verkettung mehrerer Fehler während der Generalüberholung einer Kondensatpumpe. Die Aufarbeitung des Unglücks führte in den nächsten Jahren zu zahlreichen Verbesserungen an den Sicherheitskonzepten von Ölbohrinseln. Occidental Petroleum zog sich 1991 komplett aus der britischen Nordsee zurück und verkaufte seine Anteile an den dortigen Öl- und Gasfeldern an den französischen Ölkonzern Elf Aquitaine (heute Total).

Nach dem Tod von Armand Hammer 1990 wurde Ray Irani, der bereits seit 1983 OxyChem erfolgreich geführt hatte, neuer CEO von Occidental Petroleum. Das Armand Hammer Museum of Art in Los Angeles, das der begeisterte Kunstsammler Armand Hammer noch kurz vor seinem Tod gegründet hatte, wurde anschließend von der University of California Los Angeles (UCLA) weiterbetrieben. In den 1990er Jahren fokussierte sich Occidental wieder mehr auf das Öl- und Gasgeschäft. Andere Bereiche wie das Fleisch- oder Pipelinegeschäft wurden verkauft. Dafür erwarb das Unternehmen neue Ölfelder in Abu Dhabi, Kalifornien (die Naval Petroleum Reserve Elk Hills), Texas (von Altura Energy), im Jemen (von Shell), in Kolumbien (von Shell) und in Libyen (2005 – 2016). Die Aktivitäten in Argentinien, Kongo, in Malaysia, in der niederländischen Nordsee, auf den Philippinen und in Venezuela gab man dagegen auf.

2014/2015 lagerte Occidental sein kalifornisches Öl- und Gasgeschäft in die unabhängige California Resources Corporation aus. Gleichzeitig wurde der Firmensitz der Occidental Petroleum Corporation von Los Angeles nach Houston/Texas verlegt. 2019 erwarb Occidental die Anadarko Petroleum Corporation, der u.a. das Collier Gas Field in Mosambik gehörte.

Occidental Petroleum ist im Bereich Öl- und Gasförderung tätig, u.a. in den USA (Texas), in Kolumbien, Mosambik und im Nahen Osten (Katar, Oman, Vereinigte Arabische Emirate). OxyChem mit Produktionsstätten in den USA, Kanada und Chile stellt diverse Chemikalien her, außerdem Kunststoffe und Arzneimittel.

Text: Toralf Czartowski