Markenlexikon

Otis

Ursprungsland: USA

Aufzüge sind keineswegs eine Erfindung der Neuzeit, wie Ausgrabungen in römischen Palästen und griechischen Theatern belegen. Seit griechische Mechaniker um 700 v. Chr. den Flaschenzug erfunden hatten, war der Bau von mechanischen Hubgeräten möglich. Zunächst wurden jedoch hauptsächlich Kräne und Hebegeräte für schwere Lasten gebaut. Wann die ersten Personenaufzüge entstanden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Der römische Kaiser Nero soll einen von Sklaven angetriebenen Aufzug benutzt haben und bei Ausgrabungen in Pompeji wurde ein Hubgerät mit Bronzedrahtseil gefunden.

Den ersten modernen Aufzug baute der amerikanische Maschinenbaumeister Elisha Graves Otis (1811 – 1861) im Chrsytal Palace, einem Ausstellungspalast in New York, für die »Exhibition of the Industry of All Nations« (1853 – 1854). Er wurde von einer Dampfmaschine angetrieben und besaß bereits eine automatische Sicherheitsvorrichtung, die das Abstürzen bei Seilbrüchen verhindern sollte (Fangbremse). Hoch über den Köpfen der Menschenmenge schwebend, ließ er das Tragseil mit einer Axt durchtrennen. Die Plattform fiel nur einige Zentimeter, dann stoppte sie. Diese grundlegende Konstruktion wurde in ähnlicher Art auch noch weit über hundert Jahre später in Aufzüge eingebaut.

1857 installierte Otis im fünfstöckigen Haughwout-Building am New Yorker Broadway den ersten dampfbetriebenen Personenaufzug der Welt. Der Lift konnte sechs Personen mit einer Geschwindigkeit von zehn Metern pro Sekunde befördern. Diese Entwicklung führte bald dazu, dass in New York immer mehr Hochhäuser gebaut wurden.

Durch den Zusammenschluss mit vierzehn weiteren Aufzugsherstellern entstand 1898 die Otis Elevator Company, die bald darauf in viele andere Länder expandierte. 1912 erwarb Otis den Fahrtreppenhersteller Reno, dessen Gründer Jesse Wilford Reno 1892 die erste Fahrtreppe entwickelt hatte; dabei handelte es sich um ein schräg laufendes Gummiband mit Holzplatten. 1920 baute Otis die erste Fahrtreppe mit waagerechten Stufen.

In der Folgezeit installierte Otis nicht nur Aufzüge und Fahrtreppen in Nordamerika sondern auch in vielen europäischen und asiatischen Ländern, u.a. im Pariser Eiffel-Turm, im Moskauer Kreml, in der Freiheitsstatue, im Singer-Tower (New Yorks erstes Hochhaus), auf der Titanic, im Empire State Building, im Kennedy Space Flight Center auf Cape Canaveral, im Weißen Haus, im Skylon Tower in Niagara Falls, im World-Trade-Center, in den Petronas-Towers von Kuala Lumpur, im Inneren der Christusstatue von Rio de Janeiro und im Burj Khalifa in Dubai.

1976 wurde Otis von dem Maschinenbau- und Luftfahrtkonzern United Technologies (Carrier-Klimaanlagen, Pratt & Whitney-Flugzeugtriebwerke, Sikorsky-Hubschrauber) übernommen, der nach dem Ende des Vietnamkriegs unabhängiger vom Verteidigungsgeschäft werden wollte. Zur gleichen Zeit verlegte man den Hauptsitz des Unternehmens nach Farmington/Connecticut, dort wo auch United Technologies ansässig war. Das ursprüngliche Otis-Werk in Yonkers/New York wurde 1981 geschlossen und bald darauf an den japanischen Kawasaki-Konzern verkauft, der dort Schienenfahrzeuge baute.

Kurz vor dem Zusammenschluss mit Raytheon im Jahr 2020 spaltete United Technologies die Aufzugs- und Fahrtreppensparte vom Konzern ab und brachte die neue Otis Worldwide Corporation (Farmington/Connecticut) an die New Yorker Börse. Otis gehört neben Kone (Finnland), Hitachi (Japan), Mitsubishi (Japan), Schindler (Schweiz), ThyssenKrupp (Deutschland) und Toshiba (Japan) zu den führenden Aufzugherstellern der Welt.

Text: Toralf Czartowski