Markenlexikon

Microsoft

Ursprungsland: USA

Edward Roberts (* 1942), ein ehemaliger Luftwaffen-Elektroniker und Besitzer der Firma Micro Instrumentation and Telemetry Systems (MITS), die Funksteuerungen für Modellflugzeuge und Taschenrechnerbausätze herstellte, entwickelte 1974 zusammen mit den beiden früheren Air-Force-Offizieren William Yates und Jim Bybee einen Computerbausatz auf Basis des Mikroprozessors Intel 8080, der heute als Urvater aller Home- und Personal-Computer gilt. Der nur 397 Dollar teure Altair wurde ohne Software ausgeliefert und besaß keine Tastatur und keinen Monitor. Die Programme mussten mühselig per Kippschalter eingegeben werden und die Ausgabe wurde von Leuchtdioden angezeigt.

Da sich die damals üblichen höheren Programmiersprachen wie FORTRAN (Formula Translation) oder COBOL (Common Business-Orientated Language), die für Großrechner und wissenschaftliche Anwendungen entwickelt worden waren, nur sehr bedingt zur Programmierung des Altair eigneten, entwickelten die beiden Studenten William (Bill) Gates (* 1955) und Paul Allen (1953 – 2018), die durch eine Bastlerzeitschrift auf den Bausatz aufmerksam geworden waren, im Computercenter der Harvard-Universität, wo ein Digital Equipment PDP-10 stand, eine eigene Programmiersprache für den Altair. Als Basis diente ihnen die 1964 von John Kemeney und Thomas Kurtz am Dartmouth College in Vermont/New Hampshire für Ausbildungszwecke entwickelte Programmiersprache BASIC (Beginners All-purpose Symbolic Instruction Language).

Im Februar 1975 flogen sie nach Albuquerque/New Mexico, dem Sitz von MITS, und erweckten den Altair damit zum Leben. Obwohl der Altair fast gar nichts konnte, was Leute erwarteten, die vorher schon an Großrechnern gearbeitet hatten, entwickelte sich dieser Bausatz zum Renner unter Technikfreaks, von denen einige später noch berühmt werden sollten (Steve Jobs, Steve Wozniak, Peter Norton, Adam Osborne, George Tate). Allein der Wunsch, einen eigenen Computer zu besitzen, war für viele Grund genug, sich solch ein Gerät zuzulegen. Mit dem Altair brach das Zeitalter der Personal-Computer (den Begriff prägte Ed Roberts) an und gleichzeitig markierte er den Anfang des Microsoft-Imperiums.

Im Sommer 1975 gründeten Gates und Allen in Albuquerque die Firma Micro-Soft (ab 1976 Microsoft). Der Name war eine Kurzform von Microcomputer-Software (die Bezeichnung Home- oder Personal-Computer war damals noch nicht gebräuchlich). Microsoft verdiente am Anfang noch recht wenig Geld, denn das 500 Dollar teure MS-BASIC wurde von den meisten Altair-Besitzern nicht gekauft, sondern von einem zum anderen weiterkopiert. Dafür entwickelte sich die Programmiersprache allmählich zum Standard der Microcomputer-Branche. 1976 konnte Microsoft die ersten beiden großen Lizenznehmer an Land ziehen (General Electric, NCR). 1978 zog die Firma nach Seattle, in Gates Geburtsstadt, um.

Der große Wurf gelang Microsoft zwei Jahre später eher durch Zufall. Nachdem immer mehr Firmen wie Apple, Atari, Commodore, Imsai, ITT, MOS Technologies (KIM), Osborne, Sinclair, Tandy/RadioShack, Texas Instruments und sogar der Uhrenhersteller Timex Home-Computer auf den Markt brachten, sah sich auch der Computerkonzern IBM, der bis dahin nur Großrechenanlagen produziert hatte, genötigt, ein eigenes Modell zu entwickeln. Um Zeit und Geld zu sparen, entschied man sich für eine offene Architektur, was bedeutete, dass die Hard- und Software nicht selbst entwickelt, sondern von externen Firmen eingekauft werden sollte. Den Mikroprozessor lieferte Intel (i8088), die Programmiersprache Microsoft und für das Betriebssystem kam nur Digital Research in Frage, deren CP/M (Control Program/Monitor) damals das Standard-Betriebssystem für Microcomputer war.

Mit Gary Kildall (1942 – 1994), dem CP/M-Entwickler und Besitzer von Digital Research, wurde IBM jedoch nicht handelseinig. Über die Gründe gibt es unterschiedliche Aussagen der damals Beteiligten. Deswegen wandte sich IBM an Bill Gates, dessen Firma jedoch keine Erfahrungen mit Betriebssystemen hatte. In Seattle gab es jedoch die kleine Firma Seattle Computer Products, die gerade ein neues Betriebssystem für den Intel-8086-Chip fertiggestellt hatte, dessen Quellcode dem von CP/M sehr ähnelte. Microsoft kaufte dieses Betriebssystem für 50.000 Dollar, modifizierte es für den Intel-8088-Chip, der im IBM-PC zum Einsatz kommen sollte, und benannte es in MS-DOS (Microsoft Disk Operating System) um. Im August 1981 kam der IBM Personal-Computer auf den Markt und für jeden verkauften Rechner strich Microsoft fortan Lizenzgebühren ein. Richtig lukrativ wurde das Geschäft, als auch andere Hersteller ihre Computer nach dem IBM-Standard bauten.

Microsoft
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Am erfolgreichsten wurde jedoch die grafische Benutzeroberfläche Windows (ab 1985). Der Bildschirm sah nun aus wie ein Büroschreibtisch mit Ablagen, Aktenschränken und Papierkorb. Es gab einfach erkennbare Symbole (Icons) und grafisch gestaltete Menüs, die mit der Maus bedient werden konnten. Außerdem hatten alle Programme, die für Windows geschrieben wurden, die gleiche Funktionsweise, egal von welcher Firma sie stammten. Der Name Windows wurde gewählt, weil der Bildschirm in mehrere Fenster (engl. Windows) unterteilt war, in denen man gleichzeitig mit verschiedenen Programmen arbeiten konnte (Multitasking). Die grundlegende Technologie war bereits in den 1970er Jahren im Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox entwickelt worden. Auf Computern von Apple, Atari oder Commodore waren grafische Benutzeroberflächen zu dieser Zeit schon Standard, lediglich PC-Nutzer mussten noch kryptische Befehle in eine Kommandozeile eingeben, bevor das Gerät zum Leben erwachte.

1986 ging Microsoft an die Börse und machte seine Gründer und einige Führungskräfte zu Millionären. Der endgültige Aufstieg zum Großunternehmen kam in den frühen 1990er Jahren, als Windows ausgereift war und zum absoluten Verkaufsrenner avancierte. Mit Windows wurden die PCs endlich genauso benutzerfreundlich, wie es die Computer von Apple, Atari und Commodore/Amiga schon lange waren. Später führte man MS-DOS und Windows technisch immer weiter zusammen, sodass aus Windows ein vollwertiges Betriebssystem wurde. In den nächsten Jahren baute Microsoft seine Dominanz bei Betriebssystemen und Anwendungssoftware für PCs weiter kontinuierlich aus. Außerdem engagierte sich das Unternehmen nun verstärkt auch im Bereich des damals gerade aufkommenden Internets (u.a. 1995 MSN Microsoft Network, 1996 Internet Explorer, 2009 Bing-Suchmaschine, 2011 Übernahme des Internet-Telefonie-Unternehmens Skype, 2007 Online-Datenspeicherungs-Dienst Windows Live Folders/OneDrive, 2010 Cloud-Plattform Windows Azure, 2016 Übernahme des Business-Netzwerks LinkedIn, 2017 Groupware MS Teams).

Mit der Spielkonsole Xbox (2001), dem Tablet-PC Surface (2013) und der Augmented-Reality-Brille HoloLens (2016) wurde Microsoft auch im Hardware-Geschäft tätig, wobei die Geräte selbst von Auftragsfertigern wie Flextronics (Singapur), Foxconn (China) oder Pegatron Technology (Taiwan) hergestellt werden. Der Versuch in den hartumkämpften Mobiltelefon-Markt einzusteigen schlug jedoch fehl. Das 2010 nur in den USA eingeführte Mobiltelefon namens Kin (Hersteller: Sharp) wurde aufgrund des schlechten Verkaufs schon nach wenigen Monaten vom Markt genommen. Die Übernahme der Mobiltelefon-Sparte von Nokia (2013/2014) mit mehreren Produktionsstandorten und 32.000 Mitarbeitern endete 2017 mit der Auflösung der Tochtergesellschaft Microsoft Mobile. Die Microsoft-/Nokia-Geräte mit Windows Phone als Betriebssystem hatten sich nur mäßig verkauft.

Der Name Bill Gates wird inzwischen in einem Atemzug mit Unternehmern wie John D. Rockefeller und Henry Ford genannt. So wie Rockefeller die chaotische Ölindustrie des späten 19. Jahrhunderts in geordnete Bahnen lenkte und Henry Ford das Luxusprodukt Auto durch seine Fließbandherstellung für jedermann erschwinglich machte, so kann sich Bill Gates das Verdienst anrechnen, einen weltweiten Standard für PC-Software geschaffen zu haben. Die Dominanz der Microsoft-Software bei den Personal-Computern führten jedoch auch dazu, dass der Konzern ab Ende der 1990er Jahre jahrelang mit den US-Kartellbehörden und der EU-Kommission zu tun hatte, die beide in dieser Vormachtstellung eine ernste Bedrohung für den freien Wettbewerb sahen. Eine Aufteilung des Konzerns in zwei separate Unternehmen für Betriebssysteme und Anwendungssoftware konnte jedoch verhindert werden.

Ab dem Jahr 2000 zog sich Bill Gates nach und nach aus der aktiven Geschäftführung von Microsoft zurück. Zunächst gab er das Amt des CEO (Vorstandsvorsitzender) auf, 2014 trat er auch als Aufsichtsratsvorsitzender zurück. Fortan engagierte er sich gemeinsam mit seiner damaligen Frau Melinda vor allem für die Bill & Melinda Gates Foundation (Schwerpunkte: Globale Entwicklung, Gesundheit, Bildung), die zu den größten Privatstiftungen der Welt zählt. Gates Führungsstil wird von Mitarbeitern häufig als arrogant und tyrannisch beschrieben. Ein amerikanischer Richter, der 2001 im Rahmen eines Kartellverfahrens mit ihm zu tun hatte, attestierte ihm eine »Napoleonische Auffassung von sich selbst und seiner Firma.«

Paul Allen schied bereits 1983 bei Microsoft aus, nachdem bei ihm ein bösartiger Tumor des Lymphsystems entdeckt worden war. Allerdings blieb er noch bis ins Jahr 2000 Mitglied des Microsoft-Aufsichtsrates und strategischer Berater. Allen war bis zu seinem Tod im Jahr 2018 an zahlreichen Unternehmen aus der IT-Branche beiteiligt, außerdem besaß er mehrere US-Profisportteams und eine umfangreiche Kunstsammlung. Die 1986 gegründete Paul G. Allen Family Foundation unterstützt gemeinnützige Organisationen aus dem medizinischen, wissenschaftlichen und technologischen Bereich. Weiterhin finanzierte er Projekte und Institute wie SETI (Suche nach extraterrestrischer Intelligenz), Experience Music Project, SpaceShipOne, Allen Institute for Brain Science, Allen Institute for Artificial Intelligence und Allen Center for Computer Science & Engineering.

Gary Kildall, dem Microsoft zumindest indirekt den Aufstieg zum weltweit führenden Software-Konzern verdankt, verkaufte seine Firma Digital Research 1991 für 120 Millionen Dollar an das Software-Unternehmen Novell. Die Produkte des Unternehmens (u.a. 1983 GEM/Graphics Environment Manager, 1984 CP/M 86, 1989 DR-DOS) hatten sich gegen MS-DOS nie durchsetzen können. Bis zu seinem Tod war er der festen Überzeugung, dass MS-DOS ein Plagiat von CP/M ist. Zu einem gerichtlichen Prozess gegen IBM oder Microsoft kam es jedoch nie, wohl auch weil Kildall die damit verbundenen Kosten scheute. Während mehrerer Interviews sagte er jedoch folgendes: »Ask Bill [Gates] why the string in [MS-DOS] function 9 is terminated by a dollar sign. Ask him, because he can't answer. Only I know that.« (»Fragen Sie Bill [Gates], warum die Zeichenkette in der [MS-DOS] Funktion 9 mit einem Dollarzeichen endet. Er kann nicht antworten. Nur ich weiß es.«).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain