Markenlexikon

L'Oréal

Ursprungsland: Frankreich

Der Wunsch der Menschen, ihre Haarfarbe zu ändern oder Alterserscheinungen zu überdecken, ist fast so alt wie die Menschheit selbst. Bereits die alten Ägypter versuchten die Natur auszutricksen. Dabei bediente man sich im Laufe der Jahrtausende der unglaublichsten Mittel: Ätzkalk, Eidechsenfett, Henna, Kalbsblut, Kamillensud, Mehl, Pottasche, Safran, Salpetersäure, Schwalbenkot, Walnussextrakt und Weinstein, um nur einige zu nennen. Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte man Wasserstoffperoxyd als Bleichmittel, das ein schnelles Aufhellen der Haare ermöglichte, und setzte Oxidationsmittel auf Basis von Phenylendiamin zum Färben ein. Der Erste, der diese dauerhaften chemischen Colorationen in großem Stil herstellte und europaweit in den Handel brachte, war der französische Chemiker Eugéne Schueller (1881 – 1957). 1909 gründete er in Paris die Firma Société Française de Teintures Inoffensives pour Cheveux – zu deutsch: Französische Gesellschaft für das ungefährliche Färben der Haare. Das erste Produkt, das bereits 1907 entwickelte synthetische Haarfärbemittel Auréole, verhalf dem Friseurhandwerk zu rasantem Wachstum. Schon wenige Jahre nach der Gründung exportierte das Unternehmen seine Produkte auch in andere europäische Länder. 1910 wurde der Markenname L'Oréal (Le Or réal) eingeführt, der so viel wie »Das wahre [echte] Gold« bedeutet. Doch bei den Haarfarben blieb es nicht. Bald darauf breitete sich L'Oréal über den ganzen Körper aus.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein achteten besonders die Angehörigen der höheren sozialen Schichten tunlichst darauf, dass ihre blasse Haut möglichst wenig Sonnenstrahlen abbekam. Denn ein heller Teint signalisierte, dass man nicht zur arbeitenden Bevölkerung gehörte. Schon gar nicht zu denen, die im Freien arbeiten mussten. An den Stränden von See- und Stadtbädern wandelten die Badegäste in normaler Straßenkleidung, außerdem mit Hüten, Sonnenschirmen und Handschuhen ausgestattet. Und man ging auch nicht einfach mit der Badehose ins Wasser. Um mit dem Wasser überhaupt in Kontakt zu kommen, verwendete man Badeschaluppen (Segelboote) mit Umkleidezimmer, die zum Baden ins Meer gezogen wurden oder verkleidete Badekarren mit Treppen, über die die Gäste ins Wasser steigen konnten, ohne dabei von anderen gesehen zu werden. Ein Sonnenbrand war zu dieser Zeit eher eine Ausnahmeerscheinung. Erst in den 1920er und 1930er Jahren wurden die Baderegeln nach und nach gelockert, sodass nun immer mehr nackte Haut gezeigt werden durfte, wenn auch unter lautem Zähneknirschen konservativer Kreise, die die Moral in Gefahr sahen. Dafür mussten sich die Badegäste nun mit den Folgen der Sonnenbestrahlung auseinandersetzen. Mit der Einführung des Bikinis 1946 war der größte Teil der Haut dem UV-Licht ausgesetzt, sodass die Verwendung von Sonnenschutzmitteln zur Vermeidung von Sonnenbränden unumgänglich wurde.

Nachdem sich Schueller im Sommer 1934 beim Segeln vor der bretonischen Küste einen Sonnenbrand geholt hatte, ließ er von seinen Chemikern ein Sonnenschutzmittel entwickeln, das rechtzeitig zum nächsten Sommer im Juni 1935 unter dem Namen Ambre Solaire (Ambre = frz. Bernstein, bernsteinfarben; solaire = frz. Sonnen-, Sonnenschutz) auf den Markt kam. Er hätte es auch einfacher haben können, denn genau in jenem Jahr, als er sich die Haut verbrannte, hatte die deutsche Firma Drugofa, eine Tochtergesellschaft des Bayer-Konzerns, unter dem Namen Delial eine Lichtschutzsalbe auf den Markt gebracht. Bayer-Forscher hatten zuvor die Novantisolsäure entdeckt, eine chemische Verbindung, die die UV-Strahlen der Sonne herausfiltern konnte. Leider gab es damals noch keine TV-Werbung und so musste sich der ahnungslose L'Oréal-Chef eine eigene Salbe anfertigen lassen. Während des ersten Tourismus-Booms in den 1960er Jahren, der die Urlauber vor allem in südlich Länder führte, avancierte Delial zum erfolgreichsten Sonnenschutzmittel der Deutschen. 1996 verkaufte Bayer die Marke Delial an den US-Konsumgüterkonzern Sara Lee (Nahrungsmittel, Bekleidung, Körperpflegeprodukte), der sie 2006 an L'Oréal weiterreichte. Die Marken Garnier Ambre Solaire und Delial wurden inzwischen zusammengelegt.

1958 erwarb L'Oreal die Kosmetikfirma Biotherm, einen 1950 in Monaco gegründeten Hersteller von Hautpflegeprodukten, 1960 kam das Haarspray Elnett auf den Markt und 1963 ging das Unternehmen an die Börse, blieb aber mehrheitlich im Besitz der Gründer-Tochter Liliane Bettencourt.

1964 übernahm L'Oréal den von Armand Petitjean gegründeten Parfumhersteller Lancôme. Armand Petitjean (1884 – 1969) war ein Schüler des großen französischen Parfumeurs Francois Coty der Klassiker wie La Rose Jacqueminot (1904), L'Origan (1905) und Chypre (1917) kreiiert hatte. L'Origan war lange Zeit das meistverkaufte Parfum der Welt und Chypre gab später einer ganzen Duftfamilie den Namen. 1935, ein Jahr nach dem Tod seines Lehrers, gründete Petitjean in Paris eine eigene Kosmetikfirma, die er nach dem Schloss Lancosme-Château im mittelfranzösischen Département Loiret benannte, das er bei einem Spaziergang zufällig entdeckt hatte. Das stimmlose »s« ließ er wegfallen, dafür bekam das »o« einen typisch französischen Zirkumflex, ein Kennzeichen für die ausgedehnte Aussprache eines Vokals. Zunächst brachte Lancôme die fünf Parfums Bocages, Conquête, Kypre, Tendres Nuits und Tropiques auf den Markt, 1936 folgte die Creme Nutrix und 1955 die Pflegelinie Oceane, die mit Algen und Spurenelementen angereichertes Meerwasser enthielt.

1965 erwarb L'Oréal das 1904 von dem Pharmazeuten Alfred Amour Garnier gegründete Laboratoires Garnier Paris, 1966 gab es erstmals die Coloration Récital und 1968 etablierte der Konzern in dem Kurort Vichy die gleichnamige Tochtergesellschaft, deren Pflegeprodukte hauptsächlich in Apotheken und Parfümerien verkauft werden.

1973 erwarb L'Oréal das Pharma-Unternehmen Synthélabo (wurde 1999 mit Sanofi zusammengeschlossen), 1980 den US-Kosmetikhersteller Helena Rubinstein, 1991 Dralle aus Deutschland, 1993 Redken 5th Avenue NYC, 1995 Jade Cosmetic aus Frankfurt am Main, 1996 die US-Firma Maybelline, 2004 die japanische Kosmetikfirma Shu Uemura, die chinesische Kosmetikfirma Yue Sai sowie die britische Naturkosmetik-Kette The Body Shop (wurde 2017 an brasilianischen Kosmetikkonzern Natura verkauft), 2006 die deutsche Sonnenschutzmarke Delial und 2008 YSL Beauté, die Kosmetiksparte von Yves Saint Laurent (Balenciaga, Boucheron, Ermenegildo Zegna, Gucci, Oscar de la Renta, Roger & Gallet, Stella McCartney, Van Cleef & Arpels, Yves Saint Laurent). Außerdem stellt der Konzern die Parfums für Cacharel, Diesel, Giorgio Armani, Guy Laroche, Paloma Picasso und Ralph Lauren her. 2019 erwarb L'Oreal von Clarins die Sparten Azzaro Perfumes und Thierry Mugler Perfumes.

1974 veräußerte Liliane Bettencourt (1922 – 2017) 49 Prozent der Holdinggesellschaft Gesparal, die die Mehrheit der L'Oréal-Anteile hält, an den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé; der Rest befindet sich weiterhin im Besitz der Bettencourt-Familie. Hintergrund war die Befürchtung der Erbin, der Konzern könnte verstaatlicht werden. Zu dieser Zeit gab es in einigen europäischen Ländern (Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien) zahlreiche Staatsunternehmen (u.a. Aérospatiale, Alfa-Romeo, British Aerospace, British Leyland, Elf-Aquitaine, ENI-Agip, Jaguar, Land-Rover, MV-Agusta, Renault, Rolls-Royce, Total).

L'Oréal Logo