Markenlexikon

Lanz

Ursprungsland: Deutschland

Der Kaufmann Heinrich Lanz (1838 – 1905) arbeitete ab 1859 in der Mannheimer Importfirma seiner Eltern, die mit Dünger und Landmaschinen handelte. 1860 richtete er sich in seinem Gartenhaus eine Werkstatt zur Reparatur von Landmaschinen ein und stellte zwei Mitarbeiter an, die zuvor in England geschult worden waren. Da es in Deutschland zu dieser Zeit noch wenig Landmaschinenhersteller gab und die Nachfrage stetig stieg, begann er 1867 gemeinsam mit einem seiner Brüder mit der Herstellung von Futterschneid- und Dreschmaschinen für den Hand- oder Göpelbetrieb. Ende 1870er Jahre kamen Dampfmaschinenanlagen zum Antrieb von landwirtschaftlichen Geräten (Lokomobile), Dampfdreschmaschinen, Langstrohpressen und Selbstbinderpressen dazu. 1863/1864 entstand eine Zweigniederlassung in Regensburg. 1870 löste Lanz den Landmschinenbereich aus der Handelsfirma heraus und gründete die Firma Heinrich Lanz & Co. OHG in Mannheim und Regensburg. Um Unfälle zu verhindern, stattete Lanz ab 1887 alle seine Geräte mit Schutzvorrichtungen aus.

Nach dem Tod des Gründers führten seine Witwe Julia und die vier Kinder, insbesondere der Maschinenbauingenieur Karl Lanz (1873 – 1921), das Unternehmen weiter. Zu dieser Zeit war Lanz mit über 3000 Mitarbeitern die größte Landmaschinenfabrik auf dem europäischen Festland. Bald darauf begann das Unternehmen mit dem Bau von Straßenlokomobilen (Dampftraktoren). 1916 beteiligte sich Lanz an der Zweibrückener Landmaschinenfabrik Wery AG (vollständige Übernahme 1931).

1909 gründeten der Schiffbauingenieur Johann Schütte und Karl Lanz die Firma Luftschiffbau Schütte-Lanz (Mannheim-Rheinau), die in ihren Werken Brühl bei Mannheim und Zeesen (ab 1916) zwischen 1911 und 1918 24 Luftschiffe für das Militär baute. Daneben fertigte das Werk Zeesen während 1. Weltkriegs rund 500 Jagdflugzeuge und Bomber. 1925 wurde dieses Unternehmen, das kurzzeitig auch Autokarosserien (1920 – 1924) und Automobile (1922 – 1924) produziert hatte, aufgelöst. Teile der Firma bestanden unter dem Namen Schütte-Lanz jedoch noch bis 2007 weiter. Zuletzt fertigte die Finnforest Schütte-Lanz GmbH (Brühl) Verschalungsplatten.

Nach einer Liquiditätskrise Mitte der 1920er Jahre wurde das Familienunternehmen unter Führung der Deutschen Bank 1925 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (Heinrich Lanz AG). 1931 schied die Lanz-Familie aus dem Unternehmen aus und verkaufte ihre noch verbliebenen Anteile. 1927 übernahm die R. Wolf A.G. aus Magdeburg-Buckau von Lanz die Bereiche Lokomobilen und Stationärmotoren, im Gegenzug erhielt Lanz die Sparten Dreschmaschinenbau und Schlepperbau von R.Wolf (zwischen beiden Unternehmen hatte bereits seit 1924 eine Interessengemeinschaft bestanden).

Lanz Bulldog
Lanz Bulldog

Das berühmteste Produkt von Lanz war der Bulldog, ein Ackerschlepper mit Rohölmotor und Glühkopfzündung, der 1921 vorgestellt wurde (Modell HR) und 1923 in die Serienproduktion ging (Modell HP). Der von dem Lanz-Ingenieur Fritz Huber von 1918 bis 1921 entwickelte 12-PS-Einzyinder-Zweitakt-Glühkopfmotor, der zunächst als Stationärmotor zum Einsatz kam, basierte auf dem Akroyd-Motor, den der Engländer Herbert Akroyd Stuart 1890 erfunden hatte. Diese Motoren erreichten durch ihr niedriges Verdichtungsverhältnis nur einen mäßigen Wirkungsgrad bei einem recht hohem Kraftstoffverbrauch. Da sie jedoch mit billigem Rohöl oder Pflanzenöl liefen und außerdem robuster waren, als die ersten Dieselmotoren, setzte sie sich bei den frühen Traktoren durch und verdrängten nach und nach den Dampfantrieb.

Die ersten Bulldogs besaßen entweder ein Eingang- oder Zweiganggetriebe, das sich nur im Stand schalten ließ. Einen Rückwärtsgang gab es nicht. Zum Rückwärtsfahren musste erst die Drehrichtung des Motors umgestellt werden, was viel Übung erforderte. Erst das Modell H2 von 1928 besaß einen Ruckwärtsgang. Je nach Variante erreichten die Schlepper eine Höchstgeschwindigkeit von 4,2 und 12 km/h. Die meisten Bulldogs hatten eine kuppelbare Riemenscheibe, mit der über einen Treibriemen zahlreiche Zusatzgeräte im stationären Betrieb angetrieben werden konnten (u.a. Ballenpressen, Dreschmaschinen, Heu- und Erntegutförderer, Feldhäcksler, Kreissägen, Mahlwerke, Steinbrecher, Wasserpumpen). Das Modell HP besaß bereits Allradantrieb und eine Knicklenkung.

Die Bulldogs wurden im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt, sie bekamen Luftbereifung (anstatt Vollgummibereifung für die Straße und Eisenbereifung auf dem Acker), mechanische Hubwerke für Anbaugeräte und Anfang der 1950er Jahre erst Einzylinder-Halbdieselmotoren (Mitteldruckmotor) und dann schließlich mehrzylindrige Volldieselmotoren (ab 1955), die wesentlich laufruhiger waren. Neben den Traktoren und Raupenschleppern (1927 – 1946) produzierte Lanz auch weiterhin eine Vielzahl von Landwirtschaftsmachinen, u.a. ab 1954 selbstfahrende Mähdrescher und ab 1955 Geräteträger (Lanz Alldog).

Als der Absatz von Landmaschinen nach dem Boom in der Nachkriegszeit stark zurückging, verkaufte die Süddeutsche Bank AG (München), die nach dem Krieg aus der Deutschen Bank AG hervorgegangen war, ihre Anteile an der Heinrich Lanz AG 1956 an den US-Traktoren- und Landmaschinenkonzern John Deere & Company, der bereits 1953 Interesse an Lanz gezeigt hatte. In den nächsten Jahren wurde das Unternehmen nach und nach in den US-Konzern integriert. 1958 verschwand die Lanz-Farbkombination Blau-Rot zugunsten der Deere-Hausfarben Grün-Gelb, 1960 wurde die Heinrich Lanz AG in John Deere Lanz AG umbenannt und gleichzeitig endete die Produktion der Bulldog-Traktoren-Baureihe. Insgesamt waren von 1921 an mehr als 200.000 Exemplare des Bulldog gebaut worden. 1967 gab John Deere auch den Namen Lanz auf. Die deutsche Tochtergesellschaft firmierte nun als John Deere Werke Mannheim, Zweigniederlassung der Deere & Company. Die John-Deere-Lanz-Verwaltung AG (Rechtsnachfolgerin der Heinrich Lanz AG) beschäftigte sich fortan mit der Verwaltung des Mannheimer Werkes, das heute das größte Traktorenwerk Deutschlands ist und der größte Deere-Standort außerhalb der USA.

Neben der Heinrich Lanz AG gab es noch einen zweiten Traktorenhersteller mit dem Namen Lanz. Das 1888 von Hermann Lanz im oberschwäbischen Aulendorf als Schlosserei gegründete Unternehmen, das ab 1919 landwirtschaftliche Geräte und ab 1929 Dieselschlepper baute, trat jedoch unter dem Namen Hela (HErmann LAnz) auf und bestand bis 1983.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain

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