Markenlexikon

Kraft

Ursprungsland: USA

James Lewis Kraft (1874 – 1953), ein in Kanada geborener Sohn deutscher Einwanderer, kam 1902 nach Buffalo, wo er zunächst als Sekretär und Buchhalter bei einer Käsefirma arbeitete. 1903 ging er nach Chicago, mietete sich dort ein Pferdefuhrwerk und verkaufte Käse an lokale Einzelhändler, den er zuvor bei Großhändlern erworben hatte. Anfangs lief das Geschäft miserabel, denn Käse war im Fleischland USA zu dieser Zeit wenig verbreitet. Trotzdem machte Kraft weiter und 1909 gründete er gemeinsam mit seinen fünf Brüdern die Firma J.L. Kraft and Bros. Company. 1914 errichtete Kraft in Stockton/Illinois eine eigene Käsefabrik, die ein Jahr später, rechtzeitig zum Beginn des 1. Weltkriegs, mit der Herstellung von Schmelzkäse in Dosen begann, der in großen Mengen an die US Army geliefert wurde. 1915 entwickelte Kraft ein Pasteurisierung-Verfahren, mit dem Käse länger haltbar gemacht werden konnte. Dadurch war es nun möglich, Käse ohne Kühlung über große Entfernungen zu transportieren. In den 1920er Jahren eröffnete das Unternehmen, das ab 1924 als Kraft Cheese Company firmierte und an den Börsen von Chicago (1924) und New York (1926) gelistet war, die ersten Niederlassungen in Kanada (1919), London (1927) und Hamburg (1927).

1927 erwarb Kraft die Velveeta Cheese Company, einen 1923 gegründeten Käsehersteller, und 1928 die Phenix Cheese Company, der die Frischkäse-Marke Philadelphia gehörte. Anschließend benannte sich das Unternehmen in Kraft-Phenix Cheese Company um. Frischkäse wurde zuerst in England in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hergestellt (1583), in Frankreich ist er ab 1651 nachweisbar. In den USA tauchte er erstmals in Kochbüchern und Zeitungen Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Die Gegend um Philadelphia entwickelte sich in der zweiten Dekade des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Frischkäseherstellung. Damals wurde er auf zahlreichen Familien-Farmen meist nur für den eigenen Verbrauch hergestellt. William A. Lawrence, der 1873 eine Käsefabrik in Chester/New York gekauft hatte, begann kurz darauf mit der Massenproduktion von Frischkäse. In Zusammenhang mit der Errichtung einer größeren Käsefabrik tat sich Lawrence 1879 mit dem Kaufmann Samuel S. Durland zusammen. 1880 übernahm Alvah L. Reynolds, ein New Yorker Käsehändler, den Vertrieb für Lawrence & Durland; er lies sich auch den Markennamen Philadelphia Cream Cheese einfallen, der damals eine ähnliche Bedeutung hatte, wie heute etwa Gouda, Edamer oder Tilsiter – Käsesorten die nicht zwingend aus diesen Städten kommen müssen. Reynolds verkaufte auch den Frischkäse anderer Hersteller unter der Marke Philadelphia und 1892 erwarb er die Empire Cheese Company aus South Edmeston/New York, sodass er nun selbst Käse produzieren konnte. Im Jahr 1900 brannte seine Fabrik jedoch ab. 1903 verkaufte Reynolds die Rechte an der Marke Philadelphia an die Phenix Cheese Company aus Chicago.

1930 wurde Kraft-Phenix von der National Dairy Products Corporation, einem der drei großen US-Milch- und Käsehersteller (National, Borden, Kraft) übernommen. National Dairy war erst 1923 durch den Zusammenschluss der Hydrox Corporation aus Chicago, einem Eiscremehersteller, und der Rieck McJunkin Dairy Company aus Pittsburgh entstanden. Kraft selbst firmierte als National-Dairy-Tochter ab 1945 unter dem Firmennamen Kraft Foods Company.

1933 brachte Kraft mit Miracle Whip eine besonders lockere und würzige Salatcreme auf den Markt; in den Jahren zuvor hatte Kraft die Dressinghersteller Milani (1925) und A.E. Wright (1928) übernommen, die die damals bekannten Marken Milani's French, Milani's Roquefort und Wright's French produzierten. Auf der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten für den Käse erfand das Unternehmen 1937 mit Kraft Macaroni and Cheese Dinner eines der ersten Fertiggerichte (Slogan: »Make a meal for 4 in 9 minutes«). Passend zum deutschen Tourismusboom, der sich zunächst vor allem auf Italien konzentrierte, brachte Kraft 1961 auch in Deutschland ein ähnliches Fertiggericht unter dem Namen Mirácoli (von ital. mirácolo = Wunder) auf den Markt. Eine weitere Innovation waren 1950 die dünnen schnittfesten Schmelzkäse-Scheibletten, die im Original Kraft Deluxe hießen. Mit Käse, Fertiggerichten, Ketchup, Joghurt und Salatdressings entwickelte sich Kraft in den nächsten Jahrzehnten zu einem weltweit führenden Hersteller von abgepackten Nahrungsmitteln.

1969 benannte sich die National Dairy Products Corporation erst in Kraftco Corporation um und dann 1976 noch einmal in Kraft Inc. Der Firmensitz befand sich seit 1972 in Glenview/Illinois, einem Vorort von Chicago. 1980 wurde Kraft durch die Holdinggesellschaft Dart Industries (Duracell, Tupperware, West Bend Cookware, Wilsonart Plastics, Thatcher Glass) übernommen. Dart & Kraft teilte sich 1986 wieder in mehrere Einzelunternehmen auf: Kraft kam 1988 unter das Dach des Tabakkonzerns Philip Morris (Marlboro) und wurde 1989 mit der General Foods Corporation aus White Plains/New York (Baker's Chocolate, Birds Eye, Cefrisch, Gevalia, Hellmann's Blue Ribbon Mayonnaise, Jell-O Gelatin Desserts, Kaba, Kaffee HAG, Kool Aid, Log Cabin Syrup, Maxwell House Coffee, Minute Rice, Minute Tapioca, Onko, Oscar Mayer, Post Cereals, Reis-Fit, Sanka, Swans Down, Tang, Yuban), einer weiteren Philip-Morris-Tochter, zusammengeschlossen (Kraft General Foods Inc., ab 1995 Kraft Foods Inc.).

Philadelphia
Philadelphia

Der Tabakkonzern Philip Morris, der seit den frühen 1970er Jahren die Strategie verfolgte, sich neben dem Tabakgeschäft noch ein zweites Standbein im Nahrungsmittelbereich aufzubauen (u.a. 1970 Übernahme der Brauerei Miller Brewing, 1985 General Foods), erwarb 1990 noch die Schweizer Jacobs-Suchard AG mit ihren vor allem in Europa erfolgreichen Marken Côte d'Or, Jacobs Kaffee, Milka, Suchard Express und Toblerone, 1993 den norwegischen Süßwarenhersteller Freia-Marabou, 2000 den US-Keks- und Snackkonzern Nabisco (Chips Ahoy, Oreo, Ritz Cracker), die frühere National Biscuit Company, und 2007 die Gebäcksparte des französischen Danone-Konzerns (LU, Mikado, Pepito, Pim's, Prince, TUC). 2003 benannte sich Philip Morris in Altria Group (von lat. altus = hoch) um; als Philip Morris firmierte nun nur noch der Tabakbereich. Die Zerealiensparte mit der Marke Post wurde 2008 an Ralcorp Holdings (Ralston Foods) verkauft, das nordamerikanische Tiefkühlpizza-Geschäft (California Pizza Kitchen, Delissio, DiGiorno, Jack's, Tombstone) an den Schweizer Rivalen Nestlé. 2001 brachte Philip Morris Kraft Foods an die Börse, hielt aber weiterhin 87 Prozent der Anteile. 2007 verkaufte die Altria Group das Unternehmen an seine eigenen Aktionäre. 2010 erwarb Kraft die Mehrheit des britischen Süßwarenherstellers Cadbury, wodurch der Konzern zum Weltmarktführer bei Süßwaren aufstieg.

Im Oktober 2012 benannte sich Kraft Foods in Mondelēz International Inc. (Deerfield/Illinois; Süßwaren, Snacks, Kaffee, International Foods) um und verkaufte das nordamerikanische Nahrungsmittelgeschäft (USA, Kanada) unter dem Namen Kraft Foods Group Inc. (Northfield/Illinois) anschließend an seine Aktionäre. Beide Unternehmen sind nun an der US-Technologiebörse NASDAQ notiert. Der neue Firmenname Mondelēz setzt sich aus den Worten »Monde« (Welt) und »Delez« (Anspielung auf das englische »delicious« = lecker) zusammen. Die Fertiggericht-Marke Mirácoli hatte Kraft Foods bereits kurz zuvor an den Süßwaren- und Nahrungsmittelkonzern Mars verkauft.

Die Kraft Foods Group produzierte u.a. die Marken A1 Steak Sauce, Athenos, Breakstone's, Capri-Sun, Cheez Whiz, Claussen, Cool Whip, Country Time, Cracker Barrel, Crystal Light, Gevalia, Jell-O, Jet-Puffed, Kool-Aid, Kraft Barbeque Sauce, Kraft Macaroni and Cheese Dinner, Kraft Miracle Whip, Kraft Natural Cheese, Kraft Salad Dressings, Kraft Singles, Lunchables, Maxwell House, MiO, Miracle Whip (nur Nordamerika), Oscar Mayer, Philadelphia (nur Nordamerika), Planters, Polly-O, Stove Top, Tassimo und Velveeta.

Mondelēz International gehörten die Marken Alpen Gold, Barni, Belvita, Bubbaloo, Bulls-Eye, Cadbury, Carte Noire, Cheese Nips, Chiclets, Chips Ahoy, Club Social, Côte d'Or, Dentyne, Honey Maid, Kaba, Kenco, Kraft Ketchup (außer Nordamerika), Lacta, LU, Marabou, Milka, Mikado, Miracel Whip (außer USA und Kanada), Nabisco, Newtons, Nilla, Nutter Butter, Philadelphia (außer Nordamerika), Oreo, Prince, Ritz Cracker, Stimorol, Stride, Suchard, Tang, Tassimo, Toblerone, Trakinas, Trident, Triscuit, TUC und Wheat Thins.

Das Kaffeegeschäft (Café HAG, Carte Noire, Gevalia, Jacobs, Kenco, Maxwell House, Millicanao, Onko, Sanka, Tassimo, Yuban) wurde 2014 mit dem von D.E Master Blenders 1753 (Douwe Egberts, Pickwick, Senseo) in dem Jointventure Jacobs Douwe Egberts Amsterdam (JDE) zusammengeschlossen. Die Finanzholding Joh. A. Benckiser SE Wien (JAB), Eigentümer von D.E Master Blenders 1753, war anfangs über die Acorn Holdings B.V. zu 51 Prozent an JDE beteiligt, Mondelēz International mit 49 Prozent. Inzwischen gehört den JAB-Töchtern Delta Charger HoldCo B.V. (56.11 Prozent) und JDE Holding Minority B.V. (17.00 Prozent) die Mehrheit. Der Mondelēz Coffee HoldCo B.V. ist mit 26.36 Prozent an JDE beteiligt (Stand 2020).

2015 schlossen sich die Kraft Foods Group (Northfield/Illinois) und die H.J. Heinz Company (Pittsburgh/Pennsylvania) zur The Kraft Heinz Company (Chicago/Illinois) zusammen. Die Marke Kraft wird heute nur noch in Nordamerika verwendet (Kraft BBQ Sauce, Kraft Caramels, Kraft Cheez Whiz, Kraft Cool Whip, Kraft Dinner, Kraft Dressings, Kraft Jet Puffed, Kraft Macaroni and Cheese Dinner, Kraft Maya, Kraft Miracle Whip, Kraft Natural Cheese, Kraft Peanut Butter, Kraft Singles, Kraft Shake'n Bake, Kraft Stove Top, Kraft Velveeta). Den Frischkäse Philadelphia produziert Kraft-Heinz (Nordamerika) und Mondelēz (außerhalb Nordamerikas).

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