Markenlexikon

Kenworth

Ursprungsland: USA

Der im Elsass geborene Louis Gerlinger (1853 – 1948) ging im Alter von siebzehn Jahren nach Chicago, wo er ein Geschäft für Saloon-Inventar gründete. 1894 erwarb er eine Brauerei in Vancouver (Kanada), die ihm bis 1897 gehörte. Darüber hinaus war er an der Gründung von zwei Eisenbahngesellschaften (1896 Portland, Vancouver and Yakima Railroad; 1901 Salem, Falls City and Western Railway Company) und einem Forstunternehmen (1906 Willamette Valley Lumber Company) beteiligt.

Seine Söhne George Gerlinger und Louis Gerlinger Jr. machten sich 1912 in Portland/Washington mit der Gerlinger Motor Car Company, einer Verkaufs- und Reparaturfirma für Autos und Lastwagen, selbstständig. 1915 begann die Firma einen eigenen Lastwagen zu konstruieren, der wegen des Sechszylindermotors Gersix genannt wurde. 1916 zog das Unternehmen nach Tacoma/Washington um. Das Gebäude, das als Produktionshalle diente, gehörte der Mutter des Geschäftsmanns Edgar Worthington. 1917 geriet die für die Lastwagenproduktion zuständige Gerlinger Manufacturing Company jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und ging Bankrott.

Neue Eigentümer der Firmenreste wurden Edgar Worthington und sein Partner Frederick Kent; sie gründeten die Gersix Manufacturing Company neu. 1919 zog sich Frederick Kent aus dem Geschäft zurück, neuer Partner von Edgar Worthington wurde sein Sohn Harry Kent (1881 – 1937). Mitte der 1920er Jahre verkaufte Gersix rund achtzig Lastwagen pro Jahr. Bereits damals wurde jeder Truck nur auf Bestellung eines Kunden gebaut, eine Serie gab es nicht.

Um an neues Kapital zu kommen, wandelten Kent und Worthington Gersix 1923 in eine Aktiengesellschaft um; das Unternehmen hieß nun Kenworth Motor Truck Company mit Sitz in Seattle. 1926 baute die Firma ihren ersten Omnibus (die Busproduktion wurde 1956 eingestellt), 1932 einen Feuerwehrwagen und 1933 brachte Kenworth den ersten US-Truck mit Diesel-Motor und werksseitig eingebauter Schlafkabine auf den Markt.

Nachdem die Hauptanteilseigner Phil Johnson, Harry Kent und Frederick Fisher verstorben waren, verkauften ihre Witwen das Unternehmen 1944 an die Pacific Car and Foundry Company (Paccar), die 1958 auch die Peterbilt Motors Company erwarb. Paccar war eine Industriekonzern aus Seattle, der u. a. Eisenbahnwaggons, Sattelauflieger, Luftbremsen, Panzer, Stahl und Flugzeugtragflächen herstellte.

Kenworth
Kenworth

1961 brachte Kenworth den Class-8-Conventional-Truck W900 auf den Markt, der bis heute gebaut wird. Besonders die zweite (ab 1965) und dritte Generation (ab 1982) wurde zum US-Truck-Klassiker schlechthin: kantig, aggressiv und individuell. Lediglich die Modelle der Schwestermarke Peterbilt haben ein ähnliches Erscheinungsbild. Beide Firmen sind die letzten namhaften Hersteller individueller Conventional-Trucks (mit langer Motorhaube) für Owner-Operators (selbstständige Trucker), die teilweise noch von Hand und auf Bestellung gefertigt werden. Die Fahrzeuge der Klasse 8 (15 – 36 Tonnen) kommen vor allem im Überlandverkehr auf den Highways zum Einsatz. Die Dieselmotoren werden meist von Caterpillar, Cummins oder Detroit Diesel zugeliefert; es gibt aber auch Eigenkonstruktionen von Paccar.

In Europa sind die Lang- und Kurzhauber bei mittelschweren bis schweren Lastwagen in den 1970er Jahren aufgrund restriktiver Längenbeschränkungen fast vollständig verschwunden, in den USA und Australien ist jedoch nur die Laderaumlänge vorgeschrieben, nicht aber die Gesamtlänge der Fahrzeuge.

Kenworth fertigt auch Standardtrucks und Frontlenker-Lastwagen (Cabover). Die Kabine der mittelschweren Frontlenker von Kenworth und Peterbilt ist baugleich mit denen des DAF LF, der in Leyland (Großbritannien) produziert wird (DAF und Leyland Trucks gehören ebenfalls zu Paccar).

Produziert werden die Kenworth-Trucks in Bayswater/Australien (seit 1971), Chillicothe/Ohio (seit 1974), Sainte-Thérèse/Quebec (seit 1999) und Renton/Washington (seit 1993). Der Hauptsitz der Kenworth Truck Company befindet sich in Kirkland/Washington (ein Vorort von Seattle).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain