Markenlexikon

Kaufhof

Ursprungsland: Deutschland

Der Kaufmann Leonhard Tietz (1849 – 1914) erwarb 1879 in Stralsund ein kleines Textilgeschäft mit 25 Quadratmetern Verkaufsfläche. Das Startkapital von dreitausend Talern hatte ihm ein Schulfreund geliehen. Sein Bruder Oskar und dessen Onkel Hermann machten sich 1882 mit einem eigenen Textilladen in Gera selbstständig. Wie auch bei Karstadt in Wismar mussten die Kunden im Gegensatz zum damals noch üblichen Handeln die festen Preise der Waren in bar bezahlen. Ab 1889 entstanden weitere Filialen, vor allem im Raum Köln, wo sich seit 1891 auch der Firmensitz befand. Leonhard Tietz konzentrierte sich fortan vor allem auf den Westen Deutschlands und Belgien, sein Bruder auf den Süden und Osten. 1905 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, blieb aber mehrheitlich in Familienhand.

1925 etablierte Leonhard Tietz die Niedrigpreiskette EHAPE (Einheitspreis Handels Gesellschaft), die 1937 in Rheinische Kaufhalle umbenannt wurde (später nur noch Kaufhalle). Der Begriff Kaufhalle war übrigens auch in der damaligen DDR eine übliche Bezeichnung für größere Lebensmittelgeschäfte.

1933 wurde die jüdische Tietz-Familie durch die Nationalsozialisten zwangsenteignet. Die Aktienanteile übernahmen die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Dresdner Bank, der Textilunternehmer Abraham Frowein und zahlreiche Privataktionäre. Alfred Leonhard Tietz, der Sohn des Gründers, ging mit seiner Familie erst nach Holland und 1940 nach Jerusalem, wo er ein Jahr später starb. Um den jüdischen Ursprung der Unternehmen zu verschleiern, benannten die Nazis Hermann Tietz in Hertie und Leonard Tietz in Kaufhof um. Während des Zweiten Weltkriegs wurden fast alle vierzig Kaufhof-Warenhäuser teilweise oder vollständig zerstört. Die Tietz-Familie bekam später vom Kaufhof-Konzern eine Entschädigung in Höhe von fünf Millionen DM.

Kaufhof
Kaufhof

In der Nachkriegszeit wurde das Unternehmen nach und nach wieder aufgebaut, so dass es neben Karstadt, Hertie und Horten bald zu den führenden deutschen Warenhauskonzernen gehörte. 1970 gründete Kaufhof den Reiseveranstalter ITS (International Tourist Service).

1980 beteiligte sich der Großhandelskonzern Metro und die Schweizerische Bankgesellschaft an Kaufhof; bis 1987 wurde daraus eine Metro-Mehrheitsbeteiligung. 1986 erwarb Kaufhof den Schuhfilialisten Reno, 1988 die Elektronikfachmarktkette Media Markt, 1990 Saturn-Hansa, ebenfalls eine Elektronikfachmarktkette, und 1994 den Warenhauskonzern Horten, der ab 1988 in einigen seiner Filialen das Galeria-Konzept eingeführt hatte (diverse selbstständige Fachgeschäfte in einem Warenhaus). Die damals 99 Kaufhalle-Filialen wurden 1998 in die Metro-Beteiligungsgesellschaft Divaco ausgegliedert. Mit der Übernahme des belgischen Warenhaus-Unternehmens Inno begann Kaufhof 2001 die Expansion ins europäische Ausland.

2015 verkaufte der Metro-Konzern das Unternehmen Galeria Kaufhof mit 104 deutschen Warenhäusern, 16 Sportarena-Sportartikel-Läden und 16 belgischen Galeria-Inno-Warenhäusern an den kanadischen Einzelhandelskonzern Hudson's Bay Company, der es bereits 2018/2019 an den östereichischen Immobilienkonzern Signa Holding (Alsterhaus Hamburg, Karstadt Warenhäuser, KaDeWe Berlin, Oberpollinger München) weiterreichte. 2020 wurden beide Unternehmen zusammengeschlossen (Galeria Karstadt Kaufhof).

In den frühen 2020er Jahren kam Galeria Karstadt Kaufhof mehrmals in finanzielle Schwierigkeiten, teilweise infolge der Corona-Pandemie (2020 Schutzschirmverfahren, Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, 2022 Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung, 2023 Insolvenzverfahren). In dieser Zeit wurden fast fünfzig unrentable Warenhäuser geschlossen. Ausgelöst durch die Insolvenz der Muttergesellschaft Signa im November 2023 befindet sich Galeria Karstadt Kaufhof seit Januar 2024 erneut in einem Insolvenzverfahren.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain