Markenlexikon
Der »Lebenssaft« jedes Computers ist der elektrische Strom. Und der kann nur zwei Dinge, entweder fließen oder nicht fließen. Um den Strom zu steuern, benötigt man also Schalter. Diese Aufgabe übernahmen zunächst elektromechanische Relais, wie beispielsweise beim deutschen Zuse Z3 (1941) oder beim IBM Harvard Mark 1 (1944). Der nächste Schritt waren die gut tausendmal schnelleren Elektronenröhren, die ab Mitte der 1940er Jahre in den ersten Großrechnern wie dem britischen Colossus und dem amerikanischen ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Computer) zum Einsatz kamen. Sie verbrauchten jedoch enorm viel Strom und waren nicht besonders langlebig. Beim ENIAC mussten beispielsweise jeden Tag mehrere defekte Röhren ausgetauscht werden, sodass nicht Wissenschaftler die meiste Zeit an diesem Rechner verbrachten, sondern Elektriker. 1947 entwickelten William Bradford Shockley, John Bardeen und Walter Houser Brattain in den Bell Laboratories des Telefonkonzerns AT&T (American Telephone and Telegraph Company) den Transistor. Während der Strom in einer Röhre im Vakuum von plus nach minus fließt, geschieht dies beim Transistor in einem Festkörper, der anfangs aus dem teuren Halbleitermetall Germanium und ab Mitte der 1950er Jahre aus dem billigeren Silizium bestand. Der Transistor schaltete hundertmal schneller als eine Röhre, verbrauchte weniger Strom und war wesentlich störunanfälliger.
Kurz nachdem die drei Erfinder 1956 den Physik-Nobelpreis erhalten hatten, gründete Shockley im kalifornischen Palo Alto das Shockley Transistor Laboratory. Mit von der Partie waren acht ehemalige Angestellte der Bell Laboratories. Da sich Shockley jedoch als Tyrann erwies, riefen Gordon Moore, Sheldon Roberts, Eugene Kleiner, Victor Grinich, Julius Blank, Jean Hoerni, Jay Last und Robert Noyce 1957 mit finanzieller Hilfe der Fairchild Camera and Instrument Corporation in Mountain View die Fairchild Semiconductor Company ins Leben. Dem 1920 von Sherman Mills Fairchild (1896 – 1971) gegründeten Fairchild-Konzern gehörten im Laufe der Jahrzehnte diverse Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtbranche (u.a. Kreider-Reisner Aircraft, Fairchild-Hiller Helicopters, Fairchild-Republic Aviation, Swearingen Aviation, Fairchild Industries, Fairchild Aircraft, Fairchild Aerospace, Fairchild-Dornier). Fairchild Semiconductor wurde in den 1960er Jahren zum Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Neugründungen im Silicon Valley (AMD, Intel, National Semiconductor, Signetics), sodass man bald von der »Fairchild-Familie« sprach.
1958 gelang Jack Kilby (1923 – 2005) bei Texas Instruments (TI) ein weiterer Meilenstein in der Halbleiterentwicklung. Er integrierte vier Transistoren und vier Kondensatoren auf einem Halbleiterplättchen aus Germanium und schuf so die erste integrierte Schaltung (Integrated Circuit oder IC), die bald nur noch als Chip bezeichnet wurde. Auf Basis solcher Chips entwickelte Texas Instruments später die ersten Taschenrechner. 1964 kamen die ersten Rechner mit integrierten Schaltungen auf den Markt und 1968 gab es die ersten Computer, die nur noch Chips verwendeten. Zwei Jahre später entwickelten Gary W. Boone und Michael J. Cochran bei Texas Instruments den ersten Mikroprozessor, indem sie mehrere Chips miteinander verbanden und auf einem unterbrachten.
Robert Norton Noyce (1927 – 1990) und Gordon Earle Moore (1929 – 2023) gründeten 1968 in Mountain View schließlich ihre eigene Firma, die zunächst NM Electronics hieß, aber schon kurze Zeit später in Intel (Integrated Technology) umbenannt wurde. Das neue Unternehmen produzierte zunächst elektronische Datenspeicher auf Halbleiterbasis. 1969 beauftragte die japanische Firma Busicom (Business Computer Corporation) Intel mit der Entwicklung eines Chipsatzes, der in Taschenrechnern Rechenvorgänge erlauben sollte, die bis dahin nur in Computern möglich waren. Die Intel-Mitarbeiter Marcian Edward (Ted) Hoff, Stan Mazor, Federico Faggin (von Fairchild) und Masatoshi Shima (von Busicom) kamen dann auf die gleiche Idee wie ihre Kollegen bei Texas Instruments. Ob sie von deren Erfindung Kenntnis hatten ist nicht bekannt. Boone und Cochran sind jedenfalls Inhaber des entsprechendes Patents und gelten damit offiziell als Erfinder des Mikroprozessors. Intel lieferte die ersten Mikroprozessoren – damals noch »Microcomputer on a chip« genannt – vom Typ i4004 (2300 Transistoren; 0,4 MHz, 4 Bit) im Februar 1971 an Busicom aus. Dort wurden sie dann in die Tischrechner eingebaut. Im Oktober 1971 kam das Gerät unter der Bezeichnung 141-PF auf den Markt. Ungefähr 100.000 Exemplare wurden verkauft, Busicom ging jedoch 1973 in Konkurs. Zuvor hatte Intel die Rechte an seinem i4004-Mikroprozesor von Busicom für 60.000 US-Dollar zurück gekauft, denn inzwischen war den Intel-Verantwortlichen klar geworden, dass sich Mikroprozessoren auch anderweitig einsetzen ließen.
1972 begann Intel daher mit der berühmten Kampagne »A computer on a chip« für den Mikroprozessor landesweit zu werben. Mit Erfolg. Der »Altair«, der Urvater aller Home- und Personal-Computer, wurde 1975 auf Basis des 8-Bit-Prozessors i8080 (1974; 4500 Transistoren; 2 MHz; 8 Bit) entwickelt. Die meisten Firmen, die damals mit dem Bau von Micro-Computern begannen, wie etwa Apple, Commodore, Tandy/RadioShack oder Atari, verwendeten allerdings Mikroprozessoren anderer Hersteller, meist die des Elektronikkonzerns Motorola, der bereits seit 1949 Halbleiterbauelemente herstellte und seit 1974 auch Mikroprozessoren, oder von Zilog, einer Firma, die Federico Faggin und Masatoshi Shima nach ihrem Ausscheiden bei Intel 1975 gegründet hatten. Lediglich DEC (Digital Equipment Corporation) und Imsai (Information Management Services Associates Incorporated) bezogen die Prozessoren von Intel (ebenfalls i8080). Auch Texas Instruments war damals noch wesentlich erfolgreicher bei der Vermarktung der Mikroprozessoren. Zum einen, weil TI die Prozessoren nicht nur selbst herstellte, sondern auch gleich in die eigenen Taschenrechner einbaute, zum anderen, weil die Leistung der ersten Intel-Prozessoren noch zu gering für echte Anwendungen war.
Das änderte sich 1981, als der Computerkonzern IBM für seinen ersten Personal-Computer einen Intel-Prozessor einsetzte (i8088; 1979; 29.000 Transistoren; 5 – 8 MHz; 8/16 Bit Hybrid). Die offene Architektur dieses Systems, das auch andere Unternehmen in die Lage versetzte, Computer lizenzfrei nach dem IBM-Standard zu bauen, führte dazu, dass nahezu alle PC-Hersteller die Mikroprozessoren von Intel verwendeten. Mit den Prozessoren i80286 (1982; 134.000 Transistoren; 6 – 12 MHz; 16 Bit), i80386DX (1985; 275.000 Transistoren; 16 – 33 MHz; 32 Bit), i486DX (1989; 1,2 Mio. Transistoren; 25 – 50 MHz; 32 Bit), Pentium (1993; 3,1 – 3,3 Mio. Transistoren; 60 – 200 MHz; 32 Bit), Pentium II (1997; 7,5 Mio. Transistoren; 233 – 450 MHz; 32 Bit) und Pentium III (1999; 9,5 – 44 Mio. Transistoren; 450 – 1400 MHz; 32 Bit) baute Intel in den 1980er und 1990er Jahren seine Marktposition stetig aus. Richtige Konkurrenz bekam der Konzern erst Anfang der 1990er Jahre, als die Firma Advanced Micro Devices (AMD), die 1969 ebenfalls von mehreren Ex-Fairchild-Angestellten gegründet worden war, auch Mikroprozessoren für PCs auf den Markt brachte. Der 1991 eingeführte Am386DX war der erste Klon eines Intel-Chips (i386DX).
Intel produziert heute Mikroprozessoren für Desktop-Computer, Notebooks, Workstations und Server, außerdem Chipsätze für Mainboards, Grafikchips, Flash-Speicher und Netzwerkkarten. Bei PC-Mikroprozessoren hält das Unternehmen einen Marktanteil von rund 80 Prozent. 2010 erwarb Intel die US-Firma McAfee aus Santa Clara/California, einen weltweit führenden Anbieter von Sicherheits-Software.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain