Markenlexikon

General Motors (GM)

Ursprungsland: USA

William (Bill) Crapo Durant (1861 – 1947) war zunächst Kutschenfabrikant. Seine Firma, die Durant-Dort Carriage Company, gehörte um die Jahrhundertwende zu den größten Kutschenherstellern Nordamerikas. Da die Stunden der Postkutsche zu dieser Zeit aber schon gezählt waren, investierte Durant 1903 in die nicht sonderlich florierende Buick Motor Company, die David Buick im gleichen Jahr gegründet hatte. Bill Durant erwies sich als überragendes Verkaufsgenie, sodass Buick bereits 1907 der zweitgrößte US-Autohersteller nach Ford war.

1908 rief Durant die Holdinggesellschaft General Motors Company (ab 1916 General Motors Corporation) ins Leben, deren erste Tochtergesellschaft Buick daraufhin wurde. Noch im Gründungsjahr von General Motors erwarb Durant den ältesten US-Autohersteller, die 1897 von Ranson Eli Olds (1864 – 1950) gegründeten Olds Motor Works (Oldsmobile) aus Lansing/Michigan. 1909 übernahm GM die Cadillac Motor Car Company aus Detroit und die Pontiac Buggy Company (inkl. der Oakland Motor Company) aus Pontiac/Michigan, außerdem den Lastwagenhersteller Rapid Motor Vehicle Company aus Pontiac. 1911 kam noch die Reliance Motor Truck Company aus Owosso/Michigan hinzu, ebenfalls ein Hersteller von Nutzfahrzeugen. 1912 brachte die neugegründete General Motors Truck Company die ersten Lastwagen unter der Bezeichnung GMC auf den Markt.

1910 musste Durant wegen finanzieller Schwierigkeiten des Konzerns seinen Chefsessel bei General Motors räumen. Kurz darauf wurde er auf Louis Joseph Chevrolet (1878 – 1941) aufmerksam, der mit einem selbst umgebauten Buick erfolgreich Rennen fuhr. Der in der Schweiz geborene und in Frankreich aufgewachsene Chevrolet war 1905 mit seinen Brüdern nach Kanada auswandert und später in die USA gegangen, wo er vor allem als erfolgreicher Rennfahrer Berühmtheit erlangte. 1911 gründeten Louis Chevrolet, William Little und Edwin Cambell (der Schwiegersohn von Bill Durant) mit finanzieller Hilfe Durants in Detroit die Chevrolet Motor Company. Gleichzeitig kam auch das erste Automobil mit dem Namen Chevrolet, der Classic Six, auf den Markt. Das war das einzige Fahrzeug an dessen Konstruktion Louis Chevrolet beteiligt war. Chevrolet, der vor allem große und teure Autos bauen wollte, verließ seine Firma bereits 1913 wieder, nachdem sich Durant als Geldgeber und eigentlicher Chef für den Massenmarkt entschieden hatte. Die enormen Gewinne die Chevrolet mit seinen recht preiswerten Modellen einfuhr, ermöglichten es Durant, sich wieder bei General Motors einzukaufen und in seine ursprüngliche Chefposition zurückzukehren. 1918 wurde Chevrolet neben Buick, Cadillac, GMC, Oldsmobile und Oakland die sechste GM-Marke. War bis dahin Buick der technische und finanzielle Schrittmacher innerhalb des GM-Konzerns gewesen, so wurde nun Chevrolet die führende Marke.

General Motors (GM)
General Motors (GM)

1919 erwarb General Motors die Dayton Engineering Laboratories Company (Delco), die das erste Elektriksystem (Elektroanlasser, elektrische Beleuchtung) für Automobile entwickelt hatte. Der Elektroingenieur und Delco-Gründer Charles Franklin Kettering (1876 – 1958) wurde daraufhin für viele Jahre Entwicklungschef und Vizepräsident der General Motors Research Corporation. Ihm zu Ehren wurde 1955 ein Vorort von Dayton/Ohio, in dem er bis zu seinem Tode lebte, in Kettering umbenannt. Ebenfalls 1919 beteiligte sich General Motors an der Fisher Body Company aus Detroit. Die 1908 von den Brüdern Frederic und Charles Fisher als Stellmacherei gegründete Firma war einer der führenden Hersteller von Holzkarosserien in den USA und Kanada. 1926 kaufte GM auch die restlichen Anteile. 1934 fertigte Fisher die ersten Ganzstahlkarosserien. Kurz darauf verließen die Fisher-Brüder, die nach der Übernahme Direktorenposten bei GM erhalten hatte, den Konzern.

1925 übernahm General Motors die Mehrheit an der Yellow Coach Manufacturing Company, einem erst zwei Jahre zuvor gegründeten Bushersteller aus Chicago, der zuvor John Herz, dem Gründer und Besitzer des Taxi-Unternehmens Yellow Cab Company sowie der Hertz-Autovermietung gehört hatte.

1926 begann General Motors mit der Übernahme des britischen Automobilherstellers Vauxhall/Bedford seine internationale Expansion. 1929/1931 folgte Opel aus Deutschland und 1931 Holden, der lange Zeit führende Autohersteller in Australien und Neuseeland. Die 1950 gegründete Sparte GM Defense produzierte gepanzerte Militärfahrzeuge.

1969/1970 entwickelte die GM-Tochter Delco Electronics gemeinsam mit Boeing und dem Marshall Space Flight Center der NASA die elektrisch betriebenen Mondmobile (Lunar Roving Vehicle), die bei den letzten drei Apollo-Mondlandungen 1971 und 1972 (Apollo 15, 16, 17) zum Einsatz kamen, um die Beweglichkeit der Astronauten zu erhöhen. Die drei LRV stehen bis heute auf dem Mond. 1973 brachte GM unter der Marke GMC erstmals komplette Wohnmobile auf den Markt.

In den frühen 1970er Jahren entwickelte GM das kompakte Weltauto GM-T-Car, das gegen den international vorherrschenden VW-Käfer antrat. Die ersten Fahrzeuge kamen 1973 als Chevrolet Chevette in Brasilien auf den Markt (in den USA erst 1975). Das GM-T-Car wurde unter zahlreichen Marken und Modellbezeichnungen verkauft (u.a. Chevrolet Chevette, Chevrolet Chevy 500, Holden Gemini, Isuzu Gemini, Opel Kadett C, Pontiac T-1000, Vauxhall Chevette, Vauxhall/Bedford Chevanne). Neben dem Chevette waren und sind auch zahlreiche andere Chevrolet-Modelle teilweise oder vollständig baugleich mit denen anderer GM-Marken, vor allem Pontiac, GMC und Holden.

1985 rief General Motors die Tochtergesellschaft Saturn ins Leben, die mit ihren kompakten und preiswerten Modellen den japanischen und europäischen Autoherstellern Konkurrenz machen sollte. Die Produktion begann 1990 in einem neuen Werk in Spring Hill/Tennessee. Das erste Modell war der Saturn S-Series (1991 – 2002), der sich Dank seines moderaten Preises hervorragend verkaufte.

1985 erwarb General Motors die Hughes Aircraft Company und schloss sie mit seiner Tochter Delco Electronics (Fahrzeugelektronik) zur Hughes Electronics Corporation (Hughes Aircraft, Delco Electronics, Hughes Space and Communications, Hughes Network Systems) zusammen. 1992 übernahm Hughes Aircraft das Raketengeschäft von General Dynamics (Advanced Cruise Missile, Phalanx, Rolling Airframe Missile, Stinger, Tomahawk) und 1995 Magnavox Electronic Systems (Elektronische Kriegsführung). 1993 gründete Hughes Electronics die Tochtergesellschaft DirecTV, einen Betreiber von Fernsehsatelliten und Programmanbieter. Die DirecTV-Satelliten wurden von Hughes Space – damals der größte Satelliten-Hersteller der Welt – entwickelt und gebaut. 1997 verkaufte General Motors Teile von Hughes Electronics (Hughes Aircraft) an Raytheon; Delco wurde 1998 in den zur gleichen Zeit gegründeten GM-Fahrzeugzulieferer Delphi Automotive Systems eingebracht. Weitere Teile (Hughes Space and Communications, Hughes Electron Dynamics, Spectrolab) erwarb im Jahr 2000 Boeing. Der Rest von Hughes Electronics (DirecTV, PanAmSat, Hughes Network Systems) wurden 2003 an den Medienkonzern News Corporation (Fox) verkauft. 1999 verselbstständigte GM sein Autozuliefergeschäft Delphi Automotive Systems.

Von 1987 bis 1997 zog sich GM aus dem Nutzfahrzeuggeschäft weitgehend zurück (1986 Bedford, 1987 Omnibusse, 1997 schwere Trucks). Lediglich Geländewagen, SUVs, Wohnmobile und Pickups werden bis heute produziert.

General Motors (GM)
General Motors (GM)

1999 verkaufte der Militärfahrzeughersteller AM General die Marke Hummer an den General-Motors-Konzern, der die weltweite Vermarktung des Fahrzeugs übernahm. Der Hummer war die seit 1992 gebaute zivile Variante des Kommandofahrzeugs »High-Mobility-Multi-Purpose-Wheeled-Vehicle« (HMMWV oder Humvee), das AM General seit 1985 für die U.S. Army baute. Den originalen Hummer (H1) und das von GM entwickelte SUV Hummer H2 (ab 2002) baute jedoch weiterhin AM General, der Hummer H3 (ab 2005), ein SUV, das eher an herkömmliche Geländewagen erinnert, wurde von GM montiert.

2002 erwarb General Motors eine Mehrheitsbeteiligung an der Daewoo Motor Company (vorm. Saehan Motor Company und Shinjin Motor Company) mit der bereits von 1972 bis 1992 ein Kooperationsabkommen bestanden hatte. Daraufhin wurden die Daewoo-Fahrzeuge außerhalb Südkoreas als Chevrolet vermarktet. 2022 ging GM-Daewoo ganz in den Besitz von GM über.

Drastisch gestiegene Benzinpreise, Kaufzurückhaltung bei den durstigen SUVs, Vans und Pickups sowie die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 führten dazu, dass der seit vielen Jahrzehnten größte Automobilkonzern der Welt im Juni 2009 Insolvenz anmelden musste. Das Insolvenzverfahren wurde in nur vierzig Tagen abgewickelt; anschließend befanden sich die GM-Aktien im Besitz der USA (60,8 Prozent), Kanadas (11,7 Prozent), der Automobilarbeitergewerkschaft UAW United Auto Workers (17,5 Prozent) sowie der Gläubiger (10 Prozent). Im November 2010 kehrte General Motors an die New Yorker Börse zurück.

Infolge der Insolvenz und der damit verbundenen Neuausrichtung des Konzerns wurden die Marken Pontiac und Saturn aufgegeben (Oldsmobile gab es schon seit 2004 nicht mehr), Hummer wird nur noch als Submarke von GMC verwendet. 2017 veräußerte GM sein gesamtes Europa-Geschäft (Opel, Vauxhall) an die französische PSA-Gruppe (Peugeot, Citroën). Die Marke Holden wurde 2020 aufgegeben.

General Motors betreibt zahlreiche Werke auf dem amerikanischen Doppelkontinent (Brasilien, Kanada, Kolumbien, Mexiko, USA, Venezuela), außerdem in China, Südkorea, Thailand und Vietnam. Der GM-Hauptsitz befindet sich noch immer in Detroit.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain