Markenlexikon

E.ON

Ursprungsland: Deutschland

Der Freistaat Bayern gründete 1921 die Bayernwerk AG, die in den nächsten Jahren zahlreiche der bereits bestehenden privaten Stromproduzenten Bayerns übernahm, u.a. die Amperwerke Elektrizitäts-AG München, die Kreiselektrizitätsversorgung Unterfranken AG Würzburg, die Überlandwerk Oberfranken AG Bamberg, die Oberpfalzwerke AG Regensburg, die Oberbayerische Stromversorgung AG München und die Untere Isar AG München. Im Vordergrund stand die Nutzbarmachung der Wasserkraft in Bayern. Gleichzeitig wurden die Walchenseewerk AG zum Bau und Betrieb des Walchenseekraftwerks (1924 fertiggestellt) und die Mittlere Isar AG zum Bau der Wasserkraftwerke Finsing, Aufkirchen, Eitting und Pfrombach ins Leben gerufen. Ab Mitte der 1960er Jahre errichtete die Bayernwerk AG, teilweise in Kooperation mit der Isar-Amperwerke AG (München) und der RWE AG (Essen), auch Kernkraftwerke in Bayern (Gundremmingen, Isar 1, Grafenrheinfeld, Isar 2). Von 1971 bis 1979 übernahm die Bayernwerk AG die Nürnberger Großkraftwerk Franken AG, den zweitgrößten bayerischen Stromerzeuger. 1996 wurde auch die Isar-Amperwerke AG, ein regionales Energieversorgungsunternehmen, das große Teile Oberbayerns (außer München) mit elektrischer Energie versorgte, von der Bayernwerk AG übernommen.

Die Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG (VIAG) wurde 1923 in Berlin als staatliche Holdinggesellschaft für Industriebeteiligungen des Deutschen Reichs gegründet (u.a. Bayerische Stickstoff-Werke, Deutsche Werke, Elektrowerke, VAW Vereinigte Aluminium-Werke). 1939 beteiligte sich die VIAG mit 40 Prozent an der Bayernwerk AG, der Rest befand sich weiterhin im Besitz des Freistaates Bayern. Die von 1986 bis 1988 privatisierte VIAG AG, seit 1951 in Bonn ansässig, erwarb im Laufe der Jahre Beteiligungen an zahlreichen anderen Unternehmen (1990 Klöckner, Gerresheimer Glas, 1991/1996 Continental Can Europe/Schmalbach-Lubeca, 1992 Kühne & Nagel, 1997 Th. Goldschmidt). 1994 übernahm VIAG die Bayernwerk AG vollständig, woraufhin der VIAG-Hauptsitz nach München verlegt wurde.

Der Freistaat Preußen, das flächenmäßig größte und politisch dominierende Land im Deutschen Reich, fasste 1927 seine Beteiligungen an privaten Elektrizitätsunternehmen (Preußische Kraftwerk Oberweser AG, Großkraftwerk Hannover AG, Gewerkschaft Großkraftwerk Main-Weser AG) in der Preußischen Elektrizitäts AG Berlin (PreussenElektra) zusammen. PreussenElektra baute in der Folgezeit die Energieversorgung in Mitteldeutschland (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen) durch die Errichtung neuer Kraftwerke und zahlreicher Übernahmen regionaler Energieversorger kontinuierlich aus. 1947 wurde der Hauptsitz der PreussenElektra von Berlin nach Hannover verlegt. Die PreussenElektra AG war wie auch die Bayernwerk AG am Bau und Betrieb mehrerer Kernkraftwerke beteiligt (Brokdorf, Brunsbüttel, Grohnde, Krümmel, Stade, Unterwese, Würgassen).

1929 schlossen sich die preußischen Staatsunternehmen PreussenElektra, Preußische Bergwerks- und Hütten AG Berlin (Preussag), Bergwerksgesellschaft Hibernia AG Herne und Bergwerks-AG Recklingenhausen zur staatlichen Holdinggesellschaft Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG (ab 1970 VEBA AG) mit Sitz in Berlin (ab 1970 Düsseldorf) zusammen. Die VEBA AG, die von 1965 und 1987 privatisiert wurde, erwarb wie die VIAG im Laufe der Jahre Beteiligungen an zahlreichen anderen Unternehmen (u.a. 1965 Stinnes, 1967/1999 Aral, 1975 Gelsenberg, 1975 Raab-Karcher, 1979/1985 Chemische Werke Hüls, 1997 Degussa).

Nach dem Untergang der DDR übernahmen die Bayernwerk AG und die PreussenElektra AG mehrere Energieversorger in Ostdeutschland. Die Bayernwerk AG wurde vor allem in Thüringen aktiv (ENAG Energieversorgung Nordthüringen AG Erfurt, OTEV Ostthüringer Energieversorgung AG Jena, SEAG Südthüringer Energieversorgung AG Meiningen), außerdem erwarb das Unternehmen Beteiligungen an der Energieversorgung Südsachsen AG Chemnitz (EVSAG; RWE, Bayernwerk) und der Mitteldeutschen Energieversorgung AG Halle/Saale (MEAG; Bayernwerk/Isar-Amperwerke, VEW). Die Versorger in Thüringen wurden 1994 zur Thüringer Energie AG (TEAG) fusioniert; die TEAG wurde 2013 veräußert. Die PreussenElektra AG konzentrierte sich auf Mecklenburg-Vorpommern (Hevag Hanseatische Energieversorgung AG Rostock, Wemag Westmecklenburgische Energieversorgung AG Schwerin, EMO Energieversorgung Müritz-Oderhaff AG Neubrandenburg), Brandenburg (OSE Oder-Spree-Energieversorgung AG Frankfurt/Oder, MEVAG Märkische Energieversorgung AG Potsdam) und Sachsen-Anhalt (EVM Energieversorgung Magdeburg AG). Beide Konzerne waren an der Vereinigte Energiewerke AG Berlin (VEAG; PreussenElektra, RWE, Bayernwerk, BEWAG, VEW, Badenwerk, EVS, HEW) beteiligt.

In den 1990er Jahren versuchten VEBA und VIAG in der Telekommunikationsbranche Fuß zu fassen. VEBA beteiligte sich 1993 an dem Jointventure E-Plus Mobilfunk GmbH (BellSouth, Thyssen, VEBA, Vodafone) und 1994 entstand die VEBA Telecom GmbH (Vebacom). Vebacom gründete 1997 gemeinsam mit RWE den Festnetzbetreiber O.tel.o Communications, der 1998 auch den Thyssen-Anteil an E-Plus erwarb. 1999 verkaufte VEBA O.tel.o Communications an Mannesmann-Arcor und die E-Plus-Anteile an France Telekom. VIAG und British Telecommunications gründete 1995 das Jointventure VIAG-Interkom, das ab 1997 das vierte deutsche Mobilfunknetz E2 aufbaute. Dieser Bereich wurde später von BT British Telecom/O2 übernommen.

1999 schloss die PreussenElektra mehrere regionale Energieversorger zu größeren Einheiten zusammen: aus der Hannover-Braunschweigischen Stromversorgungs-AG (HASTRA), der Überland-Zentrale Helmstedt AG (ÜZH), der Energieversorgung Magdeburg AG (EVM), der Ferngas Salzgitter GmbH (FSG) und der Landesgas Niedersachsen AG entstand die Avacon AG Helmstedt (ab 2005 E.ON Avacon AG, seit 2013 Avacon AG), aus HEVAG, EMO, MEVAG und OSE die E.DIS Energie Nord AG (Fürstenwalde/Spree; ab 2002 E.DIS AG, ab 2005 E.ON edis AG, seit 2013 E.DIS AG). Infolge der gesetzlichen Vorgabe, dass Energievertrieb und Netzbetrieb voneinander getrennt sein müssen, wurden die Regionalgesellschaften 2013 wieder in Avacon AG, Bayernwerk AG (zuvor E.ON Bayern AG) und E.DIS AG umbenannt.

Im Juni 2000 schlossen sich die beiden Mischkonzerne VEBA AG (PreussenElektra AG) und VIAG AG (Bayernwerk AG) zur E.ON AG (Verwaltungssitz: Essen, rechtlicher Sitz: Düsseldorf) zusammen. Der Name E.ON steht für »Energie« oder »Elektrizität« (E) und »eingeschaltet« (On). Darüber hinaus ist »Eon« die englische Variante des griechischen Wortes »Aion« (Ewigkeit). Der Energiebereich (PreussenElektra AG, Bayernwerk AG) wurde daraufhin in die neue E.ON Energie AG (München) integriert. Nach dem Zusammenschluss konzentrierte sich der neue Konzern auf den Energiesektor. Die meisten nicht zum Kerngeschäft gehörenden Unternehmen wurden nach und nach verkauft oder an der Börse platziert (Degussa, Schmalbach-Lubeca, Veba Oel/Aral, VAW Aluminium, VIAG-Interkom, Viterra).

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2003 erwarb E.ON die Ruhrgas AG (Essen), den damals größten deutschen Erdgasversorger. Ruhrgas war 1926 von der Vereinigte Stahlwerke AG und der Stinnes AG als Aktiengesellschaft für Kohleverwertung (ab 1927 Ruhrgas AG) in Essen gegründet worden, um den Vertrieb des in den Kokereien der Ruhrkohlezechen erzeugten Gases zu übernehmen. Das Unternehmen, das vor allem Erdgas aus Russland, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden importiert, firmierte anschließend als E.ON Ruhrgas AG (seit 2013 E.ON Global Commodities SE).

2003 schloss E.ON seine Tochtergesellschaft Schleswig-Holsteinische Stromversorgungs AG Rendsburg (SCHLESWAG), die seit ihrer Gründung 1929 zur PreussenElektra gehört hatte, und HanseGas mit den Hamburger Gaswerken (umgangssprachlich HeinGas) zur E.ON Hanse AG (Quickborn) zusammen. 2010 entstand die Schleswig-Holstein Netz AG, an der neben E.ON auch mehrere Kommunen beteiligt sind. 2017 wurde die E.ON Hanse AG in HanseWerk AG umbenannt; auch an diesem Unternehmen sind mehrere Kommunen beteiligt. Zur gleichen Zeit entstand die neue Tochtergesellschaft HanseGas GmbH, die die Gasnetze in Brandenburg und Mecklen-Vorpommern betreibt. Das Hamburger Gasnetz (Hamburg Netz GmbH) wurde infolge eins Volksentscheids von 2013 an die Stadt Hamburg verkauft und firmiert nun als Gasnetz Hamburg. Die Gasnetze in den Landkreisen Harburg und Stade werden von der 2019 gegründeten Tochter ElbEnergie betrieben.

2010 verkaufte E.ON sein Hochspannungsnetz (E.ON Netz GmbH/Transpower) in den Bundesländern Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie in Teilen von Nordrhein-Westfalen an das niederländische Staatsunternehmen Tennet; Auslöser für den Verkauf war ein EU-Kartellverfahren. Zur gleichen Zeit trennten sich auch RWE (Amprion) und Vattenfall (50Hertz Transmission) von ihren Stromnetzen.

2012 änderte die E.ON AG ihre Rechtsform von der Aktiengesellschaft deutschen Rechts in eine Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea/SE). 2013 veräußerte E.ON die Beteiligungen an der TEAG (Thüringen), der E.ON Mitte AG, der früheren EAM Energie AG (Hessen, Südniedersachsen, Westthüringen, Ostwestfalen), sowie der E.ON Westfalen Weser AG an mehrere Städte und Landkreise.

2016 spaltete E.ON das traditionelle Energiegeschäft (Kohlekraftwerke, Wasserkraftwerke, Gasfelder und Stromerzeugung in Russland, Nord-Stream-Pipeline, globaler Energiehandel) vom Konzern ab; das neue Unternehmen firmiert als Uniper SE (Düsseldorf) und gehört seit 2018 zum finnischen Energieversorger Fortum. Der Bereich Kernkraftwerke (vormals E.ON Kernkraft GmbH) führt seit Juli 2016 den Namen PreussenElektra GmbH (Hannover). Die E.ON Energie AG war damit nur noch in den Geschäftsfeldern Erneuerbare Energien (Erzeugung von Wind-, Solar- und Bioenergie), Vertrieb und Verteilnetze für Strom und Gas tätig. Die PreussenElektra (Kernkraftwerke) gehört weiterhin zur Muttergesellschaft E.ON SE. E.ON besitzt außerdem Beteiligungen an Unternehmen in Bulgarien, Großbritannien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Rumänien, Schweden, der Slowakei, Tschechien, der Türkei, Ungarn und den USA.

2018 vereinbarten E.ON und RWE die Aufteilung der RWE-Netz- und Ökostromtochter Innogy SE (Verteilnetze, Stromerzeugung, Stromvertrieb) untereinander. 2020 erwarb E.ON von RWE deren Innogy-Anteil von 76,8 Prozent, fand die übrigen Minderheitsaktionäre ab und nahm Innogy von der Börse. RWE erhielt dafür alle wesentlichen erneuerbaren Energieaktivitäten von E.ON, das erneuerbare Energiegeschäft und das Gasspeichergeschäft von Innogy, den E.ON-Anteil am österreichischen Energieversorger Kelag, die Minderheitsbeteiligungen, die die E.ON-Tochter PreussenElektra an den RWE-Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen hält sowie eine Minderheitsbeteiligung von 16,67 Prozent im Rahmen einer Kapitalerhöhung an der E.ON SE. RWE zahlte außerdem 1,5 Milliarden Euro an E.ON. RWE wurde dadurch zu einem führenden europäischen Stromerzeuger bei den erneuerbaren Energien, während E.ON sich auf den Betrieb europäischer Strom- und Erdgasverteilnetzen sowie das Geschäft mit den Kunden konzentrierte (Marken: Avacon, Bayernwerk, E.DIS, E.ON, E wie einfach, HanseWerk).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain