Markenlexikon

Elf

Ursprungsland: Frankreich

Die Ursprünge der Marke Elf gehen auf die beiden staatlichen Unternehmen Régie Autonome des Pétroles (RAP) und Société Nationale des Pétroles d'Aquitaine (SNPA) zurück, die 1939 bzw. 1941 gegründet worden waren, um Öl- und Gasvorkommen im französischen Südwesten (Aquitanien) zu fördern. 1945 entstand das Bureau de Recherches de Pétrole (BRP), das vor allem Erdöl und Erdgas in den französischen Kolonien in Afrika suchte und förderte. In der Sahara hatten verschiedene Unternehmen schon seit den 1870er Jahren nach Öl gesucht, ohne jedoch fündig zu werden. Trotzdem glaubten einige wenige Spezialisten weiter daran, dass es dort Öl geben könnte. 1946 gründeten BRP und die algerischen Regierung in Algier die Société Nationale de Recherche et d'Exploitation de Pétrole en Algérie (S.N. REPAL), an der beide Partner jeweils die Hälfte der Anteile hielten. Ab 1956 entdeckten mehrere französische Gesellschaften (CFP, RAP/Shell/CREPS, SNPA, S.N.REPAL) dann endlich in Algerien Erdöl und Erdgas, was die Abhängigkeit Frankreichs vom Öl aus dem Nahen Osten drastisch reduzierte. In den folgenden Jahren kamen weitere Ölquellen in Gabun, Kongo-Brazzaville und im Golf von Guinea hinzu.

Nachdem die verschiedenen staatlichen Gesellschaften wie RAP, S.N.REPAL, GAP (Groupement des Exploitants Petrolièrs), UGP (Union Générale des Pétroles), UIP (Union Industrielle des Pétroles) und die halbstaatliche SNPA in den 1950er Jahren in ganz Frankreich eine Downstream-Industrie (Raffination, Vertrieb, Marketing) aufgebaut hatten, wurden sie 1966 in der Holdinggesellschaft Enterprise de Recherches et d'Activités Petroliéres (ERAP) zusammengefasst, wobei die einzelnen Gesellschaften vorerst weitestgehend unabhängig agierten, vor allem die SNPA.

Wesentlichen Einfluss auf die Entstehung des neuen Staatskonzerns hatte der französische Bergwerksingenieur, Manager und Politiker Pierre Guillaumat. Er war ab 1945 Direktor der staatlichen BRP gewesen, von 1951 bis 1958 Generaldirektor des Kommissariats für Atomenergie, von 1958 bis 1959 Verteidigungsminister unter Präsident Charles de Gaulle, von 1960 bis 1961 Bildungsminister, von 1962 bis 1966 Geschäftsführer der Union Générale des Pétroles (UGP) und von 1965 bis 1966 Präsident des staatlichen Stromkonzerns Électricité de France (EDF). 1967 wurde Guillaumat Präsident von Elf-ERAP bzw. später Elf-Aquitaine, eine Position die er bis 1977 innehatte. Durch die enge Verzahnung von Politik und Wirtschaft sicherten sich beide Seiten großen Einfluss in den ehemaligen französischen Kolonien in Afrika. Auch sein Nachfolger Albin Chalandon (1977 – 1983) kam aus der Politik und hatte zuvor mehrere Ministerämter in der französischen Regierung innegehabt.

1967 führte ERAP den neuen Markennamen Elf ein, woraufhin sich das Unternehmen in Elf-ERAP umbenannte. Elf war wohl anfangs ein kurzes, prägnantes Wort ohne tiefere Bedeutung, das sich in den meisten Sprachen gut aussprechen lässt. Später tauchte allerdings immer wieder eine ausgeschriebene Version auf (Essence et Lubrifiants Français). Möglicherweise wollte man dem Namen dann doch noch einen Sinn geben. Die beiden Haken im Logo, die noch heute in leicht modifizierter Form verwendet werden, sollen einen Bohrmeißel darstellen. Die Farben Blau, Weiß und Rot wurden in Anlehnung an die französische Flagge gewählt.

Seit den späten 1960er Jahren engagierte sich Elf als Sponsor im Motorsport, vor allem in der Formel 1. Der französische Staat wollte zu dieser Zeit ein französisches Auto auf den internationalen Rennstrecken gewinnen sehen, was dem britischen Rennfahrer Jackie Stewart dann mit dem Matra MS80 (konstruiert und gebaut von Matra-Simca und eingesetzt vom britischen Tyrrell-Team) 1969 auch gelang. Stewart wurde 1969 erstmals F1-Weltmeister und der Matra MS80 gewann den Konstrukteurstitel. Die sportlichen Erfolge von Matra setzten sich bis Mitte der 1970er Jahre in verschiedenen Rennserien fort (1972, 1973 und 1974 gewann Matra das 24-Stunden-Rennen von Le Mans und 1973 die Markenweltmeisterschaft). Elf war auch Sponsor des britischen Rennstalls Tyrrell, der 1971 und 1973 mit Jackie Stewart erneut den Formel-1-WM-Titel einfuhr.

1970 beteiligte sich Elf-ERAP mit 41 Prozent an der französischen Tankstellenkette Antar (weitere 24 Prozent von Antar gehörten CFP/Total). Der Name Antar hielt sich in Frankreich noch bis weit in die 1980er Jahre hinein, obwohl das Unternehmen ab 1976 vollständig zu Elf-Aquitaine gehörte. 1971 wurde die Öl- und Gasindustrie in Algerien verstaatlicht, sodass Elf-ERAP große Teile seiner Rohöl- und Gasproduktion verlor. Die SNPA, die noch nicht vollständig in den Konzern integriert war, hatte mit dem Verlust weniger schwer zu kämpfen, was daran lag, dass sie sich schon früh in anderen Bereichen engagiert hatte (Petrolchemie, Plastikproduktion). Außerdem förderte sie seit 1956 in Lacq, im Südwesten Frankreichs, Erdgas. 1973 gründete die SNPA die Firma Sanofi (Omnium Financier Aquitaine pour l'Hygiène et la Santé) und stieg damit in das Pharma- und Kosmetikgeschäft ein. Mit der Entdeckung des Frigg-Gasfeldes im Jahr 1971 durch die Petronord-Gruppe (Elf-ERAP, CFP/Total, Norsk-Hydro), das 1978 die Produktion aufnahm, wurde Elf-ERAP auch in der Nordsee tätig.

1976 schlossen sich Elf-ERAP und SNPA schließlich vollständig zur Société Nationale Elf-Aquitaine zusammen. Mit Elf-Aquitaine entstand neben der privaten Compagnie Française des Pétroles (CFP), dem späteren Total-Konzern, ein zweiter vollintegrierter französischer Öl- und Gaskonzern. Durch die Übernahme des US-Konzerns TexasGulf 1981 wurde Elf-Aquitaine auch zu einem der weltgrößten Produzenten von Schwefel, Phosphat und Düngemitteln. Nach weiteren Akquisitionen im Chemiebereich (u.a. Geschäftsbereiche von Rhône Poulenc und Ugine Kuhlman) war Elf-Aquitaine der größte französische Chemiekonzern nach Rhône Poulenc.

1991 begann die französische Regierung damit, den Konzern zu privatisieren. 1993 kauften Elf-Aquitaine (98 Prozent) und die Thyssen Handelsunion AG (2 Prozent; Verkauf 1994) das ehemalige DDR-Tankstellennetz Minol sowie die dazugehörige Raffinerie in Leuna. Diese Übernahme beschäftigte noch Jahre später französische Gerichte, weil Elf-Aquitaine Schmiergelder an deutsche Politiker und Parteien gezahlt haben soll, um den Zuschlag zu bekommen. Inzwischen wurden mehrere ehemalige Elf-Lobbyisten, u.a. der frühere Elf-Chef Loik Le Floch-Prigent, zu hohen Geld- und teilweise mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, jedoch nicht wegen der deutschen Leuna-Elf-Affäre, sondern wegen der Veruntreuung von Firmengeldern.

1999 schlossen Elf-Aquitaine und L'Oréal ihre Phrama-Unternehmen Sanofi und Synthelabo zur Sanofi-Synthelabo S.A. (ab 2004 Sanofi-Aventis, seit 2011 Sanofi) zusammen. Elf-Aquiatine zog sich damit aus diesem Geschäftsbereich zurück. Im Jahr 2000 wurde Elf-Aquitaine von dem französisch-belgischen Konkurrenten TotalFina, der erst ein Jahr zuvor aus dem Zusammenschluss von Total und der belgischen PetroFina entstanden war, übernommen. Der neue Konzern firmierte zunächst als TotalFinaElf, benannte sich aber 2003 in Total S.A. um. Große Teile des Tankstellennetzes wurde daraufhin auf das neue Total-Design umgestellt. Die Marke Elf wird nun vor allem für die Vermarktung von Motorenölen und Schmierstoffen verwendet.

Text: Toralf Czartowski