Markenlexikon

Cray

Ursprungsland: USA

Seymour Roger Cray (1925 – 1996), ein Elektroingenieur aus Wisconsin, begann seine Karriere bei Sperry-Rand, jener Computerfirma, die den Univac (Universal Automatic Computer) herstellte. 1957 wurde er zum Mitbegründer der Control Data Corporation und 1962 richtete er sich in seiner Heimatstadt Chippewa Falls/Wisconsin mit finanzieller Hilfe von Control Data ein eigenes Forschungslabor ein. Dort entwickelte und baute er seine ersten Computer, die die damals leistungsfähigsten Geräte weit in den Schatten stellten.

1972 gründete er, wieder mit finanzieller Hilfe von Control Data, in Minneapolis seine eigene Firma Cray Research. Der Vektorrechner Cray 1 (80 MHz Taktfrequenz, 64 Vektor-Register, 1 Million 64 Bit breite Speicher, 200.000 ECL-Schaltkreise, 8 Megabyte RAM, 80 – 133 Millionen Gleitkommazahl-Operationen pro Sekunde = MegaFLOPS), ein kleiderschrankgroßer 5,5 Tonnen schwerer Computer, dessen erstes Exemplar 1976 im Atomforschungszentrum Los Alamos National Laboratory (New Mexico) aufgestellt und für Kernwaffentestberechnungen eingesetzt wurde, war vierzigmal so schnell wie der damals leistungsfähigste IBM-Rechner. Diese Anlage kostete 8,8 Millionen US-Dollar. Insgesamt wurden weltweit 85 Cray 1 verkauft. Das European Centre for Medium Range Weather Forecasts (ECMWF) in Reading bei London bekam 1978 den ersten in Europa aufgestellten Cray 1. Die enorme Geschwindigkeit ermöglichte der Vektorprozessor, der eine mathematische Operation in mehrere Vektorregister lädt und diese dann gleichzeitig auf mehrere Daten anwenden kann. Eine Multiplikation dauerte normalerweise neun Takte, der Vektorprozessor benötigte nur einen Takt für die erste Multiplikation. Der Cray 1 konnte 100 Zahlen nacheinander in 108 Takten multiplizieren (anstatt in 900 Takten). Die Hufeisenform der Cray-Rechner resultiert aus der Tatsache, dass die Leitungswege zwischen den Modulen bei dieser Bauform am kürzesten sind (kein Kabel war länger als 1,2 Meter). Als Standardsoftware standen das Betriebssystem Cray Operating System (COS), die Cray Assembler Language (CAL) und Cray Fortran (Fortran Compiler) zur Verfügung.

Cray
Cray

Der hauptsächlich für wissenschaftliche Aufgaben entwickelte Cray 2 (1985) war nur noch halb so groß (135 cm hoch, 115 cm Durchmesser), dafür aber zehnmal so schnell wie sein Vorgänger (4 Vektorprozessoren, 128 KB Prozessorspeicher, 4 GB RAM, 1,951 GigaFLOPS). 1989 verließ Seymour Cray seine Firma, die weiterhin den Cray 2 sowie die Modelle Cray X-MP (1982), Cray Y-MP (1988), Cray T3D (1993; erstmals mit Mikroprozessor-Architektur) und Cray T3E (1995) baute, und gründete in Colorado Springs/Colorado die Cray Computer Corporation.

Bei der Entwicklung des Cray 3 gab es allerdings mit den neuartigen und teuren Gallium-Arsenid-Halbleitern massive Probleme. GaAs-Halbleiter schalten erheblich schneller als herkömmliches Halbleitermaterial wie Silizium, da die Elektronen eine höhere Beweglichkeit haben. Als der sündhaft teure Cray 3 nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte, stornierten viele Kunden ihre Bestellungen. Nur ein Exemplar wurde an das National Center for Atmospheric Research (NCAR) ausgeliefert. Auch das US-Militär und die Geheimdienste, seit jeher treue Cray-Kunden, hatten nach dem Ende des Kalten Krieges kein Geld mehr. 1995 musste Cray Computer schließlich Konkurs anmelden.

1996 gründete Cray mit einigen früheren Mitarbeitern wieder eine neue Firma (SRC Computer), die den bereits teilweise entwickelten Cray 4 (ebenfalls mit GaAs-Chips und Vektor-Prozessoren) bauen sollte. Im September 1996 verunglückte Seymour Cray jedoch bei einem Autounfall tödlich, sodass sich auch dieses Projekt zerschlug. Kurz darauf wurde Cray Research von dem Computerhersteller Silicon Graphics übernommen, der diesen Bereich 1999 an die Tera Computer Company verkaufte. Aus dem Zusammenschluss von Tera und Cray entstand 2000 die neue Firma Cray Inc. mit Sitz in Seattle/Washington. Cray entwickelt und produziert weiterhin Hoch- und Höchstleistungsrechner.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain