Markenlexikon

Compaq

Ursprungsland: USA

Im August 1981 brachte der Computerkonzern IBM, der bis dahin vor allem Großrechner gebaut hatte, seinen ersten Personal-Computer auf den Markt und brach damit in ein Marktsegment ein, das dahin vor allem von kleineren Firmen wie Apple, Atari, Commodore, Imsai und Tandy/RadioShack bedient wurde. Da IBM in diesem Bereich der Entwicklung hinterherhinkte, musste alles sehr schnell gehen. So wurden die meisten Teile nicht selbst entwickelt, sondern von externen Zulieferern wie Intel (Mikroprozessoren) oder Microsoft (Betriebssystem, Programmiersprachen) eingekauft und nur noch zusammengebaut. Das versetzte allerdings andere Computerhersteller in die Lage baugleiche Geräte zu produzieren, ohne Lizenzgebühren für Patente zahlen zu müssen. Man musste lediglich die gleiche Hard- und Software kaufen wie IBM auch. Nur das BIOS musste mit Hilfe von Reverse Engineering und Reinraumdesign nachgebaut werden, wofür 15 Programmierer und eine Million Dollar nötig waren.

Schon 1983 brachten die Firmen Columbia Data Products, Corona und Compaq die ersten IBM-kompatiblen PCs auf den Markt – unzählige Hersteller auf der ganzen Welt sollten bald folgen. Obwohl IBM nicht glücklich darüber war, entwickelte sich der IBM-PC unfreiwillig zum internationalen Industriestandard. Ab Mitte der 1980er Jahre waren Personal-Computer, die nicht dem IBM-Standard entsprachen, so gut wie unverkäuflich; eine Ausnahme bildeten lediglich die Home-Computer von Atari und Commodore/Amiga sowie die Apple-Macintosh-Computer, die mit einem eigenen Betriebssystem arbeiteten.

Die Compaq Computer Corporation (Compaq = COMPAtibility and Quality) wurde Anfang 1982 von den früheren Texas-Instruments-Managern Joseph Rodney (Rod) Canion, James M. (Jim) Harris und Bill Murto in Houston/Texas gegründet. Das Startkapital in Höhe von 25 Millionen Dollar kam von mehreren Risikokapitalgebern. Die Gründer selbst investierten je 1000 Dollar. Bereits 1983 ging das Unternehmn an die Börse. Compaq stellte in der Anfangszeit vor allen Ingenieure mit langer Berufserfahrung ein, was dem Unternehmen einen technologischen Vorsprung vor den Mitbewerbern verschaffte. Viele Angestellte und Führungskräfte kamen auch von IBM und Texas Instruments.

Das erste Produkt war 1983 ein tragbarer IBM-Klon (Compaq Portable), wobei dieses Gerät von der Größe her wenig mit heutigen Laptops oder Notebooks zu tun hatte. Es war eher eine Art Koffer-Computer. 1984 folgte mit dem Deskpro der erste Desktop-Rechner. Mit dem Compaq Deskpro 386, der den neuen Intel-Mikroprozessor 80386 verwendete, setzte Compaq 1986 erstmals selbst einen Standard. IBM vollzog den CPU-Wechsel erst ein Jahr später. Ende der 1980er Jahre gehörte Compaq zusammen mit AST Research, Seiko-Epson, HP, NEC, Olivetti, Tandy, WYSE und Zenith Data Systems zu den Initiatoren des EISA-Bussystems, das den ISA-Bus auf 32 Bit erweiterte. EISA (Extended Industry Standard Architecture) kam erstmals 1989 beim Compaq SystemPro Server zur Anwendung.

Compaq verkaufte seine Computer ausschließlich über den Einzelhandel (im Gegensatz zu Dells Direktvertrieb) und gewährte den Händlern große Freiheiten bei der Preisgestaltung, was dazu führte, dass die Compaq-Geräte besonders oft beworben wurden. 1983 verkaufte Compaq 53.000 PCs und machte einen Umsatz 111 Millionen Dollar. Damit war es das erste Startup überhaupt, dass die 100-Millionen-Dollar-Marke bereits im ersten Geschäftsjahr erreichte. Bald darauf knackte das Unternehmen zwei weitere Rekorde: 1986 wurde es als jüngstes Unternehmen in die Fortune 500 aufgenommen und 1987 erreichte es die Umsatzmarke von einer Milliarde Dollar – schneller als jedes andere Unternehmen zuvor.

Compaq
Compaq

Anfang der 1990er Jahre bekam Compaq jedoch aufgrund der billigeren asiatischen Konkurrenz Probleme. Der Aufsichtsratsvorsitzende und Finanzier Ben Rosen sowie Präsident und CEO Rod Canion waren sich jedoch nicht einig, wie man den billigeren Importen am besten entgegentreten sollte. Canion wollte weiterhin auf selbstentwickelte Komponenten setzen, um den guten Ruf Compaqs bezüglich Technik und Qualität zu wahren, während Rosen Standardkomponenten von Zulieferern den Vorzug gab, um die Geräte schneller und preiswerter auf den Markt bringen zu können. Schließlich setzte sich Rosen durch und Canion wurde 1991 von seinen Posten entbunden. Auch Jim Harris verließ das Unternehmen daraufhin. Bill Munro, der dritte Gründer hatte das Unternehmen bereits früher verlassen.

Mit den Presario-Modellen (1993 – 2013), die anfangs für unter 1000 Dollar verkauft wurden, konnte Compaq wieder Boden gutmachen. Eine Zeit lang wurden auch Drucker (ab 1992) sowie Modems, Router und Switches (ab 1995; in Kooperation mit Cisco) vermarktet. Außerdem baute sich Compaq mit IT-Dienstleistungen für Firmenkunden ein weiteres Standbein auf, ähnlich wie IBM und HP. In den 1990er Jahren stieg Compaq neben IBM, HP und Dell zu einem weltweit führenden IT-Konzern und PC-Hersteller auf, was auch daran lag, dass die Geräte zu dieser Zeit vielfach günstiger waren als die anderer Hersteller. Compaq setzte als erstes Unternehmen auch preiswertere Prozessoren von AMD und Cyrix ein (anstatt Intel) und verzichtete lange Zeit auf die Bündelung von Hardware und Anwendungssoftware. Die Nutzer mussten sich die Software, die sie benötigten, selbst beschaffen. Lediglich das Betriebssystem MS-DOS und Windows waren vorinstalliert.

1997 und 1998 erwarb Compaq gleich mehrere Unternehmen, die die Netzwerk- und Business-Sparte stärken sollten (1997 Tandem Computers, Microcom, 1998 NetWorth, Thomas-Conrad). Die größte Übernahme war jedoch 1998 der Kauf der Digital Equipment Corporation (DEC) aus Maynard/Massachusetts für die Rekordsumme von 9 Milliarden US-Dollar. Das 1957 von Kenneth Harry Olsen (1926 – 2011) gegründete Unternehmen war Mitte der 1960er Jahre mit den ersten Rechnern für kleine und mittlere Firmen bekannt geworden (ab 1964 PDP-Serie, ab 1978 VAX-Serie). Diese so genannten Mini-Computer waren zwar nicht so leistungsfähig wie die Mainfraime-Computer von IBM oder Sperry-Rand/Univac, dafür aber kleiner und preisgünstiger. In den 1990er Jahren, als sich die Micro- bzw. Personal-Computer mit ihrer standardisierten Software durchsetzten, verlor DEC jedoch stetig Marktanteile. DEC-Chef Ken Olsen (»Es gibt überhaupt keinen Grund, warum irgend jemand einen Computer bei sich zu Hause haben will.«) ignorierte diese Konkurrenz im Vertrauen auf seine scheinbar überragende Produktpalette, die nicht nur aus der Hardware, sondern auch aus diverser speziell für die eigenen Systeme entwickelten Software bestand. Allerdings hatte DEC schon seit einem Jahrzehnt Verluste gemacht oder nur knapp die Gewinnschwelle erreicht. Zuletzt konzentrierte sich das Unternehmen auf Netzwerklösungen und das Internet.

Die Zusammenführung von Compaq und DEC erwies sich als schwieriger als erwartet. Die Firmenkulturen und Technologien waren zu unterschiedlich. Compaq hatte darüber hinaus mit weiteren Problemen zu kämpfen. Das Unternehmen konzentrierte sich auf Marktanteile, vernachlässigte aber die Rentabilität und Liquidität. Dadurch kam Compaq gegenüber Konkurrenten wie IBM, HP, Dell oder Gateway ins hintertreffen. Nachdem der Gewinn enttäuschend ausgefallen und der Aktienkurs um 50 Prozent eingebrochen war, zwang Ben Rosen auch CEO Eckhard Pfeiffer, den Nachfolger von Rod Canion, 1999 zum Rücktritt. Das Platzen der Dotcom-Blase nach der Jahrtausendwende führte auch noch dazu, das der Absatz der High-End-Geräte zurückging.

2002 wurde Compaq schließlich von Hewlett-Packard (HP) übernommen. Die Übernahme war bei einigen HP-Managern und Aktionären sehr umstritten. Walter Hewlett und David W. Packard, die Söhne der HP-Gründer, sprachen sich öffentlich gegen den Kauf aus. Auch viel Analysten an der Wall Street standen der Fusion kritisch gegenüber. Die Compaq-Aktionäre waren jedoch mehrheitlich für eine Fusion. Die HP-Aktionäre stimmten letztlich nur knapp für den Zusammenschluss.

HP brachte die übernahme allerdings nicht viel. Tausende Angestellte wurden entlassen, der Aktienkurs fiel und die Gewinnspannen im stagnierenden PC-Geschäft waren gering. HP stieg nun zwar für einige Jahre zum größten PC-Hersteller der Welt auf, doch die PC-Sparte hatte die niedrigste Gewinnspanne aller Geschäftsbereiche. Zudem belastete die ganze Fusion die ansonsten lukrative Druck- und Imaging-Sparte. Konkurrent IBM verkaufte damals seine PC-Sparte an Lenovo. Anfang 2005 entließ der HP-Verwaltungsrat CEO Carly Fiorina, die die Fusion zu verantworten hatte. Der Name Compaq lebte noch bis 2013 fort, dann gab es nur noch die Marke HP. Zu dieser Zeit verlor HP seine weltweite PC-Marktführerschaft an Lenovo. In den letzten Jahre vergab HP allerdings einige Lizenzen an andere Firmen, die die Marke Compaq nun für verschiedene Produkte nutzen können.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain