Markenlexikon

Citroën / DS

Ursprungsland: Frankreich

Der ehemalige Pionier-Offizier André-Gustave Citroën (1878 – 1935) begann 1913 in Paris mit der Produktion von Getrieberädern. Aus der stilisierten Darstellung doppelt schrägverzahnter Getrieberäder entstand später das Citroën-Logo. Zum Dank dafür, dass ihm die französische Regierung bei der Finanzierung seiner Fabrik unter die Arme gegriffen hatte, stellte Citroën während des 1. Weltkriegs hauptsächlich Granaten her. 1919 kam das erste Automobil von Citroën auf den Markt (Typ A), das sich aufgrund seines günstigen Preises sofort hervorragend verkaufte.

1934 brachte Citroën den revolutionären 7CV Traction Avant heraus, eines der ersten europäischen Serienautos mit selbsttragender Karosserie und der erste Citroën mit Frontantrieb (Traction Avant = frz. Vorderradantrieb). Dieses markante Fahrzeug blieb bis 1957 in Produktion und wurde zu einem Klassiker auf französischen Straßen. Wegen seiner guten Straßenlage avancierte der 7CV zum bevorzugten Fluchtauto für Gangster (Werbeslogan: Der Traction Avant zähmt die Zentrifugalkräfte). Konstrukteur war der Rennfahrer und Ingenieur André René Lefèbvre (1894 – 1964), das Design der Karosserie stammte von dem italienischen Designer Flamino Bertoni (1903 – 1964). Beide schufen später noch zwei weitere Automobil-Klassiker für Citroën, den 2CV und den DS. Die enormen Entwicklungskosten des 7CV hatten die Firma jedoch in den Ruin getrieben. 1934 wurde Citroën von dem Reifenhersteller Michelin übernommen; ein Jahr später starb André Citroën.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs, als vor allem billige und sparsame Fahrzeuge gefragt waren, brachte Citroën den spartanisch ausgestatteten Citroën 2CV (Deux Chevaux) – in Deutschland auch »Hässliche Ente« genannt – auf den Markt. Das Kürzel 2CV stand für Deux Cheval Vapeur (2 Dampfpferde) – die französische Einheit zur Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer. Die Entwicklung hatte bereits 1934 begonnen. Die Vorgabe des damaligen Citroën-Chefs Pierre-Jules Boulanger an seinen Konstrukteur André Lefèbvre lautete in etwa: ein minimalistisches Auto, mit dem zwei Bauern rund hundert Kilogramm Ware zum Markt bringen können, notfalls über unbefestigte Wege oder einen Acker (deswegen die hervorragende Federung). In einer anderen Version hieß es »Vier Räder unter einer Art Schirm.« Genau das war die Ente dann auch. Trotzdem, oder gerade deswegen, avancierte sie zu einem zeitlosen Kultfahrzeug, das bis 1989 gebaut wurde – in einigen Auslandswerken auch noch länger.

Aus Basis des Citroën C6 (1928 – 1932) baute Citroën ab 1933 seinen ersten Lkw/Omnibus (Typ 29). Der Lastwagen hatte eine Nutzlast von 3,2 Tonnen, in der Bus-Variante fanden 25 Personen Platz. Beim Typ 32 mit fast gleicher Karosserie (1934) wurde die Nutzlast auf vier Tonnen erhöht, der Omnibus konnte nun 40 Personen befördern. Am berühmtesten wurde jedoch der von 1948 bis 1981 gebaute Kleintransporter Typ H, der vor allem durch seine kastenförmige Wellblechkarosserie auffiel. Der Typ H gehörte bis zur Produktionseinstellung zu den am meisten verkauften Kleintransportern in Frankreich. Zwischen 1955 und 1965 übernahm Citroën den Konkurrenten Panhard aus Reims, der Nutzfahrzeuge, Militärfahrzeuge und Pkws herstellte. Die Produktion der Pkws wurden 1967 eingestellt, der Bau von Militärfahrzeugen jedoch fortgesetzt. Nach der Übernahme des Nutzfahrzeug-Herstellers Berliet aus Vénissieux Saint-Priest bei Lyon (1967) übertrug Citroën sein gesamtes Nutzfahrzeuggeschäft auf Berliet.

Citroën
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1955 setzte der außergewöhnlich futuristisch gestylte Citroën DS-19, erstmals mit hydropneumatischer Federung, einen Meilenstein in der Automobilentwicklung. Der wieder von André Lefèbvre und Flamino Bertoni entworfene Wagen hatte darüber hinaus Servolenkung, Scheibenbremsen vorn (als erstes Serienfahrzeug der Welt), ein halbautomatisches Getriebe und bei späteren Versionen Frontscheinwerfer, die synchron zur Lenkung die Kurven ausleuchteten – ebenfalls eine Neuheit. Aufgrund der Abkürzung DS, die wohl auf die internen Typbezeichnungen D1, D2 usw. zurückgeht (eigtl. VGD Voiture à Grande Diffusion = Fahrzeug mit großer Verbreitung), woraus die Mitarbeiter dann der Einfachheit halber D-Modelle bzw. die Ds (Plural) machten, wurde das Auto wegen des gleichen Klangs auch »la déesse« (die Göttin) genannt.

Der DS spielte in zahlreichen Spielfilmen eine Hauptrolle (»Fantômas«, »French Connection«, »Der eiskalte Engel«, »Scharfe Kurven für Madame«, »Das Superhirn«) und Frankreichs Staatspräsident Charles De Gaulle, der zu offiziellen Anlässen in einem DS chauffiert wurde, verdankte ihm sein Leben. Als die französische Untergrundorganisation OAS (Organisation de l'armée secrète) im August 1962 ein Attentat auf ihn verübte, konnte der Wagen dank der hydropneumatischen Federung problemlos und mit hoher Geschwindigkeit auf drei Rädern weiterfahren und so den Attentätern entkommen. Den DS gab es als Limousine (Berline), Kombi (Break, Familiale, Commerciale) und Cabrio (Cabriolet Usine). Die Luxusversionen hießen Pallas, einfacher ausgestattete Varianten ID. Der DS (die weiteren Varianten hießen DS-20, DS-21 und DS-23) blieb bis 1975 in Produktion und verkaufte sich rund 1,4 Millionen mal. Montiert wurde er hauptsächlich im Citroën-Werk Paris-Javel, außerdem in Australien (in einem Fremdwerk in West Heidelberg bei Melbourne), Großbritannien (im Citroën-Werk Slough), Jugoslawien und Südafrika (in verschiedenen Fremdwerken).

1969 erwarb Citroën die Mehrheit des italienischen Sportwagenherstellers Maserati, was 1970 zur Entwicklung des Citroën-Maserati SM (Motor von Maserati) führte. Das futuristischen Design stammte von Robert Opron (1932 – 2021), der 1964 nach Bertonis Tod neuer Citroën-Chefdesigner geworden war. Das Auto wurde jedoch ein kommerzieller Misserfolg, was vor allem an dem unausgereiften und reparaturanfälligen Maserati-Motor lag. Bis zum Produktionsende 1975 liefen nur 12.920 Fahrzeuge vom Band.

Anfang der 1970er Jahre geriet Citroën wegen der Ölkrise in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, sodass Michelin die Leitung von Citroën 1974 auf Peugeot übertrug. Maserati wurde 1975 an Alejandro de Tomaso und eine italienische Staatsfirma verkauft. Die Lkw-Produktion (Berliet) übernahm SAVIEM (Renault). 1976 kam es zum vollständigen Zusammenschluss von Peugeot und Citroën zu PSA Peugeot Citroën S.A.

Mit dem Modell GS/GSA (Grande Série/Grande Série Athlète), das von 1970 bis 1986 produziert wurde (in einigen Auslandswerken bis 1990), übertrug Citroën das avantgardistische Konzept des DS auf die Mittelklasse, wenn auch in vereinfachter Form. Der wieder von Robert Opron entworfene GS hatte eine außerordentlich strömungsgünstige Karosserie, hydropneumatische Federung, ein Einspeichenlenkrad und einen luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor. Alternativ gab es kurzzeitig auch einen zusammen mit NSU entwickelten Zweischeiben-Wankelmotor (Birotor; 1973 – 1975), von dem aber aufgrund des hohen Verbrauchs und der Reparaturanfälligkeit nur 847 Exemplare gebaut wurden. Das Auto des Jahres 1971 wurde hauptsächlich im Citroën-Werk Rennes gebaut, aber auch in Bulgarien, Chile, Indonesien, Jugoslawien, Mosambik, Portugal, Spanien, Südafrika, Südrhodesien/Simbabwe und Thailand. Mit Ausnahme des Citroën-Werks in Spanien, handelte sich bei den Produktionsstätten außerhalb Frankreichs um Fremdwerke, die das Modell nur in Lizenz für ihre Heimatmärkte montierten, teilweise auch aus kompletten Teilesätzen (CKD-Bausätze). Insgesamt liefen von allen Varianten rund 2,5 Millionen Exemplare vom Band. Wie viele Fahrzeuge der 1970er Jahre war der GS wegen des schlechten Korrosionsschutzes sehr rostanfällig. Teilweise ließ auch die Verarbeitungsqualität zu wünschen übrig. Der Citroën GSA (in der Luxusversion Pallas) war neben dem Volvo 244 DLS, dem Volvo 264 TE (Repräsentationsfahrzeug für den DDR-Staatsfuhrpark), dem Citroën CX 25 Prestige (Repräsentationsfahrzeug für den DDR-Staatsfuhrpark), dem Mazda 323 BD, dem Fiat 131 Mirafiori und dem VW Golf C eines der wenigen westlichen Autos, das in geringen Stückzahlen regulär von der DDR importiert wurde.

Nachfolger des DS wurde der 1974 vorgestellte CX, der das DS-Konzept (stromlinienförmiges Design, innovative Technik) weiterführte, allerdings kostensparender hergestellt werden konnte. Für das Karosseriedesign zeichneten Robert Opron und Jean Giret verantwortlich. 1975 wurde der CX von mehreren europäischen Autozeitschriften vor dem VW Golf I zum Auto des Jahres gewählt. Vom CX gab es auch eine Kombivariante (Break), ein Cabriolet (Orphée), kleinere Nutzfahrzeuge, die von Fremdfirmen entwickelt und produziert wurden, und die Luxusversion CX Prestige, die einige Staatsoberhäupter als Dienstwagen nutzten (u.a. François Mitterrand, Jacques Chirac, Erich Honecker). Bis zum Produktionsende 1991 wurden rund 1,1 Millionen Exemplare des CX produziert und verkauft.

Citroën
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In den 1990er Jahren verloren die Fahrzeuge von Citroën aufgrund des eher schlichten Designs viel von ihrer avantgardistischen Austrahlung, was sich letztendlich auch in sinkenden Verkaufszahlen bemerkbar machte. Vom Oberklassemodell XM (1989 – 2000) wurden nur noch rund 333.000 Exemplare verkauft. Zudem hatte die schlechte Verarbeitungsqualität und Rostanfälligkeit in den 1970er und 1980er Jahren, die lange Zeit von den technischen Innovationen und vor allem von dem überragenden Design in den Hintergrund gedrängt worden waren, ihre Spuren hinterlassen. Erst mit den innovativen Modellen der C-Reihe (ab 2001) konnte Citroën wieder an alte Erfolge anknüpfen. 2015 verabschiedete sich Citroën von der Hydropneumatik-Federung; das Mittelklassemodell C5 (2001 – 2017) war die letzte Baureihe, die optional mit dieser einst revolutionären Technik ausgerüstet werden konnte.

In Anlehnung an den Erfolg der früheren DS-Modelle rief Citroën 2010 die Submarke DS ins Leben. Bei den ersten DS-Modellen (DS 3, DS 4, DS 5) handelte es sich um optisch und technisch aufgewertete Ableger der C-Serie. Seit 2015 tritt DS als eigenständige Premium-Marke auf. Der DS 7 Crossback war 2018 das erste eigenständige DS-Modell.

2021 schlossen sich FCA Fiat-Chrysler Automobiles (Abarth, Alfa-Romeo, Chrysler, Dodge, Jeep, Fiat, Lancia, Maserati, Ram Trucks) und PSA Peugeot-Citroën (Citroën, DS, Opel, Peugeot, Vauxhall) zur Stellantis N.V. mit Sitz in Hoofddorp bei Amsterdam zusammen. Der Name Stellantis leitet sich von dem lateinischen Wort »stello« (durch Sterne erhellen, von Sternen beleuchtet, mit Sternen besetzen) ab. Durch die Fusion stieg Stellantis zum viertgrößten Autokonzern der Welt auf (nach Toyota, Volkswagen und Renault-Nissan). Zu den wichtigsten Aktionären gehören die Fiat-Gründerfamilie Agnelli (über die Familienholding Exor) und die Peugeot-Familie (über Etablissements Peugeot Frères), der französische Staat (über die staatliche Investmentbank Bpifrance), der zuvor an Peugeot beteiligt gewesen war, und die chinesische Dongfeng Motor Corporation.

Die Citroën-Fahrzeuge werden in den PSA-Werken Buenos Aires (Argentinien), Madrid (Spanien), Mangualde (Portugal), Mulhouse, Poissy, Porto Real (Brasilien), Rennes, Sochaux, Trnava (Slowakei), Vigo (Spanien) und Wuhan (China; Kooperation mit Dongfeng) gefertigt. Die Citroën-Transporter laufen beim 1978 gegründeten Stellantis-Toyota-Jointventure SEVEL (Société Européenne de Véhicules Légers S.A.) in Lieu-Saint-Amand (Frankreich) und Atessa (Italien) vom Band. Die ursprünglichen Citroën-Produktionsstätten waren die Werke Paris-Javel (1915 – 1974), Levallois-Perret (1921 – 1988), Aulnay-sous-Bois (1973 – 2013), Vigo/Spanien (seit 1958), Rennes (seit 1961), Mangualde/Portugal (seit 1964), Slough/Großbritannien (1926 – 1965) und das ehemalige Panhard-Werk in Reims (1965 – 1992).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain