Markenlexikon

Camel / Camel Active

Ursprungsland: USA

Richard Joshua Reynolds (1850 – 1909) hatte bereits einige Zeit auf der Tabakfarm seines Vaters in Virginia gearbeitet, bevor er sich 1874 im Alter von 25 Jahren in dem kleinen Städtchen Winston im Tabakstaat North Carolina niederließ, um dort ein Jahr später eine eigene Firma zu gründen. Anfangs stellte Reynolds ausschließlich Kautabak her, ab 1895 auch Rauchtabak. Um die Jahrhundertwende war die R. J. Reynolds Tobacco Company der größte Kautabakhersteller der USA.

1913 – in dem Jahr, als man die Stadt Winston mit dem in der Nähe liegenden Dorf Salem zusammenschloss – brachte Reynolds, begleitet von einer gigantischen Werbekampagne (Slogan: »The Camels are coming«), seine erste Zigarette auf den Markt: Camel. Als Vorlage für die Zeichnung auf der Schachtel diente ein Dromedar, ein einhöckriges Kamel aus dem Zirkus Barnum & Bailey, der damals gerade in Winston-Salem gastierte. Wie schon ein Jahr zuvor Chesterfield von Liggett & Myers bestand auch Camel aus einer Mischung von türkischen und amerikanischen Tabaken (Brightleaf, Burley), die in Virginia, Maryland, Kentucky, Tennessee, North Carolina, South Carolina, Georgia und Florida angebaut wurden. Durch die Beimischung der preiswerten einheimischen Tabake war die Herstellung billiger, sodass man Camel zum halben Preis anderer Zigaretten verkaufen konnte. Später nannte man diese Tabakmischung »American Blend«.

Im Gegensatz zu Orienttabaken wurden die amerikanischen Tabakblätter künstlich getrocknet. Dadurch veränderte sich die chemische Zusammensetzung des Tabaks, was dazu führte, dass der Rauch sauer und nicht alkalisch war. Das hatte zur Folge, dass das Nikotin nicht mehr so gut über die Mundschleimhaut aufgenommen werden konnte. Der Rauch musste nun über die Lunge inhaliert werden. American Tobacco wies auf den Lucky-Strike-Verpackungen noch Jahrzehnte später mit der Aufschrift »It's toasted« auf diese Trocknung hin. Die American-Blend-Zigaretten waren stärker und kratziger als die milden und würzigen Orienttabake, deswegen versuchte man später bei den amerikanischen Zigaretten den Geschmack der Orienttabake mit künstlichen Aromastoffen wie Ahornsirup, Kakao, Lakritz, Vanillin oder Zucker nachzuahmen.

Camel
Camel

Camel, Chesterfield und Lucky Strike verhalfen den billig zu produzierenden und schnell konsumierbaren Zigaretten gegenüber den vorher üblichen Pfeifen und Zigarren zum Durchbruch. Camel entwickelte sich im nächsten halben Jahrhundert zur erfolgreichsten Zigarette der USA (Slogan: »I'd walk a mile for a Camel.«; in Deutschland: »Ich geh' meilenweit für eine Camel.«). Erst Mitte der 1960er Jahren endete die Camel-Marktführerschaft, nachdem sich leichtere Filterzigaretten wie Winston (ebenfalls von Reyonlds), Pall Mall (American Tobacco), Kent (Lorillard Tobacco) oder Marlboro (Philip Morris) mit imageträchtigen Werbekampagnen an die Spitze vorgekämpft hatten. Ab 1966 gab es von Camel ebenfalls eine Filtervariante.

Da die Gesundheitsgefahren des Rauchens in den 1950er und 1960er Jahren immer offensichtlicher wurden (bereits ab 1965 mussten in den USA Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen angebracht werden), versuchte Reynolds den erwarteten Umsatzrückgang mit dem Erwerb von branchenfremden Unternehmen auszugleichen (u.a. Del Monte, KFC, Nabisco, Sea-Land, Smirnoff). Diese Beteiligungen wurden 1970 in der Holdinggesellschaft R. J. Reynolds Industries zusammengefasst (ab 1986 RJR-Nabisco). Außerdem vergab die Reynolds-Tochter Worldwide Brands Inc. (WBI) ab 1976 Lizenzen für die Herstellung von verschiedenen Camel-Produkten (u.a. Bekleidung, Brillen, Schuhe, Reisetaschen, Uhren). WBI organisierte von 1980 bis 1998 auch die Langstrecken-Expeditions-Rallye Camel Trophy.

1999 trennte sich RJR-Nabisco wieder in zwei Teile: R. J. Reynolds Tobacco (Tabak) und Nabisco (Kekse, Knabbergebäck). Gleichzeitig verkaufte Reynolds die internationalen Herstellungs- und Vertriebsrechte für die Marken Camel, Camel Active (Bekleidung), Winston und Salem/Reyno an Japan Tobacco. 2004 schlossen sich die R. J. Reynolds Tobacco Company (Camel, Doral, Salem, Reyno, Winston) und die BAT-Tochter Brown & Williamson Tobacco Corporation (Barclay, Belair, Capri, GPC, Kool, Viceroy), die 1994 bereits die American Tobacco Company (Pall Mall, Lucky Strike) übernommen hatte, zusammen. British American Tobacco war an dem neuen Unternehmen Reynolds American mehrheitlich beteiligt (2016 erwarb BAT auch die restlichen Anteile). 2014/2015 übernahm Reynolds American den US-Konkurrenten Lorillard Tobacco (Kent, Newport), musste aber aber aus Wettbewerbsgründen einige Marken an Imperial Tobacco verkaufen (Kool, Maverick, Salem, Winston).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain