Markenlexikon

Aston-Martin / Lagonda

Ursprungsland: Großbritannien

Der Werkstattbesitzer und Autohändler Robert Bamford (1883 – 1942) und der Rennfahrer Lionel Walker Birch Martin (1878 – 1945) bauten 1913 in West-London ihren ersten Rennwagen aus einem Isotta-Fraschini-Chassis und einem modifizierten 1,4-Liter-Coventry-Simplex-Motor zusammen. Als das Fahrzeug im März 1915 fertig war, sah es aus wie ein Kohlenkasten und genau diesen Spitznamen bekam es dann auch (Coal Scuttle). Noch bevor ein zweiter Protoyp fertiggestellt war, verließ Bamfort die Firma wieder, da er kein Interesse an einer Serienproduktion hatte. Seinen Platz übernahm der amerikanische Millionärssohn Graf Louis Vorow Zborowski.

Nachdem Lionel Martin mehrmals erfolgreich am Bergrennen von Aston-Clinton/Buckinghamshire teilgenommen hatte, nannte er seinen zweiten Prototyp Aston-Martin. Zborowski, der die Firma mit seinem Geld am Leben erhielt, betätigte sich ebenfalls erfolgreich als Rennfahrer. 1922 brach er auf der Rennstrecke Brooklands bei Weybridge/Surrey mit einer Geschwindigkeit von 122 km/h zehn Weltrekorde. 1924 kam er jedoch beim Großen Preis von Monza ums Leben. Ein Jahr später musste Aston-Martin Konkurs anmelden. Lionel Martin verließ seine Firma daraufhin (er kam 1945 bei einem Verkehrsunfall ums Leben). Bis dahin waren insgesamt etwa 60 Aston-Martins gebaut worden.

Unter wechselnden Eigentümern setzte das Unternehmen, das ab 1926 in Feltenham/Middlesex ansässig war, seine sportliche Karriere erfolgreich fort. Die Modelle International, Le Mans, Mark II und Ulster machten bei allen internationalen Rennveranstaltungen (Le Mans, Spa, Mille Miglia, Tourist Trophy) eine gute Figur, sodass sich die zivilen Fahrzeuge, die ab Mitte der 1930er Jahre auf Basis der Rennwagen entstanden, recht gut verkauften. Wie bei so vielen anderen Sportwagenherstellern auch, war die finanzielle Lage des Unternehmens trotzdem weiterhin angespannt.

1947 übernahm der britische Traktorenhersteller David Brown (1904 – 1993) die Kontrolle über Aston-Martin und gleichzeitig auch über Lagonda, sodass beide Unternehmen fortan eng zusammenarbeiteten. Lagonda war 1898 von dem Amerikaner Wilbur Adams Gunn (1859 – 1919) in Staines/Middlesex gegründet worden. Den Namen Lagonda wählte er, weil es in seiner Heimatstadt Springfield/Ohio ein gleichnamiges Flusstal (Lagonda-Creek) gab. Lagonda (eigtl. La Ohonda) bedeutet in der Sprache der Shawnee-Indianer »sanft fließender Fluss«. Gunn baute zunächst Motorfahrräder und ab 1904 dreirädrige Autos (Tricars). 1907 kam das erste vierrädrige Fahrzeug heraus, das mit geringen Modifikationen bis 1920 produziert wurde. 1935 ging Walter Owen Bentley als Konstrukteur zu Lagonda, nachdem seine eigene Firma vier Jahre zuvor von Rolls-Royce übernommen worden war. In den 1920er und 1930er Jahren konnte Lagonda zahlreiche Erfolge bei Sportwagenrennen verbuchen. 1935 gewann der von Bentley konstruierte Lagonda MG45 Rapide das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Nach der Fusion gab es nur noch recht sporadisch Fahrzeuge mit dem Lagonda-Emblem auf dem Kühler, meist auf Basis von Aston-Martin-Konstruktionen wie der Lagonda Rapide (1961 – 1965), der eigentlich ein DB4 war und nur 55 Mal gebaut wurde.

Im Vordergrund standen die neuen Aston-Martin-DB-Modelle mit ihrem unverwechselbaren Design (die Abkürzung DB steht für David Brown), u.a. DB1 (1948 – 1950), DB2 (1950 – 1953), DB3 (1951 – 1956), DB4 (1958 – 1963), DB5 (1963 – 1965), DB6 (1965 – 1970) und DBS (1967 – 1972). Als sehr werbewirksam erwies sich der Einsatz des DB5 in den beiden James-Bond-Filmen »Goldfinger« (1964) und »Feuerball« (1965), obwohl die Verantwortlichen bei Aston-Martin von dieser Idee anfangs nicht sonderlich begeistert gewesen waren und der Produktionsfirma für den filmgerechten Umbau und Rückbau der Fahrzeuge saftige Kosten in Rechnung stellten. Aston-Martin-Fahrzeuge kamen später noch in mehreren anderen James-Bond-Filme zum Einsatz. Das Design des DB4 und DB5 stammte von der italienische Firma Carrozzeria Touring Milano. Nachdem David Brown Tractors 1972 vom US-Konzern Tenneco/Case übernomen worden war, wurde Aston-Martin an eine Gruppe von Geschäftsleuten aus Birmingham verkauft. Mit dem Aston-Martin Vantage (1972 – 1973) endete die DB-Typenreihe vorerst.

Aston-Martin
Aston-Martin

Das bis heute aufsehenerregendste Modell kam 1976 auf den Markt. Der von William Towns entworfene Aston-Martin-Lagonda 5.3 mit 5,3 Liter-V8-Motor trieb nicht nur die automobile Kantigkeit der 1970er Jahre auf die Spitze, sondern er war neben dem Rolls-Royce Silver Spirit auch die teuerste Limousine der Welt. Dieser letzte Lagonda wurde jedoch nur in kleinen Stückzahlen produziert (645 Exemplare) und 1989 ganz eingestellt.

1987 kaufte der Ford-Konzern Aston-Martin-Lagonda (zunächst 75 Prozent, 1994 auch den Rest) und integrierte die Firma in die Premier Automotive Group (Aston-Martin, Jaguar, Land Rover, Volvo). 1989 kam der handgefertigte Virage mit 5,3 Liter V8-Motor auf den Markt. Bis zum Ende der Bauzeit im Jahre 2000 wurden 1050 Fahrzeuge dieses Typs gefertigt. Mit über 7.000 gebauten Fahrzeugen entwickelte sich der DB7 (1994 – 2003) zum bis dahin erfolgreichsten Aston-Martin. Der DB7 hätte eigentlich ein Jaguar auf der Bodengruppe des XJ-S werden sollen, da er aber für einen Jaguar zu teuer geworden wäre, machte man daraus kurzerhand einen Aston-Martin.

2007 verkaufte Ford aufgrund eigener Schwierigkeiten auf dem US-Markt Aston-Martin-Lagonda an ein Investoren-Konsortium (David Richards/GB, John Sinders/USA, Investment Dar/Kuwait, Adeem Investment/Kuwait). Das 1954 erworbene Aston-Martin-Stammwerk in Newport Pagnell, eine frühere Kutschen- und Karosseriefabrik, wurde 2007 geschlossen und teilweise abgerissen. Produziert wird nun in einer neuen 2003 eröffneten Fabrik in Gaydon/Warwickshire bei Birmingham. Ende 2012 beteiligte sich die italienische Investmentfirma Investindustrial mit 37,5 Prozent an Aston-Martin-Lagonda. Weitere 5 Prozent erwarb die Daimler AG Ende 2013. Im Oktober 2018 ging die Aston-Martin-Lagonda Global Holdings plc an die Londoner Börse. Für die Produktion des DBX eröffnete Aston-Martin Ende 2019 eine neue Produktionsstätte in St. Athan/Wales.

Neuere Modelle sind die Sportwagen Vantage (seit 2005), DB11 (seit 2016) und DBS Superleggera (seit 2018; Nachfolger des Vanquish), die viertürige Oberklasse-Sportlimousine Rapide (seit 2009), die von 2009 bis 2012 bei Magna-Steyr in Graz (Österreich) gebaut wurde, das SUV DBX (seit 2020) und der Roadster V12 Speedster (seit 2021). Für den Motorsport baut Aston-Martin gemeinsam mit der Prodrive Ltd. (befindet sich ebenfalls im Besitz von David Richards) verschiedene Rennwagen, die teilweise auf den regulären Modellen basieren (u.a. DBR9, DBRS9, Vulcan, Lola-Aston-Martin LMP1). Gemeinsam mit Red Bull Racing entwickelte Aston-Martin von 2016 bis 2919 den Mittelmotor-Supersportwagen Valkyrie mit Hybridantrieb, der nur in Kleinserie gebaut wird. Der 1000 PS starke Nachfolger Valhalla (Son of Valkyrie) soll dagegen in Serie gefertigt werden. Für dieses Fahrzeug entwickelte Aston-Martin erstmals seit 1968 wieder einen eigenen Motor. Von 2015 bis 2016 produzierte Aston-Martin die auf 200 Exemplare limitierte Oberklasse-Limousine Lagonda Taraf, die hauptsächlich im Nahen Osten und Großbritannien verkauft wurde.

2018 erwarb der kanadische Unternehmer, Rennsportfan und Autosammler Lawrence Stroll zusammen mit anderen Finanziers den insolventen indischen Rennstall Sahara Force India F1 Team, der daraufhin erst in Racing Point Force India F1 Team, 2019 in Racing Point F1 Team und 2021 in Aston-Martin F1 Team umbenannt wurde. Zuvor hatte sich Stroll mit 16,7 Prozent an Aston-Martin beteiligt. Sein Sohn Lance Stroll (zuvor bei Wiliams) ist neben dem viermaligen F1-Weltmeister Sebastian Vettel einer der Fahrer des Teams.

2020 brachte Aston-Martin eine auf 25 Exemplare limitierte Auflage des DB5 aus dem James-Bond-Film »Goldfinger« auf den Markt. Die 3,6 Millionen Euro teure Replika-Version verfügte über alle technischen Spielereien des originalen Filmautos wie rotierende Nummernschilder, ausfahrbare Reifenschlitzer, Ölsprühanlage, Nebelmaschine, herausfahrbare Stoßstangen-Rammböcke und Kugelschutzschild, Radarbildschirm, hinter den Blinkern versteckte Maschinengewehre (in der Replika nur Attrappen) und einen (funktionslosen) Schleudersitz mit Dachöffnung. Da der Nachbau keine Straßenzulassung hat, darf er nur auf privatem Gelände gefahren werden. Trotzdem waren die 25 Exemplare in kürzester Zeit verkauft.

Inzwischen vermarktet Aston-Martin-Lagonda auch andere Luxus-Produkte (Handtaschen, Jacken, Rennyachten), die allerdings von Fremdfirmen hergestellt werden. In der Londoner Dover Street gibt es seit 2016 einen Aston-Martin-Laden.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain