Markenlexikon

Ambre Solaire

Ursprungsland: Frankreich

Bis ins 20. Jahrhundert hinein achteten besonders die Angehörigen der höheren sozialen Schichten tunlichst darauf, dass ihre blasse Haut möglichst wenig Sonnenstrahlen abbekam. Denn ein heller Teint signalisierte, dass man nicht zur arbeitenden Bevölkerung gehörte. Schon gar nicht zu denen, die im Freien arbeiten mussten. An den Stränden von See- und Stadtbädern wandelten die Badegäste in normaler Straßenkleidung, außerdem mit Hüten, Sonnenschirmen und Handschuhen ausgestattet. Und man ging auch nicht einfach mit der Badehose ins Wasser. Um mit dem Wasser überhaupt in Kontakt zu kommen, verwendete man Badeschaluppen (Segelboote) mit Umkleidezimmer, die zum Baden ins Meer gezogen wurden oder verkleidete Badekarren mit Treppen, über die die Gäste ins Wasser steigen konnten, ohne dabei von anderen gesehen zu werden. Ein Sonnenbrand war zu dieser Zeit also eher eine Ausnahmeerscheinung.

Erst in den 1920er und 1930er Jahren wurden die Baderegeln nach und nach gelockert, sodass nun immer mehr nackte Haut gezeigt werden durfte, wenn auch unter lautem Zähneknirschen konservativer Kreise, die die Moral in Gefahr sahen. Dafür mussten sich die Badegäste nun mit den Folgen der Sonnenbestrahlung auseinandersetzen. Zunächst wurden lediglich normale Cremes – möglichst dick aufgetragen – verwendet. Viel half das allerdings nicht.

Nachdem sich der französische Chemiker und L'Oréal-Gründer Eugéne Schueller (1881 – 1957) im Sommer 1934 beim Segeln vor der bretonischen Küste einen Sonnenbrand geholt hatte, ließ er von seinen Chemikern ein Sonnenschutzmittel entwickeln, das rechtzeitig zum nächsten Sommer im Juni 1935 unter dem Namen Ambre Solaire (Ambre = frz. Bernstein, bernsteinfarben; solaire = frz. Sonnen-, Sonnenschutz) auf den Markt kam. Er hätte es auch einfacher haben können, denn genau in jenem Jahr, als er sich die Haut verbrannte, hatte die deutsche Firma Drugofa, eine Tochtergesellschaft des Bayer-Konzerns, unter dem Namen Delial eine Lichtschutzsalbe auf den Markt gebracht. Bayer-Forscher hatten zuvor die Novantisolsäure entdeckt, eine chemische Verbindung, die die UV-Strahlen der Sonne herausfiltern konnte. Leider gab es damals noch keine TV-Werbung und so musste sich der ahnungslose L'Oréal-Chef eine eigene Salbe anfertigen lassen.

Mit der Einführung des Bikinis 1946 war der größte Teil der Haut dem UV-Licht ausgesetzt, sodass die Verwendung von Sonnenschutzmitteln zur Vermeidung von Sonnenbränden unumgänglich wurde. Erst recht während des ersten Tourismus-Booms in den 1960er Jahren, der die Urlauber vor allem in südlich Länder führte, wo die Sonne aufgrund ihres höheren Standes die Haut noch viel intensiver bestrahlte. Ambre Solaire gehörte neben Delial, Nivea und Piz Buin aus der Schweiz zu den führenden Sonnenschutzmarken dieser Zeit.

1965 erwarb L'Oréal das 1904 von dem Pharmazeuten Alfred Amour Garnier gegründete Laboratoires Garnier Paris, unter dessen Label Ambre Solaire heute vermarktet wird. 1996 verkaufte Bayer die Marke Delial an den US-Konsumgüterkonzern Sara Lee (Nahrungsmittel, Bekleidung, Körperpflegeprodukte), der sie 2006 an L'Oréal weiterreichte. Die Marken Garnier Ambre Solaire und Delial wurden inzwischen zusammengelegt.

Text: Toralf Czartowski